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Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Titel: Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb
Autoren: Verschiedene
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unter mir in einer grauen Wolkenmasse zu verschwinden, und ein seltsamer, nicht einmal direkt unangenehmer Geruch wehte von der Wasseroberfläche herauf. Nicht der Salzwasseratem des Meeres, den ich nach fünfunddreißig Tagen schon gar nicht mehr bewußt wahrnahm, sondern etwas anderes, vollkommen Fremdes. Ich legte die Hände auf die Reling, beugte mich vor und versuchte, wenigstens einen Schimmer der Wasseroberfläche zu sehen, aber der Nebel war zu dicht. Es war absurd: das Schiff hieß LADY OF THE MIST –
    Herrin des Nebels – aber im Moment war es seine Gefangene.
    Als ich mich umwandte, glaubte ich eine Bewegung zu erkennen: Ein kurzes, rasches Zucken, als griffe etwas ungeheuer Großes und Massiges aus der grauen Masse, etwas, das grün und glitzernd und mit winzigen schillernden Schuppen bedeckt war. Ich erstarrte. Von einer Sekunde auf die andere begann mein Herz zu hämmern, so rasch, wie mir trotz der Kälte der Schweiß ausbrach. Die Erscheinung verging so rasch, wie sie gekommen war, und ich war mir nicht einmal sicher, ob ich es wirklich gesehen hatte, oder ob mir meine überreizten Nerven nur einen Streich spielten.
    Und trotzdem verspürte ich in diesem Moment eine Furcht, wie ich sie noch nie in meinem Leben gefühlt hatte.
    Meine Hände zitterten noch immer, als ich die niedrige Tür im Achteraufbau öffnete und zu unserer Kajüte hinabstieg.
    ** *
    Das Zimmer war still. Vor den Fenstern lagen schwere hölzerne Läden und sperrten das Sonnenlicht aus, und das Feuer, das im Kamin loderte, verbreitete zwar eine erstickende trockene Wärme, aber seltsamerweise kaum Licht. Trotzdem war es nicht dunkel. Ein unwirklicher, grüner Schein lag in der Luft; Helligkeit, die aus keiner bestimmten Quelle, sondern aus dem Nirgendwo zu kommen schien, und in das Knacken und Prasseln des Feuers mischte sich ein dumpfes, geisterhaftes Wispern, ein Geräusch wie der Laut einer fernen Meeresbrandung, nur anders, auf unbestimmte Weise drohender und durchdringender. Feindselig.
    Vier Menschen hielten sich in dem kleinen Raum auf. Es waren eine Frau, zwei Männer und eine grauhaarige, in Lumpen gehüllte Gestalt, deren Geschlecht nicht eindeutig zu erkennen war. Das Gesicht unter der tief in die Stirn gezogenen Kapuze war ein Labyrinth grauer Schatten und tief eingegrabener Furchen und Runzeln, und das sackähnliche Gewand verhüllte den Körper vollkommen. Das einzige, was an der Gestalt zu leben schien, waren die Augen. Es waren grausame Augen; schmal, dunkel, beinahe ohne Pupillen, und von einem diabolischen Feuer erfüllt.
    »Sie kommen«, sagte die Frau. Sie saß – wie die drei anderen – starr und fast unnatürlich ruhig hinter dem runden Tisch, der mit den vier Stühlen und dem Kamin die gesamte Einrichtung des Zimmers bildete.
    »Wie viele?« fragte einer der Männer.
    Es dauerte einen Moment, ehe die Frau antwortete. Ihre Augen waren weit geöffnet, aber einem aufmerksamen Beobachter wäre aufgefallen, daß sie nicht blinzelte. Und ihr Blick schien ins Leere zu gehen.
    »Zu viele«, sagte sie nach einer Weile. »Hunderte. Ich ... kann keine Einzelheiten erkennen. Aber sie hassen.«
    »Sie hassen.« Die grauhaarige Gestalt regte sich, und jetzt, als sie sprach, konnte man hören, daß es eine Greisin war. Eine dürre, fast bis auf die Knochen abgemagerte Hand tauchte unter den Lumpen ihres Gewandes auf, legte sich auf die Tischplatte und kroch wie eine fleckige fünfbeinige Spinne auf die Frau zu. Das Gesicht der Frau zuckte, als die Hand die ihre berührte, und sie widerstand im letzten Moment der Versuchung, den Arm zurückzuziehen.
    »Sie hassen«, wiederholte die Alte. »Uns?«
    Die Frau nickte. »Ja. Aber ich weiß, was du sagen willst. Es geht nicht. Wir können ihren Haß nicht umdrehen, um ihn für uns zu nutzen. Er ist zu stark. Jemand ... lenkt sie.«
    Wieder senkte sich Schweigen über den Raum, nur das unwirkliche Wispern der Geisterstimmen wurde ein wenig stärker. Das grüne Licht begann zu flackern, und der Schein des Feuers im Kamin breitete sich wie Blut im Zimmer aus und verwandelte die Gesichter der vier Menschen in teuflische Grimassen.
    »Dann müssen wir fliehen«, sagte die Alte schließlich.
    »Es ist zu spät«, wisperte die Frau. Ihre Lippen bewegten sich kaum noch beim Sprechen, und auf ihrer Stirn perlte Schweiß. »Sie sind ... schon zu nahe. Und sie kommen von überallher. Sie sind fast hier.« Ihre Stimme begann zu beben, und ein ganz schwacher Unterton von Hysterie schwang in
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