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Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen

Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen

Titel: Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen
Autoren: Verschiedene
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schlurfte nur kopfschüttelnd an mir vorbei und hinter die Theke. Ich sah, daß seine rechte Hand von der Gicht verkrüppelt war und beschloß, ihm seine Unfreundlichkeit nachzusehen.
    »Zimmer reservieren wir nicht«, murmelte er unfreundlich. »Aber Sie können eins haben. Für wie lange?« Er bückte sich, holte einen abgewetzten Folianten unter seiner Theke hervor und schlug ihn auf. Die Seiten waren schmutzig und verknickt und mit kleinen Zeilen in einer fast unleserlichen Handschrift übersät.
    Mit zitternden Fingern zog er einen Bleistiftstummel hervor, leckte ihn an und blinzelte aus kleinen roten Augen zu mir hinauf.
    »Ihr Name?«
    »Craven«, wiederholte ich, noch immer um Ruhe und freundliches Auftreten bemüht. »Robert Craven.«
    »Roooobeeert Craaaven«, wiederholte der Alte gedehnt und begann etwas in sein Buch zu kritzeln, hielt dann aber inne und blinzelte mich wieder an. »Schreibt sich das mit K oder C?« fragte er.
    »Mit einem C«, erwiderte ich. »Einem großen, wissen Sie?«
    Meine Geduld war nach einer durchwachten Nacht und einem Fünf-Meilen-Marsch, bei dem ich noch einen halben Zentner Gepäck hatte mitschleppen müssen, ziemlich erschöpft.
    »Ce-er-e-ef-e-en«, buchstabierte der Alte. »Richtig?«
    »Nein«, schnappte ich. »Ganz einfach Craven. Wie Raven, nur mit einem C vorne. Der Rabe, verstehen Sie?« Ich starrte ihn böse an, hob die Arme und machte eine flatternde Bewegung.
    Aber wenn der Alte meinen Sarkasmus überhaupt begriff – was ich bezweifelte – dann reagierte er nicht darauf. Er zuckte nur mit den Achseln, beendete seine Eintragung und klappte das Buch wieder zu. Dann klaubte er einen Zimmerschlüssel von dem Bord hinter sich und gab ihn mir.
    »Zimmer dreihundertdrei«, sagte er. »Im dritten Stock. Die Nummer steht an der Tür. Wenn Sie Frühstück wollen, müssen Sie sich am Abend vorher anmelden. Heute ist’s zu spät.«
    Der Gedanke an Frühstück war mir noch nicht einmal gekommen. Alles, was ich wollte, war schlafen. Müde nahm ich den Schlüssel entgegen, wandte mich halb um und deutete auf die beiden Koffer, die neben der Tür standen.
    »Mein Gepäck –«
    »Müssen Sie schon selbst aufs Zimmer bringen«, unterbrach mich der Alte. »Der Hausdiener ist krank, und ich bin zu alt. Und jetzt entschuldigen Sie mich.«
    Ohne mich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte er sich um und schlurfte gebückt davon.
    Ich starrte ihm mit einer Mischung aus Wut und Resignation nach. Howard hatte mich gewarnt, daß die Leute in Arkham seltsam seien; und Fremden gegenüber nicht immer sehr freundlich. Aber eine Behandlung wie diese in einem Hotel war mir bislang noch nicht untergekommen.
    Also holte ich die Koffer und begann schnaufend – und lautlos in mich hineinfluchend –, die steile Treppe hinaufzusteigen.
    Die morschen, gefährlich ausgetretenen Stufen ächzten und bebten unter meinem Gewicht, als wolle die gesamte Konstruktion jeden Moment zusammenbrechen, und die Luft roch zunehmend nach Staub und Alter, je höher ich kam.
    Das Hotel war sonderbar still. Nicht der geringste Laut war zu hören, und viele der Türen standen offen. Die Zimmer dahinter waren leer und unbenutzt.
    Als ich das dritte Stockwerk erreicht hatte, war ich vollkommen sicher, daß mir der Alte dieses Zimmer aus purer Gehässigkeit gegeben hatte, nachdem er sah, wie müde ich war und wieviel Gepäck ich schleppen mußte. Ich würde mich später gehörig über ihn beschweren.
    Aber erst, nachdem ich zwölf Stunden geschlafen hatte.
    Ich betrat mein Zimmer, stellte das Gepäck neben der Tür ab und wankte zum Bett. Müdigkeit und Erschöpfung schlugen wie eine mächtige, warme Woge über mir zusammen, und für einen Moment wurde die Verlockung, mich einfach nach hinten sinken zu lassen und die Augen zu schließen, fast übermächtig.
    Aber Howards Warnung war mir noch immer frisch im Gedächtnis. Ich war in der Nähe des vermutlich einzigen Ortes auf der ganzen Welt, an dem ich vollkommen sicher war. Und gleichzeitig in der Stadt, in der mir die größte Gefahr drohte, so absurd der Gedanke im ersten Moment klang.
    Mühsam stand ich noch einmal auf, schlurfte zu meinen Koffern hinüber und klappte sie auf. Ich fand die beiden Kästchen unter ein paar Wäschestücken vergraben und klappte den Deckel des einen mit einer fast andächtigen Bewegung auf.
    Sein Inneres war mit blauem Samt ausgeschlagen, auf dem drei kleine, unscheinbar aussehende fünfstrahlige Sterne aus porösem grauem Stein
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