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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen
Autoren: Phil Rickman
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da oben überhaupt kein Platz mehr bei den ganzen Signalen, die die Atmosphäre verstopfen – Funkwellen, Satellitenfernsehen, Bekloppte, die in Supermärkten stehen und zu Hause anrufen, obwohl das nur ein paar hundert Meter entfernt ist.» Mit weinerlicher Stimme sagte Huw:
«Liebling, ich stehe gerade an der Käsetheke – sollen wir Emmentaler nehmen oder Cheddar?»
    «Sie sind also gegen die Masten.» Merrily fragte sich, ob Huw überhaupt jemals einen Supermarkt betrat. Sie hatte sich schon oft gefragt, warum es keine Frau in seinem Leben gab. Er hatte einmal eine erwähnt – ganz nebenbei und nur dieses eine Mal   –, aber er hatte sehr traurig geklungen.
    «Es ist leicht verdientes Geld», sagte er. «Zehn Riesen im Jahr oder mehr fürs Kirchensäckel. Keine Unterhaltskosten. In einer Hinsicht sogar umweltfreundlich – dann müssen nämlich diese hässlichen Stahldinger nicht mehr auf den Hügeln rumstehen.»
    «Andererseits können sie Krebs verursachen, das menschliche Gehirn schädigen und so weiter. Dafür gibt es genügend Indizien.»
    «Genau.»
    «Allerdings wird wahrscheinlich so oder so ein Funkmast aufgestellt. Irgendein Bauer wird früher oder später schon nachgeben.»
    «Sie sind also eher dafür», sagte Huw.
    «Nein, überhaupt nicht. Mein Gefühl spricht erst mal dagegen. Aber wir können das Geld brauchen, und Onkel Ted ist gerissen. Wenn er beim Mobilfunk nachgibt, wird es sehr viel schwieriger für mich, ihm den Souvenirladen in der Sakristei abzuschlagen, das weiß er genau. Ich stehe mit dem Rücken zur Wand, Huw, und der Pfarrgemeinderat trifft sich in einer Dreiviertelstunde.»
    Merrily sah zum Fenster der Spülküche hinüber, gegen das inwindigen Nächten immer die Kletterrose geschlagen wurde. Sie hatte sie zwar im Frühling zurückgeschnitten, rechnete aber irgendwie damit, dass sie schon wieder gewachsen wäre:
klopf   … klopf   … klopf   …
    «Und dann verbreitet ja auch noch die
Hereford Times
, diese Mobilfunk-Firma könnte angeblich Softpornos auf diese neuartigen Telefone übertragen. Und ich habe keine Lust, wieder in der Zeitung zu stehen.»
    «Dann halten Sie sich raus», sagte Huw. «Lassen Sie den Pfarrgemeinderatsvorstand die Entscheidung treffen, aber ziehen Sie vorher ein paar auf Ihre Seite.»
    «Politik. Ich hasse das.» Merrily sah auf den Lichtkreis auf ihrem Schreibtisch, der ihre Bibel einschloss, ihren Predigtblock und einen Band des Alternativen Gottesdienst-Buches von 1980.
In seiner Gegenwart
stand vorne drauf. «Ähm   … gibt es eventuell eine spezielle Sichtweise von Beratern für spirituelle Grenzfragen?»
    «In Bezug auf Handys?»
    «Auf Strahlung, Signale   … und so. Das ist vermutlich ohnehin der eigentliche Grund meines Anrufs.» Sie hörte Schritte in der Küche; die Pommes waren da.
    «Geister in der Luft?», sagte Huw.
    «Irgend so was.»
    «Man könnte sagen, der Kirchturm, der zum Himmel zeigen sollte, würde stattdessen als eine Art Sendeposten für den ganzen irdischen Scheiß fungieren.»
    «Sie finden immer so elegante Worte.»
    «Sagen Sie nein zu der Sache, Merrily.»
    «Gut.»

3   Etwas Altes geht verloren
    «Ich meine, niemand kommt schließlich in die Kirche, um
mich
predigen zu hören   …»
    Es war ihr so herausgerutscht, und jetzt starrten sie alle an, als hätte sie in aller Öffentlichkeit Gott gelästert oder so.
    Es klang immer alles viel schärfer, wenn man es in der Gemeindehalle sagte, dem einzigen seelenlosen Gebäude in dem heiteren Ledwardine voller Fachwerkhäuser. Die Halle war 1964 erbaut worden und erinnerte mit ihren rötlichen Backsteinen und den weißen Kacheln an einen stillgelegten Schlachthof; die versteckten, fast violett strahlenden Deckenleuchten ließen die Gesichter glänzen wie rohes Fleisch.
    «Was ich damit sagen wollte» – Merrily wand sich auf ihrem Plastikstuhl   –, «ist, dass ich mich selbst nicht für eine große Rednerin halte. Ich   … fühle mich auf der Kanzel nicht immer besonders wohl. Ich meine, wer bin ich denn, dort hinaufzusteigen und anderen den Weg zu weisen?»
    Jetzt hatte sie es noch schlimmer gemacht. Sie sah schnell von einem Gesicht zum anderen und spürte, dass sie rot wurde – ihr war klar, dass man das auf ihr Privatleben beziehen konnte. Sie fragte sich, ob irgendjemand hier von ihr und Lol wusste. Vielleicht wussten sie es alle. Vielleicht wusste es schon die ganze Gemeinde.
Hure
.
    «Also, da Sie schon fragen, Mrs.   Watkins   …» Der
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