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Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Titel: Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel
Autoren: Verschiedene
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zusammenfügen?«
    »Das wird nie geschehen«, erklärte die Vorsprecherin, mit einer Stimme, die keinen Widerspruch zuließ. »In den Chroniken steht nichts über –«
    »Aber so begreift doch!« fuhr Shadow abermals auf. »In den Chroniken kann nichts darüber stehen, weil die Siegel nicht hier geformt wurden, nicht im Machtbereich unseres Herrn. Sie wurden geschaffen von den ÄLTEREN GÖTTERN –«
    Ein Schrei ging durch die Reihen der El-o-hym. Einige von ihnen taumelten blind zurück, andere verloren ihren Körper und wurden wieder zu Kugeln aus reiner Energie. Nur die Vorsprecherin blieb unbewegt, doch in ihren Augen blitzte ein gefährliches Feuer. Langsam ging sie auf Shadow zu, die Hände unter den weiten Ärmeln zu Fäusten geballt und ein leises Gebet murmelnd, als hätten Shadows Worte sie beschmutzt.
    Sie blieb dicht vor ihr stehen und sah sie lange und eindringlich an. Und als sich ihre Lippen endlich wieder öffneten, hörte nicht nur Shadow, daß ihre Stimme rauh war und zitterte.
    »Ich habe es geahnt und sehe es nun bestätigt«, sagte die Vorsprecherin. »Du bist schon zu sehr Mensch geworden, um noch eine der unseren zu sein, Shadow. Du hast dir Wissen angeeignet, das uns verboten ist. Du hast das Gesetz der Keuschheit gebrochen, um dich mit einem Menschen zu vereinen. Du bist zu weit gegangen auf deiner Mission, und du hast die wahren Ziele vergessen.« Sie hielt inne und atmete tief ein. Ihre nächsten Worte, das spürte Shadow mit jeder Faser ihres Geistes, würden der letzte rettende Strohhalm sein, an den sie sich klammern konnte.
    »Es gibt nur eine Rettung für deine Seele, Shadow. Kehre dich ab von deiner bisherigen Existenz. Trete die Reise an in SEINE Gefilde und beginne ein neues Sein. Du weißt, daß ER vergibt, daß ER dir einen neuen Körper und einen neuen, gesunden Geist geben wird. Löse dich von deiner Erinnerung und dem, was du in dir trägst.«
    »Genug!« Shadow preßte die Handflächen mit aller Macht gegen ihre Ohren. »So versteht mich doch, Schwestern! Ihr seid... verblendet. Ihr kennt nicht mehr die Welt draußen. Ich jedoch habe sie gesehen! Ich weiß, welche Gefahren darauf lauern, das Glück dieser Welt zu zerstören. Ich sehe nun, welchen furchtbaren Fehler der Mensch Robert Craven in seiner Unwissenheit begeht, und ich muß ihm beistehen, um es zu verhindern. Ich... ich kann nicht zu IHM gehen, nicht jetzt! Ich würde das Wissen verlieren um den letzten Weg, die Erde und all ihre Kreaturen zu retten.«
    »So maßt du dir an, ein Messias zu sein?«
    Die Frage der Vorsprecherin war rein rhetorisch, und Shadow wußte, daß keine Antwort der Welt sie hätte wirklich beantworten können. Trotzdem schüttelte sie ernst den Kopf. »Nein, Schwester. Ein Werkzeug Gottes, das in SEINEM Willen handelt. Und es muß SEIN Wille sein, denn die Erde ist SEIN Werk. Wie könnte ER zulassen, daß sie vernichtet wird?«
    Sie drehte sich langsam im Kreis und bedachte jede der Schwestern mit einem offenen Blick aus ihrer tiefsten Seele, um ihren ihre Ehrlichkeit zu offenbaren. Und tatsächlich konnte sie spüren, wie einige der El-o-hym in ihrem Entsetzen schwankten und zu begreifen schienen.
    Sie wußte, daß dies ihre Chance war; die einzige – die letzte. Die Schwestern waren uneins. Das Urteil konnte nicht gefällt werden, bevor der Rat nicht erneut zusammengefunden hatte. Mit einem schnellen Ruck wandte sich Shadow wieder der Vorsprecherin zu.
    »Gebt mir Zeit«, bat sie eindringlich und mit fester Stimme. »Ich kehre zurück.«
    Und wurde zu einem Ball flammender Helligkeit.
    Die Vorsprecherin stürzte vor, die Hände ausgestreckt, doch sie kam zu spät. Aus schreckgeweiteten Augen sah sie den Feuerball verblassen, als Shadow die Dimension der El-o-hym verließ.
    Für Minuten noch verharrte der Kreis schweigend und betroffen. Kein Zweifel – die Worte ihrer Schwester waren blanker Ungehorsam gewesen, gegen die ehernen Gesetze und gegen das Volk der El-o-hym. Und doch – sie alle hatten den Hauch von Wahrheit darin gespürt.
    Und vielleicht war es das, was sie so erschreckte; nicht Uriels Flucht zurück auf die Erde.
    Sie waren aus ihrem trügerischen Schlaf des Friedens und der Eintracht geweckt worden. Und was konnte es Schlimmeres geben für einen Engel... ?

    * * *

    Mitternacht.
    Wind war aufgekommen und trieb, einem finsteren Vorhang gleich, schwere, bauchige Wolken vor den Mond. Die Stille der Nacht wurde nur von einem gelegentlichen, leisen Grollen unterbrochen; das Echo
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