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Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Titel: Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb
Autoren: Verschiedene
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sich die stabile hölzerne Reling befunden hatte.
    Die Bootsplanken waren wie mit einer Säge durchtrennt, und man konnte unschwer die Abdrücke riesiger, monströser Zähne im Holz erkennen. Und der Matrose, der noch vor Sekunden an jener Stelle gestanden hatte, war spurlos verschwunden …
    ** *
    »Sie kommen.«
    Quenton zuckte beim Klang der beiden Worte zusammen wie unter einem Hieb. Sein Blick irrte nervös durch die Scheune. Das geschlossene Tor und die vernagelten Fenster sperrten das Tageslicht aus und ließen die Gestalten der anderen zu unsicheren Schatten werden. Es war still; viel ruhiger, als es in einem Raum, in dem sich annähernd dreißig Personen aufhielten, hätte sein dürfen. Aber es war die Stille der Angst, die von den Menschen Besitz ergriffen hatte.
    Leise – als fürchte er, durch ein zu lautes Geräusch den Mob draußen zu einem Angriff zu provozieren – erhob er sich, lehnte das entsicherte Gewehr gegen die Wand und trat vom Fenster zurück. Sofort huschte einer der anderen Männer herbei, nahm seinen Platz an dem vernagelten Fenster ein und schob den Lauf seines Gewehres durch einen der schmalen Schießscharten, die sie freigelassen hatten. Sie alle waren bewaffnet: Mit Gewehren, Revolvern und Schrotflinten, einige auch nur mit Mistgabeln, Äxten oder großen Messern; selbst die Frauen, die sich in den hinteren Teil der Scheune zurückgezogen hatten und einen Schutzwall um das halbe Dutzend Kinder, das in Jerusalems Lot lebte, bildeten. Die unscheinbare Scheune hatte sich im Laufe der letzten zwanzig Minuten in eine Festung verwandelt. Wer immer sie stürmen wollte, würde einen hohen Blutzoll zahlen müssen.
    Und trotzdem würden sie sterben. Quenton wußte es.
    Es war nicht einmal die Macht, die ihm dies verriet, sondern simples Kopfrechnen. Sie waren achtundzwanzig, die sechs Kinder und elf Frauen mitgezählt, und sie waren einfache Bauern und Jäger und hatten Angst, und dort draußen tobte ein aufgepeitschter Mob durch die Straßen, der nach hunderten zählte und Blut sehen wollte.
    »Quenton?«
    Quenton sah auf und erkannte das blasse Gesicht Marians, der Tochter seines Stiefbruders. Das Schrotgewehr in ihren schmalen Händen wirkte beinahe rührend. »Ja?«
    »Wieso ... bist du hier?« fragte sie leise. Ihre Lippen zitterten, und obwohl sie fast flüsterte, spürte Quenton, daß jedermann in der Scheune ihre Worte aufmerksam verfolgte. Und daß sie auf seine Antwort warteten. Marian hatte nur die Frage ausgesprochen, die er in allen Gesichtern las, wenn er sich umsah. Sie waren ihm widerspruchslos hierher gefolgt, nachdem er Lyssas Haus verlassen und die Dorfbewohner zusammengerufen hatte. Aber sie alle wollten wissen, warum.
    »Warum bist du hier?« fragte Marian noch einmal. »Warum sind wir hier, Quenton?«
    Durch das geschlossene Tor drangen Schreie. Ein Gewehr krachte, dann noch eines und noch eines, und irgend jemand begann schrill und hysterisch zu lachen. Irgendwo weiter entfernt war das Gröhlen der Menge zu hören. Aber es kam näher. Sehr schnell.
    »Deshalb«, antwortete Quenton mit einer Kopfbewegung zum Tor. Nicht alle waren ihm gefolgt. Ein paar hatten versucht, sich in ihren Häusern und Kellern zu verbarrikadieren oder ihr Heil in der Flucht zu suchen. »Deshalb, Kind. Weil wir uns hier verteidigen können. Jeder, der durch dieses Tor kommt, wird sterben.«
    »Das ist keine Antwort«, sagte Marian. In ihren Augen schimmerten plötzlich Tränen, und als sie weitersprach, schien sie nur noch mit Mühe die Fassung zu bewahren. Sie schrie beinahe. »Du weißt genau, was ich meine, Quenton. Ihr ... ihr habt uns Sicherheit versprochen und Reichtum. Ihr habt gesagt, wir könnten hier in Ruhe leben und glücklich sein, und jetzt kommen sie, um uns zu töten!«
    »Hör auf«, sagte Quenton leise. Aber Marian hörte nicht auf; im Gegenteil. Plötzlich ließ sie ihr Gewehr fallen, sprang mit einem halberstickten Schrei auf ihn zu und begann mit den Fäusten auf seine Brust einzuschlagen. »Ihr habt uns Sicherheit versprochen!« kreischte sie. »Ihr habt gesagt, ihr würdet uns beschützen, wenn sie einmal kämen! Wozu haben wir euch all die Jahre gedient? Wo ist die Macht, die ihr angeblich habt?! Wo ...?«
    Quenton packte sie grob bei den Schultern, stieß sie auf Armeslänge von sich fort und versetzte ihr eine schallende Ohrfeige. Das Mädchen taumelte zurück, fiel auf ein Knie und preßte die Hand gegen ihre Wange. Quentons Finger malten sich deutlich auf ihrer Haut
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