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Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Titel: Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb
Autoren: Verschiedene
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seine Worte zu bekräftigen, und wies mit einer flüchtigen Geste nach oben. Montagues Blick folgte seiner Bewegung. Die Segel hingen schlaff und schwer von Feuchtigkeit, mit der der Nebel sie getränkt hatte, von den Rahen.
    »Und es wäre auch viel zu gefährlich«, fügte Bannermann hinzu. »Diese Suppe ist so dicht, daß ich von hier aus nicht einmal den Bugsteven sehen kann. Ich kann das Schiff nicht blind segeln.«
    »Sie begreifen nicht«, sagte Montague erregt. »Ich meine es ernst, Bannermann! Das ist kein normaler Nebel, und wenn ...«
    »Mister Montague«, unterbrach ihn Bannermann betont. »Es wäre vielleicht wirklich besser, wenn Sie in Ihre Kabine gingen und in aller Ruhe abwarten, bis sich das Wetter geklärt hat.«
    »Sie glauben, daß ich verrückt bin.«
    Bannermann seufzte. »Das steht hier gar nicht zur Debatte, Mister Montague«, antwortete er, wobei er mir einen fast flehenden Blick zuwarf. Ich zuckte lautlos die Achseln und sah weg. »Ob ich Ihnen glaube, oder nicht – wir können uns gar nicht bewegen. Die LADY ist ein Segelschiff, Montague, und ein Segelschiff bewegt sich nun einmal nicht, wenn kein Wind weht. Wir liegen fest.«
    »Wir könnten rudern.«
    Bannermann verdrehte die Augen. »Das hier ist ein Segelschiff«, sagte er noch einmal. »Keine Galeere. Wie stellen Sie sich das vor?«
    »Es muß gehen«, beharrte Montague. »Wir haben vier Rettungsboote an Bord, und genügend Männer. Wenn sie die Boote aussetzen und die Männer rudern lassen, dann können sie das Schiff schleppen. Das geht zwar langsam, aber wir kommen von der Stelle!«
    Bannermann starrte ihn an. »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    Montague nickte. »Oh doch, Captain, ich meine es ernst. Sogar todernst. Ich verlange gar nicht, daß Sie mir glauben. Wahrscheinlich täte ich es auch nicht, wenn ich an Ihrer Stelle wäre. Alles, was ich will ist, daß Sie die Boote klarmachen und die Männer das Schiff aus diesem Nebel herausschleppen. Ein paar Meilen würden schon genügen. Sie verlieren unsere Spur, wenn wir uns bewegen.«
    »Sie sind verrückt«, entfuhr es Bannermann.
    »Vielleicht«, antwortete Montague ungerührt. »Aber das ist nicht Ihr Problem, Captain. Ich bezahle für die Extraarbeit. Jeder Mann, der ein Boot besteigt und rudert, bekommt eine Prämie von fünfzig englischen Pfund, sobald wir London erreicht haben.«
    »Fünf...« Bannermann schluckte sichtlich. »Wir brauchen zehn Mann pro Boot«, sagte er. »Das sind zweitausend Pfund, Montague.«
    »Ich kann auch rechnen«, knurrte Montague wütend. »Und mein Geld nutzt mir nichts mehr, wenn ich tot bin.« Er griff in die Westentasche, winkte mich heran und drückte mir einen winzigen silbernen Schlüssel in die Hand. »Geh in die Kabine, Robert«, sagte er. »Das ist der Schlüssel zu meiner Kiste. Öffne sie und bring mir die braune Aktenmappe.« Zu Bannermann gewandt, fügte er hinzu: »Ich habe einen Kreditbrief der Bank of England bei mir, Captain. Wenn Sie darauf bestehen, kaufe ich Ihr Schiff.«
    Es war ungefähr das Falscheste, was er in diesem Augenblick tun konnte. Bannermann mochte ein gutmütiger Mensch sein, aber das, was Montague ihm jetzt anbot, hatte ungefähr die Qualität einer Ohrfeige. »Ich glaube, Sie können sich den Weg sparen, Mister Craven«, sagte er gepreßt. »Ich brauche Ihr Geld nicht. Und kein einziger Mann meiner Besatzung wird auf Ihren Wahnsinnsvorschlag eingehen und das Schiff durch diesen Nebel schleppen. Der Nebel wird abziehen, und über kurz oder lang werden wir auch wieder Wind bekommen, Mister Montague. Wir warten.«
    Montague wollte widersprechen, aber er kam nicht mehr dazu.
    Hinter unseren Rücken erscholl ein heller, platschender Laut; ein Geräusch, als breche etwas mit Urgewalt aus der Wasseroberfläche hervor und fiele gleich darauf zurück; dann ein Schrei, so spitz und gellend, wie ich ihn noch nie zuvor in meinem Leben gehört hatte. Das Schiff erbebte wie unter einem Hieb. Montague, Bannermann und ich fuhren in einer einzigen Bewegung herum.
    Der Anblick, der sich mir bot, ließ mich erstarren. Es war kein Schrecken, keine Furcht, sondern etwas anderes, etwas, das viel, viel schlimmer war: eine eisige tödliche Leere, die sich wie eine lähmende Woge über meine Gedanken ergoß. Der Nebel war noch dichter geworden und hüllte jetzt die gesamte vordere Hälfte des Schiffes ein. Aber er war nicht dicht genug, um den Blick auf die Reling zu verdecken. Besser gesagt, auf ein klaffendes Loch am Bootsrand, an dem
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