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Der Hexer - NR03 - Cthulhu lebt!

Der Hexer - NR03 - Cthulhu lebt!

Titel: Der Hexer - NR03 - Cthulhu lebt!
Autoren: Verschiedene
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hatte das Segelschiff, mit dem ich die Reise angetreten hatte, schneller als geplant den Atlantik überqueren lassen.
    So hatte ich die Nacht in einem Hotel verbracht, ohne Howard zu Gesicht zu bekommen. Statt dessen war im Morgengrauen Dr. Gray aufgetaucht; der Arzt, der Priscylla während ihrer »Krankheit« betreut hatte, ein guter Freund von Howard.
    Pri war in London! Doch meine Vorfreude auf unser Wiedersehen wurde allzuschnell gedämpft. Dr. Gray hatte mich den ganzen Vormittag über durch – wie es mir schien – sämtliche Londoner Behörden geschleppt. Howard und er hatten alles vorbereitet, alle Papiere besorgt, die nötig waren, mich endgültig zum rechtmäßigen Erben meines Vaters zu machen. So hatte ich Stunde um Stunde Unmengen von Unterschriften geleistet, tausend Verbeugungen vor kleinlichen Beamten machen und hunderttausend dumme Fragen beantworten müssen.
    Ein Trost blieb mir – wenn erst alle juristischen Belange geklärt waren (und erst dann) war ich auch für die engstirnigen britischen Behörden der Sohn Roderick Andaras.
    Als Magier wurde mein Vater selbstverständlich in keiner Kartei geführt, wohl aber als recht begüterter Staatsbürger.
    Draußen auf den Straßen Londons schmolz der letzte Schnee, als Dr. Gray und ich das königlich-britische Gesundheitsamt verließen und wieder in der Kutsche Platz nahmen. Die weiße Decke, die sich über der Stadt ausgebreitet hatte, war zu einem Flickenteppich aus Nässe und braunem Matsch geschmolzen. Der Winter, hatte nicht enden wollen in diesem Jahr, aber an diesem 15. Mai 1885 schien er endlich besiegt.
    Ich fror.
    Die Kleider, die ich trug, fühlten sich feucht und klamm an, obwohl ich sie erst am Morgen aus dem Koffer genommen hatte. Nicht einmal das mächtige Feuer, das die ganze Nacht über im Kamin des Hotelzimmers brannte, hatte die klamme Kälte vollends vertreiben können.
    Ich zog den Kragen des pelzgefütterten Mantels mit einer Hand enger zusammen und vergrub die andere in der Tasche. Trotzdem zitterte ich vor Kälte.
    »Zuviel alten englischen Scotch oder zuviele junge englische Mädchen?« fragte Dr. Gray lächelnd.
    »Zu wenig guten amerikanischen Schlaf«, erwiderte ich finster. Der beißende Spott, den ich in die Worte hatte legen wollen, blieb allerdings aus. Dafür klapperten meine Zähne im Takt der Erschütterungen, mit denen uns der kaum gefederte Wagen beutelte. Grays Grinsen wurde jetzt eindeutig unverschämt.
    Ich mußte mich beherrschen, um ihn nicht anzufahren. Wenn es etwas gibt, das mich noch mehr in Rage bringt als sture Beamte oder Leute, die auf mich schießen oder ähnliche Unfreundlichkeiten im Sinn haben, dann sind es Typen wie Gray. Menschen, deren Tag schon vor Sonnenaufgang anfängt, und die noch dazu perfide genug sind, dann bereits guter Laune und strahlenden Frohsinns zu sein.
    Gray war ein besonders ausgeprägtes Exemplar jener Gattung. Nicht genug, daß er mich vor dem Frühstück aus dem Bett geworfen hatte – ich frühstücke normalerweise gegen neun und betrachte Störungen vor acht als vorsätzliche Körperverletzung – nein, er hatte es sich nicht einmal verkneifen können, noch dazu ununterbrochen zu lächeln, Scherze zu machen und vor lauter guter Laune schier aus den Nähten zu platzen.
    Ich hätte ihn erwürgen können, wäre ich dazu nicht zu müde gewesen. Ich hatte kaum drei Stunden geschlafen.
    »Du hast es bald überstanden, Robert«, sagte er. »Das Schlimmste liegt hinter dir. Die paar Formalitäten, die jetzt noch ausstehen, erledige ich.«
    »Wie weit ist es noch?« fragte ich.
    Gray lehnte sich zur Seite, zog den Vorhang vor dem schmalen Kutschfenster zurück und spähte aus zusammengekniffenen Augen in den Nebel hinaus.
    »Wir sind fast da«, sagte er. »Ich habe den Dienstboten gestern abend schon Anweisung gegeben, ein kräftiges Essen bereitzuhalten. Und literweise starken Kaffee.«
    Baldrian und ein warmes Bett wären mir lieber gewesen, aber ich schickte mich mit einem lautlosen Seufzer in mein Schicksal, lehnte den Kopf gegen die weichen Polster und versuchte für die wenigen Minuten, die mir noch blieben, so etwas wie Schlaf zu finden.
    Natürlich fand ich ihn nicht, denn trotz meiner Müdigkeit war ich von Ungeduld und Vorfreude erfüllt. Gray hatte es sich trotz seines achtungsgebietenden Alters nicht verkneifen können, mich den ganzen Vormittag über mit geheimnisvollen Andeutungen neugierig zu machen. Ich wußte weder, wohin wir jetzt fuhren, noch, was uns dort
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