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Der Hexer - NR30 - Buch der tausend Tode

Der Hexer - NR30 - Buch der tausend Tode

Titel: Der Hexer - NR30 - Buch der tausend Tode
Autoren: Verschiedene
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Balestrano ergriff die Hände van Veldens und Bruder Andrés, und nach kurzem Zögern reihte sich auch Hayworthy in den noch offenen Kreis ein und ergriff die gewaltige Pranke von Schmids.
    »Jetzt schließt die Augen«, sagte von Schmid leise. »Und öffnet euren Geist. Und keine Furcht.«
    Balestrano schloß gehorsam die Augen.
    Im ersten Moment sah er nichts als Dunkelheit, und dann –
    dann war das Zimmer wieder da, aber aus einem vollkommen fremden, schwindelerregenden Blickwinkel und zu ungeheurer Größe explodiert, zersplittert in tausende und abertausende einzelner kleiner Bilder, die sich zu einem verwirrenden Kaleidoskop bizarrer Farben und Formen zusammenfügten. Er sah sich selbst und die anderen, wie sie dastanden, sich an den Händen haltend und einen Kreis bildend, zu absurder Größe aufgeblasene Ungeheuer, häßlicher als alles, was er jemals zuvor erblickt hätte, den Tisch, groß wie ein Berg und mit einer zerklüfteten Platte. Dann kippte das ganze Bild nach rechts, begann zu torkeln und auf und ab zu hüpfen und war plötzlich verschwunden, als die Welt rings um ihn herum in einem unglaublich intensiven, blauroten Licht zu erstrahlen begann.
    Mit dem winzigen Rest seines Bewußtseins, das noch zu klarem Denken fähig war, begriff Balestrano, daß die Fliege, durch deren Augen sie alle sahen, sich von ihrem Platz am Fenster gelöst und – von Schmids Willen gehorchend – hinaus geflogen war.
    Das Kastell stürzte unter ihnen in die Tiefe, eine gigantische schwarze Masse, zu groß, als daß er Einzelheiten erkennen konnte. Wind ergriff die Fliege und brachte sie von ihrem eingeschlagenen Kurs ab, bedrohlich nahe an einen der gewaltigen schwarzen Türme heran. Aber von Schmids Willen lenkte das Tier sicher über das Hindernis hinweg und in einem weit geschwungenen Bogen hinab, zum Fuß des Berges und auf seine andere Seite.
    Es dauerte lange, bis das winzige Insekt den Berg zur Hälfte umrundet hatte, sicherlich eine halbe Stunde, wenn nicht mehr, aber das vermochte Balestrano nicht zu beurteilen, denn auch sein Zeitgefühl war nicht mehr das eines Menschen. Überhaupt fiel es ihm immer schwerer, sich gegen die Woge dunkler, animalischer Impulse zu wehren, die aus dem geknechteten Bewußtsein des Tieres in seinen Geist fließen wollte. Es war kein wirkliches Denken. Das Tier hatte kein Bewußtsein wie ein Mensch oder ein höher entwickeltes Säugetier. Statt dessen war da ein düsterer Sumpf aus Instinkten und angeborenem Wissen, ein quälender, niemals ganz zu stillender Hunger und andere, Balestrano vollkommen fremde – und erschreckende! – Gefühle.
    Es war nicht einmal besonders unangenehm.
    Und es war verlockend. Der Wunsch, sich fallen zu lassen, alles zu vergessen und mit dem vor Energie und Lebenskraft pulsierenden Geist des Tieres ein für allemal zu verschmelzen, wurde immer stärker. Balestrano hatte plötzlich eine schwache Ahnung davon, welch ungeheure Willenskraft es von Schmid immer wieder abverlangte, dieser Verlockung zu widerstehen.
    Dann waren sie um den Berg herum, und was sie durch die Augen der Fliege sahen, ließ Balestrano alles andere vergessen.
    Die Krieger waren da, aber sie waren nicht allein.
    Und sie waren auch nicht tot.
    In einer langgezogenen, leicht schwankenden Kette bewegten sie sich am Fuße des Berges entlang, den Weg zurück, den sie gekommen waren. Und bei ihnen war eine ungefähr gleichgroße Anzahl von Necrons schwarzgekleideten Drachenkriegern. Und auch sie waren ganz und gar nicht tot.
    Jedenfalls war es das, was Balestrano im ersten Moment dachte...
    Dann kam die stumme Prozession näher, scheinbar betrunken auf und ab hüpfend durch den torkelnden Flug der Fliege, und was Balestrano und die anderen sahen, ließ ihre Herzen vor Entsetzen stocken.
    Viele der Männer waren verletzt. Die weißen Kriegsgewänder der Tempelritter, in die sie gekleidet waren, waren rot von ihrem Blut. Manchen von ihnen fehlten Hände oder Arme.
    Ein paar hatten keine Köpfe mehr.
    Aber sie bewegten sich weiter.
    Stur und unaufhaltsam, wie eine Prozession von Sarim des Laurecs gräßlichen lebensgroßen Puppen, marschierten sie um den Berg herum, begleitet von einer Hundertschaft schwarzvermummter Gestalten, ebenso tot wie sie, und auf ebenso entsetzliche Weise sich weiter bewegend. Es war wie eine gräßliche Verhöhnung des Lebens selbst.
    Balestrano öffnete mit einem Schrei die Augen und taumelte zurück.
    Seine Bewegung zerbrach den Kreis. Auch die vier anderen
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