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Der Hexer - NR28 - Brücke am Ende der Welt

Der Hexer - NR28 - Brücke am Ende der Welt

Titel: Der Hexer - NR28 - Brücke am Ende der Welt
Autoren: Verschiedene
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Shadow«, sagte ich.
    »Das braucht es nicht«, antwortete Shadow kalt. »Ich sagte es bereits – du hast mir einen Gefallen erwiesen. Ich danke dir.« Und damit wandte sie sich um und eilte mit weit ausgreifenden Schritten zu Buffalo Bill und den anderen hinüber.
    Aber es vergingen selbst jetzt noch Augenblicke, bis mir klar wurde, daß ich es wieder einmal fertiggebracht hatte, einen der wenigen Menschen, die wirklich meine Freunde waren, gründlich zu verletzen.

    * * *

    Es wurde sehr still in dem großen, abgedunkelten Raum, nachdem Balestrano aufgehört hatte, mit seiner leisen, angenehmen Stimme zu erzählen. Sie waren allein. Balestrano hatte die Diener hinausgeschickt, sobald das Essen und der Wein aufgetragen worden waren, und sich anschließend noch einmal davon überzeugt, daß auch wirklich niemand vor der Tür stand und lauschte – etwas, das noch vor Tagesfrist schier unmöglich gewesen wäre, denn bis zu diesem schicksalsschweren Abend hatte der Begriff Mißtrauen ebensowenig zum Wortschatz der Tempelherren gehört wie die Worte Verrat und Brudermord. Jetzt, schlagartig, hatte sich alles geändert.
    Reynaud de Maizieres war nicht sicher, ob er die wahre Tragweite des unglaublichen Geschehens bisher wirklich begriffen hatte. Dort unten, in den geheimen Kellern des Templerkapitels, war weit mehr geschehen als das bloße Aufbegehren einiger abtrünniger Brüder gegen ihn und Bruder Jean. Was er erlebt hatte, war das Ende eines Mythos; Häresie, wie sie schlimmer nicht vorstellbar war.
    Zum erstenmal seit Bestehen dieses Hauses, ja, seit Gründung des Ordens der Tempelherren hatten Brüder gegen Brüder gekämpft, hatte ein Templer die Hand und das Schwert gegen einen anderen Templer erhoben. Er selbst, Reynaud de Maizieres, hatte Träger der weißen Kutte erschlagen, und obwohl er keine Schuld daran trug, und Bruder Balestrano ihm auf sein Bitten hin zweimal die Beichte abgenommen und ihn gesegnet hatte, fühlte er sich beschmutzt; besudelt auf eine Weise, die er nie wieder würde gänzlich abwaschen können.
    Aber schlimmer noch als dies alles war die vergangene Stunde gewesen. Balestrano und er waren nahezu gleichzeitig aus der Bewußtlosigkeit erwacht. Sie hatten den Stollen leer gefunden, de Laurecs Zelle verwaist, die Katakombe des Kristallgehirns beraubt. Die Verräter hatten selbst ihre Verwundeten mitgenommen.
    Mit letzter Kraft hatte de Maizieres sich und Bruder Balestrano nach oben geschleppt, die zahllosen Stufen der geheimen Treppe hinauf in den Teil des Kellers, in dem sie auf Hilfe hoffen konnten. Was danach kam, verschwamm in Reynauds Erinnerungen. Sie waren gefunden und nach oben gebracht worden, wo sich Ärzte und gleich ein Dutzend Offiziere der Wachmannschaft um ihn und Balestrano gekümmert hatten. Ein paarmal war er ohnmächtig geworden, und das nächste, woran er eine klare Erinnerung hatte, war der darauffolgende Morgen, als er in seinem Gelaß im Westflügel des Kapitels erwacht war.
    Jetzt war es beinahe Abend.
    Natürlich hatte Reynaud de Maizieres sofort versucht, Kontakt mit Balestrano aufzunehmen, aber er war nicht einmal bis ins Vorzimmer des Tempelherren gekommen. Irgend etwas ging in dem riesigen Gebäudekomplex vor, etwas, das ihn über die Maßen beunruhigte.
    Männer kamen und gingen in großer Zahl, die meisten von ihnen hohe Würdenträger des Ordens, und obgleich Reynaud de Maizieres trotz hartnäckigen Fragens nicht einmal eine Andeutung zu hören bekam, fiel ihm doch eines auf: Manche von den Tempelrittern, die er sah, waren Männer, die Dienst in weit entfernten Ländern der Erde taten – in Amerika, Australien, Indien, Neukaledonien...
    Und es war durch und durch unmöglich, daß sie innerhalb eines einzigen Tages den Weg nach Paris bewältigt haben sollten, nicht einmal mit dem schnellsten Schiff!
    Aber er hatte sich gedulden müssen, bis es abermals dunkelte, ehe Balestrano ihn endlich zu sich rufen ließ. Der alte Mann trug einen Turban aus weißem Verbandsstoff, und seine Augen glänzten krank. Vielleicht war es auch Angst, die Reynaud in seinem Blick las.
    Und dann, endlich, hatte Balestrano zu erzählen begonnen, und Reynaud de Maizieres hatte zugehört, über eine Stunde lang und mit ständig wachsendem Schrecken und Unglauben. Er erfuhr Dinge, von denen er niemals zu träumen gewagt hätte – Balestrano erzählte ihm die Geschichte Sarim de Laurecs und seines Zusammentreffens mit Robert Craven. Er erfuhr von Necron, dem Herrn der Drachenburg, und der
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