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Der Hexer - NR06 - Labyrinth der weinenden Schatten

Der Hexer - NR06 - Labyrinth der weinenden Schatten

Titel: Der Hexer - NR06 - Labyrinth der weinenden Schatten
Autoren: Verschiedene
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gehüllt.
    Ich hatte den Mann noch nie zuvor in meinem Leben gesehen, und trotzdem wußte ich sofort, wen ich vor mir hatte. Dieser Mann war DeVries, der geheimnisvolle Animal-Master, den Howard bei seinem Gespräch mit dem Fremden erwähnt hatte! Er mußte sich irgendwo im Haus verborgen gehalten haben, um Howard zu erwarten.
    Als Rowlf den Brand gelegt hatte, war es zu spät für ihn gewesen, zu fliehen. Vielleicht hatte er auch versucht, sich mit seiner unheimlichen magischen Macht zu schützen, aber wenn, dann hatte sie versagt.
    Schreiend taumelte er durch die wabernde Flammenwand, fiel auf die Knie, schleppte sich weiter auf uns zu.
    Nicht ein Quadratzentimeter seiner Haut war von den Flammen nicht gezeichnet.
    Und trotzdem lebte er.
    Der furchtbare Anblick schlug mich so in seinen Bann, daß ich fast zu spät reagierte. Der Mann kroch auf mich zu, hob die Hände in einer beschwörend wirkenden Geste und schrie ein einzelnes, unglaublich lautes Wort.
    Eine schwerfällige Bewegung ging durch die Masse der Mördermotten. Wie ein einziges, gigantisches Wesen zuckte die Wolke, formierte sich neu und stürzte sich auf mich.
    Ein unhörbares Knistern ging durch die Luft. Ich spürte, wie sich die Zeit um mich herum zu biegen und zu winden begann, wie Jahrhunderte zu Sekunden zusammenschrumpften, wie mein Leben komprimiert wurde.
    Meine Hand zuckte in einer Bewegung, die nicht meinem Willen entsprang, unter meinen Mantel, schmiegte sich um den Griff des Stockdegens und riß ihn aus seiner Umhüllung. Die Motten kamen näher. Ich fühlte, wie mein Leben zu zerbrechen begann, aufgesogen von Millionen der winzigen Tiere, die mir meine Zeit stahlen.
    Der Degen zuckte nach vorne, schnitt mit einem reißenden Geräusch durch den Stoff meines Mantels und zielte wie ein stählerner Blitz auf DeVries’ Herz. Eine sanfte, unendlich leichte Hand schien mich im Nacken zu berühren, dann im Gesicht, auf den Händen, den Schultern. Die Welt um mich herum wurde grau, versank in einem Strudel grauer, flatternder, schlagender Flügel und rasend schnell verstreichender Zeit.
    Die Klinge des Stockdegens bohrte sich in DeVries’ Brust.
    Der Magier erstarrte. Seine vom Feuer getrübten Augen weiteten sich. Er brach vollends zusammen, stemmte sich noch einmal auf die Hände und tastete mit einer fast erstaunt wirkenden Bewegung nach der täuschend kleinen Wunde über seinem Herzen.
    Und im gleichen Moment verschwanden die Motten.
    Wie ein Spuk hoben sich die winzigen Tierchen wieder in die Luft, das sanfte Streicheln ihrer Schwingen und Fühler verschwand, und wieder hörte ich dieses mächtige, seidige Rauschen und Wispern, als sie sich erneut zu einem gewaltigen Schwarm formierten.
    Aber es war nichts Tödliches, nichts Übernatürliches mehr in ihrem Tanzen und Flattern. Ihr Fluch war erloschen, das spürte ich mit absoluter Sicherheit. Plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, waren sie wieder das, was sie immer gewesen waren. Nichts als kleine, häßliche Tiere.

    * * *

    DeVries starb kaum eine Minute später, aber es war nicht meine Macht gewesen, die ihn vernichtet hatte, so wenig, wie die Bewegung des Degens in Wahrheit meinem Willen entsprungen war.
    Weder Howard noch Rowlf hatten es gesehen, und ich würde mich hüten, ihnen jetzt oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt etwas davon zu berichten – aber ich hatte den kleinen, fünfzackigen Stern aus grauem Stein gesehen, der in seinen kristallenen Knauf eingelassen war, den Shoggotenstern, dieses uralte, magische Ding, das für einen Moment die Kontrolle über mein Handeln übernommen und letztlich auch DeVries vernichtet hatte. All seine furchtbare magische Macht vermochte ihn nicht mehr zu retten, nachdem ihn die Klinge des Degens getroffen hatte.
    Er starb in meinen Armen, aber während seiner letzten Sekunde ging eine Veränderung mit ihm vor, etwas, das nicht mit Worten zu beschreiben, wohl aber zu spüren war.
    Es war, als fiele die dunkle, dämonische Aura, die ihn umgeben hatte, wie ein getragenes Kleidungsstück von ihm ab. Im gleichen Maße, in dem das Leben aus seinem Körper wich, wurde er wieder zum Menschen.
    Seine Augen waren klar, als ich mich über ihn beugte.
    Und dann formte sein zerstörter Mund Worte...
    Seine Stimme klang schrecklich, verzerrt und schrill und von einem rasselnden, gräßlich feuchten Geräusch begleitet, aber er sprach, und so sehr ich mich dagegen zu wehren versuchte, ich verstand die Worte, die er flüsterte.
    »Necro... nomicon«,
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