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Der große Gatsby (German Edition)

Der große Gatsby (German Edition)

Titel: Der große Gatsby (German Edition)
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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noch, als die Popularitätskurve steil nach unten wies.
    Seine Mutter hatte ihn gelehrt, den Blick nach oben zu richten. Denn die Fitzgeralds aus St. Paul, Minnesota, waren ständig im Gefecht. Nachdem der Vater seinen Posten als Handlungsreisender für Procter & Gamble verloren hatte, musste die Erbschaft der Mutter dafür aufgewendet werden, den siebzehnjährigen Scott (er war hübsch und außerordentlich unsympathisch) zum Studium nach Princeton zu schicken. Vermutlich war es auch die Mutter, die im jungen Scott, der so gern ein großer Sportler geworden wäre, die Gier nach gesellschaftlicher Anerkennung und die Neigung zu Posen und Angeberei weckte. St. Paul, der Ort, an dem er aufwuchs, war keine gute Empfehlung. Auch der Aufsteiger Jay Gatsby tut alles, um seine unbedeutende Herkunft und die Provinzialität des Elternhauses hinter sich zu lassen. Mit einer Änderung des Namens, als »Sohn Gottes«, wie es einmal heißt, erfindet er sich neu, um alle mit seinen Taten zu blenden. Insgeheim tut er es jedoch nur für das Mädchen, das seinerzeit nicht auf ihn warten wollte und längst einen anderen geheiratet hat.
    Die Parallele zum Leben des jungen Autors ist offensichtlich. Die Geschichten gehen nur anders aus. Scott Fitzgerald hatte ein Mädchen, das auf ihn wartete, die Südstaatenschönheit Zelda Sayre, die gerade erst die Highschool beendet hatte. Zelda, »die Heldin seiner Erzählungen«, besaß eine sanfte Stimme, trug ihr Haar offen und sah jünger aus als achtzehn. Fitzgerald gewann ihr Herz. Von da an spielte Geld in der Karriere des jungen Autors eine überragende Rolle. Fitzgerald wusste ja um seine und Zeldas Schwächen. Er zwang sich also zur Ausgabendisziplin, indem er ein großformatiges Hauptbuch anlegte, das er von den frühen zwanziger Jahren bis 1937 gewissenhaft führte, ein bemerkenswertes Dokument, das sowohl der Literatur- wie der Sozialgeschichte angehört. Es enthält eine vollständige, detaillierte Liste seiner Werke, darunter mehr als 160 Kurzgeschichten. Eingetragen wurden Datum oder Zeitraum der Entstehung, der Name des Magazins, in dem sie erschienen, und das Datum der Veröffentlichung. Die letzte Spalte gibt an, was mit der jeweiligen Erzählung geschehen sollte – ob sie für würdig befunden wurde, in einem Sammelband aufgenommen zu werden, oder nicht. Im letzteren Fall gab es zwei Möglichkeiten. Waren Teile, Motive oder Formulierungen für einen Roman noch zu gebrauchen, wurde die Erzählung ausgenommen wie ein altes Autowrack, und die geretteten Teile wanderten zur späteren Verwendung in separate Notizbücher. Andernfalls lautete der Vermerk lakonisch: »endgültig begraben«. Auch für den Großen Gatsby hat Fitzgerald auf ältere Storys zurückgegriffen, in denen Stimmungen und Motive seines Meisterwerks schon anklingen.
    Der zweite Teil des Hauptbuchs verzeichnet das Einkommen jeden Jahres, aufgeteilt in Vorschüsse, Honorare und Tantiemen. Der dritte Teil ordnet das Ganze chronologisch und bildet eine Art Autobibliographie, aus der hervorgeht, in welchem Rhythmus Fitzgerald schrieb und wie sich seine Popularität in Zeitschriftenhonoraren niederschlug. Schwankten sie 1920 noch zwischen 35 und 900 Dollar pro Erzählung, kletterten sie 1922 über die 1000-Dollar-Marke (fast das Jahresgehalt eines Industriearbeiters) und erreichten 1925 bei seinem Hauptabnehmer, dem Wochenmagazin Saturday Evening Post, das zu seiner besten Zeit eine Auflage von drei Millionen Exemplaren hatte, zum ersten Mal 2000 Dollar. Im Jahr darauf stieg das Honorar auf 2500 Dollar, zwölf Monate später gar auf 3500 Dollar. Im Jahr der Weltwirtschaftskrise erklomm Fitzgerald die Höchstmarke von 4000 Dollar pro Erzählung und veröffentlichte die folgenden fünf Jahre fast ausschließlich in der Saturday Evening Post. Seine Geschichten erschienen mit großen Illustrationen, auf denen schöne Frauen, schöne Wohnzimmer und Männer in tadellosen Anzügen zu sehen waren. Sein Name wurde auf dem Titelblatt herausposaunt. Mit gut dreißig Jahren war er ein Profi des amerikanischen Literaturmarktes, dem niemand das Wasser reichen konnte.
    Es waren gewaltige Summen, die auf diese Weise ins Haus strömten – der damalige Dollarwert betrug ein Vielfaches des heutigen – und die doch kaum die Löcher im Budget stopfen konnten, die der Lebensstil der Fitzgeralds riss. Von 1930 an, mit Zeldas erstem gesundheitlichem Zusammenbruch und der zusätzlichen Belastung durch ihre wiederholten Sanatoriumsaufenthalte,
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