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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe
Autoren: Ralf Isau
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auf sie zu mehr Anstrengung, als er es in dieser Situation erwartet hätte. Er breitete die Arme aus.
    »Laura, ich …«
    »Bleib stehen und schweig still, Nico dei Rossi!« Sie ha t te ihren rechten Arm hochgerissen und hielt ihm die Han d fläche entgegen.
    Stolpernd kam er zum Stillstand, drei, höchstens vier Schritte von ihr entfernt. Seine Verwunderung brach sich Bahn: »Laura! Freust du dich denn nicht …?«
    »Doch!«, stieß sie hervor, sah aber nicht so aus. Ihre U n terlippe bebte, als wolle sie jeden Moment zu weinen b e ginnen.
    »Aber … deine Stiefmutter hat mir deine Nachricht au s gerichtet: Wenn ich dich wirklich liebe, dann werde ich dich finden. Hier bin ich, Laura!« Seine Hände strebten noch weiter auseinander.
    »Das sehe ich. Mehr hat Genovefa dir nicht gesagt?«
    »Doch. Sie sagte, wenn ich dich wahrhaft liebe, dann wird das Unmögliche geschehen.«
    »Und?«
    »Was meinst du?«
    »Glaubst du daran?«
    »Ich weiß nicht … Vor drei Tagen habe ich im Meer die Ruinen von Neptunia gesehen. Danach erhielt ich die Nac h richt von der Befreiung Genzanos und wusste mit einem Mal, wo ich dich suchen musste. Das war für mich Wunder genug, um …« Er schüttelte ratlos den Kopf, weil ihm u n klar war, was sie von ihm erwartete.
    »Ich will deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen, N i co. Sieh mir genau zu.« Jetzt holte sie auch ihre linke Hand hinter dem Rücken hervor. »Was siehst du?«
    »Eine Weinflasche?«, antwortete Nico überrascht.
    Ihr Ton blieb sachlich. »Es ist nur Wasser drin. Schau her!« Sie lief zur Mitte der ansteigenden Straße, ging in die Knie, legte die Flasche quer zur Fahrtrichtung nieder und ließ sie los. Was dann geschah, überraschte Nico, nein, es erschütterte ihn.
    Die Flasche kullerte den Berg hinauf.
    Laura lief ein Stück weit nebenher. Wenn die raue Straße etwas glatter gewesen wäre, hätte sie dem munter hangan klimpernden Glaszylinder wohl nicht so gemächlich folgen können. Dennoch musste sie ihr Tempo stetig steigern. N i cos Mund stand offen. Seine Augen drohten ihm aus dem Kopf zu fallen. Erst als Laura sich bückte, um die Flasche an der Flucht zu hindern, überwand er die Sprachlosigkeit.
    »Ist das … eine optische Täuschung.«
    Sie lief langsam zu ihm zurück. »Hast du schon verge s sen, mit wie viel Schwung du da drüben hinuntergekommen bist? Und hier führt die Straße wieder nach oben. Lass mich dir noch etwas vorführen, Nico. Ich wollte es dir schon la n ge zeigen.«
    Inzwischen hatte sie wieder die Stelle kurz oberhalb der Talsohle erreicht. Sie zog den nur lose eingesteckten Ko r ken heraus und goss den Inhalt der Flasche auf die Fah r bahn. Lächelnd fragte sie: »Was siehst du jetzt?«
    Nicos Mund war trocken, weil er ihn so lange nicht mehr richtig zubekommen hatte. Wieder starrte er nur auf die klare Flüssigkeit, die sich aufmachte, den Gipfel des Hügels zu ersteigen. Er schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Das Wasser fließt den Berg hinauf. Wie ist das mö g lich?«
    »Niemand kann es zufrieden stellend erklären, Nico, aber trotzdem geschieht es, wann immer du willst. Dieses G e heimnis ist so unergründlich wie die Liebe, findest du nicht?«
    Sie trat so dicht an ihn heran, dass keine Hand mehr zw i schen sie gepasst hätte. Ihre dunklen Augen hielten seinen Blick gefangen. Er benetzte mit der Zungenspitze seine Lippen. »Ich … ich weiß jetzt, warum du mich hierher g e lockt hast.«
    »Dann sag es mir«, flüsterte sie. Ihre Brust hob und sen k te sich vor Erregung.
    »Bruno hatte behauptet, das Wasser würde eher den Berg hinauffließen, als dass aus uns beiden ein Paar werden könnte.«
    »Und?« Ihre Stimme war kaum noch zu hören.
    »Das Unmögliche ist ge…« Er schloss sie in die Arme, seine Lippen legten sich auf die ihren, und sie küssten sich, als wäre es das Erste und Letzte, was sie je in ihrem Leben tun würden.
    Irgendwann mussten sie wieder Atem holen, und Nico nutzte die Gelegenheit, um sie seiner Liebe zu versichern. Laura indes gestand ihm, dass diese »letzte Probe« sie fast zerrissen hätte.
    »Am liebsten wäre ich dir sofort in die Arme gefallen, a ber ich hatte solche Angst, du könntest wieder an unserer gemeinsamen Zukunft zweifeln.«
    »Das ist vorbei, mein Täubchen. Schon an dem Morgen, als die Landung in Nettunia begann, wurde mir das klar. Ich wollte zu dir, aber du warst nicht da. Und dann passierte auch noch das mit deinem Vater.«
    Laura schob Nico ein Stück von sich. »Was ist mit
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