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Der Hexer - NR37 - In der Festung des Dschinn

Der Hexer - NR37 - In der Festung des Dschinn

Titel: Der Hexer - NR37 - In der Festung des Dschinn
Autoren: Verschiedene
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begriff, daß der Tumult, der mit einem Male auf der Straße losbrach, keinem anderen galt als mir.
    Und als ich es begriff, war es beinahe zu spät.
    Die Männer, die bislang phlegmatisch unter der Palme gelegen hatten, sprangen wie von der Tarantel gestochen auf. Andere Männer quollen lärmend aus Toreingängen und Häusern, brüllten durcheinander und schüttelten Fäuste und Knüppel. Sicher nicht durch Zufall standen sie so, daß sie mir auf jeden Fall den Weg versperrten. Schmutzige, sonnenverbrannte Hände schlossen sich um die Holzgriffe krummer Dolche, und aus den mehr überraschten als wirklich zornigen Schreien, die ich im ersten Moment gehört hatte, wurde ein vielstimmiges, feindseliges Murmeln und Raunen.
    »Giaur«, brüllte eine Stimme. »Moscheenschänder!« eine andere. Ich begriff noch immer nicht, was überhaupt los war, drehte mich aber instinktiv herum – und sah, daß es sich bei dem Gebäude, aus dem ich eben gekommen war, um einen gewaltigen Bruchsteinbau handelte, der die übrigen Häuser des Ortes an Größe weit übertraf. Daneben stand ein etwa zehn Yards hoher, viereckiger Turm, der mich fatal an ein Minarett erinnerte. Moscheenschänder? Hatten sie wirklich Moscheenschänder gerufen? flüsterte eine dünne, hysterische Stimme in meinen Gedanken.
    Wenn ja, war ich nicht unbedingt in einer beneidenswerten Lage.
    Als ich mich wieder herumdrehte, war die Menge ein gutes Stück näher gekommen, und der Ausdruck auf den dunklen Gesichtern war nicht unbedingt der orientalischer Gastfreundschaft. In mehr als einer Hand blitzte geschliffener Stahl.
    Unschlüssig trat ich der Menge einen Schritt entgegen und blieb wieder stehen. Einen Moment lang spielte ich ernsthaft mit dem Gedanken, mich wieder in die Moschee zu flüchten. Aber nur einen Moment. Ebensogut konnte ich hierbleiben und mich der mittlerweile auf stolze hundert Seelen angewachsenen Menge stellen.
    Ganz allmählich begann mein Verstand wieder wie gewohnt zu arbeiten. Von allen scheinbar ausweglosen Situationen, in denen ich mich je befunden hatte, war dies wohl die am wenigsten scheinbare. Ich halte eine gewisse Übung darin, mich gegen einen zahlenmäßig überlegenen Gegner zu Wehr zu setzen – gegen die hundert fanatischen Araber, die einen Giaur in kleine Fetzchen zerreißen wollten, hatte ich jedoch keine Chance. Vor allem dann nicht, wenn ich mir auch nur das geringste Anzeichen von Angst anmerken ließ.
    Also raffte ich das bißchen Mut, das ich in einem Winkel meiner Seele fand, zusammen, zauberte ein geradezu unverschämt freundliches Grinsen auf meine Züge, ging der Menge betont forsch entgegen und versuchte mir selbst einzureden, daß die Behauptung ›Frechheit siegt‹ einen kleinen Kern Wahrheit enthielt. Nun gut – von den Fällen, in denen ich nicht gesiegt hatte, hörte man wohl seltener.
    Den Gedanken, meine hypnotischen Fähigkeiten einzusetzen, um aus dieser prekären Situation zu entkommen, verwarf ich rasch wieder. Gegen diese Menschenmenge waren sie nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
    Ich blieb vor einem alten, graubärtigen Mann stehen, der sich in den Vordergrund geschoben hatte. Trotz seines Alters schien er so etwas wie der Rädelsführer zu sein.
    »Salem Aleikum«, sagte ich, streckte ihm die Hand entgegen und lächelte freundlich.
    Der Alte sah mich aus zusammengekniffenen Augen an, ohne meinen Gruß zu erwidern. Dann verzerrte er die Lippen, bleckte die braunen Stummel, die vor etwa dreihundert Jahren einmal Zähne gewesen sein mußten – und spie mir vor die Füße. Einige andere kamen näher an mich heran. Eine Hand griff nach meinem Ärmel und zerrte daran, eine andere grabschte wenig sanft nach meiner Schulter.
    Ich versuchte, mir mit Ellenbogenstößen Raum zu schaffen, und tastete gleichzeitig nach meinem Stockdegen, obwohl er in meiner momentanen Situation wohl eine mehr als erbärmliche Waffe darstellte. Außerdem zermarterte ich mir das Gehirn, auf welche Weise ich diese Orientalen davon abhalten konnte, mich in Stücke zu reißen. Mit meiner zur Schau gestellten Ruhe sah ich mich um, perfekt den überheblichen Gecken spielend, der aus lauter Unwissenheit in ein fünf Meilen tiefes Fettnäpfchen gestolpert war. Lächerlichkeit ist manchmal eine gute Verteidigung. Manchmal auch die letzte.
    »Gestatten«, begann ich, »mein Name ist Craven. Robert Craven, aus London, Großbritannien. Ich hoffe, mein Erscheinen hat Ihnen keine Ungelegenheiten bereitet!«
    Der Mann
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