Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
Fuß auf den Weg durch die sonnigen Straßen des Städtchens Aschfurt. Das Gewicht der vielen Münzen in seinem Beutel erfüllte ihn mit widerstreitenden Gefühlen: einerseits war er fast überschwänglich, andererseits nervös. Der alte Mann hatte ihm nie mehr als eine oder zwei Münzen auf einmal anvertraut. Er könnte ein ganzes Jahr von so viel Geld leben. Und was mache ich, wenn es aufgebraucht ist? Donner verkaufen? Wenn er diesen Weg einschlug, würde er am Bettelstab oder als Straßenräuber enden. So eine Chance bekomme ich nie wieder. Ich muss alles riskieren.
    Als er durch die Furt zum Südufer des Muschelflusses gewatet war, war der Vormittag fast vorüber, und auf dem Turniergelände herrschte wieder reges Leben. Die Weinhändler und Wurstmacher machten gute Geschäfte, ein Tanzbär schlurfte zur Musik seines Herrn dahin, während ein Sänger »Der Bär, der Bär und die Jungfrau hehr« anstimmte; Jongleure jonglierten, und die Puppenspieler brachten gerade einen weiteren Kampf zu Ende.
    Dunk blieb stehen, um zuzusehen, wie der Holzdrache niedergestreckt wurde. Als der Puppenritter ihm den Kopf abschlug und das rote Sägemehl auf das Gras quoll, lachte er laut und warf dem Mädchen zwei Kupfermünzen zu. »Eine für gestern Abend«, rief er. Sie fing seine Münzen in der Luft auf und schenkte ihm ein Lächeln, wie er es liebreizender noch nie gesehen hatte.
    Lächelt sie meinetwegen oder wegen der Münzen? Dunk war noch nie mit einem Mädchen zusammen gewesen, denn sie machten ihn nervös. Einmal, vor drei Jahren, als die Börse des alten Mannes nach einem halben Jahr im Dienst des blinden Lord Florent prall gefüllt gewesen war, hatte er Dunk gesagt, dass die Zeit gekommen sei, ihn mit in ein Bordell zu nehmen und zum Mann zu machen. Aber der alte Mann war betrunken gewesen, und als er wieder nüchtern war, konnte er sich an nichts erinnern. Dunk war zu verlegen gewesen, um das Thema erneut anzusprechen. Er war sowieso nicht sicher, ob er eine Hure wollte. Wenn er keine hochgeborene Jungfrau haben konnte, wie es einem richtigen Ritter geziemte, wollte er zumindest eine, die ihn mehr mochte als sein Silber.
    »Möchtest du ein Horn Bier trinken?«, fragte er die Puppenspielerin, als sie das Sägemehlblut wieder in den Drachen füllte. »Mit mir, meine ich? Oder eine Wurst essen? Ich hatte gestern Abend eine Wurst, die war gut. Ich glaube, sie werden aus Schweinefleisch gemacht.«
    »Ich danke Euch, M’lord, aber wir haben noch eine Vorstellung.« Das Mädchen stand auf und ging zu der wütenden, dicken Dornischen, die den Marionettenritter bewegte, während Dunk dastand und sich dumm vorkam. Aber ihm gefiel, wie sie ging. Ein hübsches Mädchen und groß. Ich müsste mich nicht hinknien, um sie zu küssen. Er wusste, wie man küsste. Ein Tavernenmädchen hatte es ihm eines Nachts in Lennishort gezeigt, vor einem Jahr, aber sie war so klein gewesen, dass sie auf einem Tisch sitzen musste, um an seine Lippen heranzukommen. Bei der Erinnerung wurden seine Ohren ganz heiß. Was für ein Narr er doch war. Er sollte an das Turnier denken, nicht ans Küssen.
    Lord Aschfurts Zimmerleute tünchten die hüfthohen Holzbarrieren weiß, die die Ritter voneinander trennen würden. Dunk sah ihnen eine Weile bei der Arbeit zu. Es waren fünf Reihen, von Norden nach Süden ausgerichtet, damit keiner der Kontrahenten mit der Sonne im Gesicht reiten musste. An der Ostseite der Turnierschranken war eine dreistöckige Zuschauertribüne errichtet worden, um die Lords und ihre Damen vor Sonne und Regen zu schützen. Die meisten saßen auf Bänken, aber in der Mitte der Tribüne hatte man vier Stühle mit hohen Lehnen für Lord Aschfurt, die Schöne Maid und die Prinzen aufgestellt, die sich die Ehre gaben.
    Am Ostrand der Wiesen war eine Stechpuppe aufgehängt worden, ein Dutzend Ritter griffen sie an und ließen jedes Mal, wenn sie den an einem Ende befestigten gesplitterten Schild trafen, den Ausleger mit dem Sandsack kreisen. Dunk sah, wie die Bestie von Bracken an die Reihe kam, dann Lord Caron von den Marschen. Ich sitze nicht so fest im Sattel wie sie, dachte er unbehaglich.
    Andernorts trainierten Männer zu Fuß und setzten einander mit Holzschwertern zu, während ihre Knappen daneben standen und derbe Ratschläge riefen. Dunk sah einen vierschrötigen jungen Mann, der versuchte, einen muskelbepackten Ritter abzuwehren, der so behände und schnell wie eine Bergkatze zu sein schien. Auf beider Schilde war der rote
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher