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Der große Blowjob (German Edition)

Der große Blowjob (German Edition)

Titel: Der große Blowjob (German Edition)
Autoren: Peter Mattei
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und mein eigenes Alter, dreiunddreißig, und meine eigene Heimatstadt, Canfield, Ohio. Das ist ein guter Dreh, denke ich. Man nennt das, glaube ich, selbstreferenziell.
    Ich schreibe den ersten Satz einige Male um & starre ansonsten den Bildschirm an und justiere meinen Ständer, den ich meiner Medikamente wegen dauernd habe, zumindest ist das meine Theorie dazu, bis ich bemerke, dass draußen über der Williamsburg Bridge, die durch mein dreifachverglastes Fenster zu sehen ist, gerade die Sonne aufgeht. Auf einmal nehme ich einen eigenartigen Geruch wahr. Ich gehe hinüber in den Wohnbereich, und Tatsache, sie hat sich übergeben – auf meinen edlen Vorleger, ich fasse es nicht, den sie irgendwie zu sich herübergezogen und als Kissenersatz zusammengeknäult hat, weil sie von dem St.-Geneve-Kissen für 1900  Dollar, das ich ihr zur Verfügung gestellt hatte, heruntergerollt war.
    Ich rüttle sie wach, & sie ist etwas ansprechbarer als zuvor. Also bugsiere ich sie ins Badezimmer, wo ich ihren Kopf unter die aufgedrehte Dusche halte. Armes, trauriges kleines Mädchen, was soll nur aus dir werden. Nachdem ich sie abgetrocknet habe, reiche ich ihr das T-Shirt und gebe ihr eine Flasche Voss-Mineralwasser, damit sie sich den Mund ausspülen kann. Inzwischen habe ich ihre Schönheit Punkt für Punkt erfassen können, und leider muss ich berichten, so 50  % bekleidet sieht sie sogar noch heißer aus. Als sie sich schließlich angezogen und mit einem halbherzigen kleinen Winken verabschiedet hat, hole ich mir einen runter, nehme meine Pillen und bestelle einen Wagen vom Fahrservice.

1.3
    Ich feuere Leute. Das ist mein Job.
    Aber ich entlasse sie nicht einfach, ich helfe ihnen auch, oder sagen wir vielleicht: Ich rüttle sie wach. Oder sagen wir vielleicht: Ich nehme mir die Zeit, einen ehrenvollen, wenn nicht sogar dramatischen Tod für sie zu konzipieren, einen Tod, der bedeutsamer als der Abgang ist, auf den sie unter anderen Umständen Anspruch hätten.
    Ich wurde ja schließlich extra eingestellt, um hier aufzuräumen bei Tate, der Werbeagentur in New York City, bei der ich jetzt Executive Creative Director Schrägstrich Chief Ideas Officer bin. Man hat mich geholt, um im Haus eine Kultur der Innovation und Kreativität zu etablieren. Heißt: Ich soll die tote Schlacke loswerden, alle in die Scheiße reiten, das heißt an die Luft setzen, die alt und lahm und schwach sind, und genau das tu ich, denn das ist mein Job.
    Zuerst habe ich Schiss gehabt. Ich hasste mich. Ich wusste ja, ich kriege viel Geld dafür, dass ich die Schuld auf mich nehme, aber das fühlte sich entschieden nicht cool an. Dann kam ich zur Vernunft. Auf Seite  334 in
Der ewige Quell
von Ayn Rand stieß ich auf die Stelle, an der Howard Roark, keine Ahnung wieso, sich mit einer Gabel vor den Augen seines Cousins eigenhändig die Eier abreißt oder so was in der Art, ich weiß es nicht mehr genau, jedenfalls macht er irgendeine extrem kranke Scheiße, total lächerlich, aber am Ende zahlt es sich aus. Diese Stelle hat mich stark beeindruckt. Von da an – ich hatte vorher erst ein paar armselige Art Directors und Texter gefeuert, die über vierzig oder sogar schon über fünfzig waren – änderte sich meine Einstellung. Mir wurde klar, das Problem existiert nur in meinem Kopf, und wenn ich wirklich mal ehrlich zu mir war, musste ich mir eingestehen, dass Leutefeuern etwas Heroisches hat. Jagdfieber oder so. Ich hatte meine Beute in die Enge getrieben, ich hatte die Tante aus der Personalabteilung dabei (ich nenne sie Tante, aber sie ist nur wenig älter als ich, groß, anorektisch, lebt von Nüsschen, Kaffee und Wein), und ich hatte meinen Satz, den ich aufsagen musste. Sie hatte ihn mit mir zusammen formuliert und einstudiert:
«Tut mir sehr leid, Ihnen das mitzuteilen, aber wir müssen Sie freistellen.»
Der Satz war wie ein lautloses kleines Messer in meiner Hand, ein handbemaltes, maßangefertigtes Elefantengewehr, geladen und mit gespanntem Hahn. Ich brauchte nur den Mund zu öffnen, schon nahm das Schicksal seinen Lauf. Der Moment danach hing jedes Mal in der Luft wie ein Wölkchen Pulverdampf, und die Personaltante warf meiner zur Strecke gebrachten, mit kaltem Schweiß bedeckten Beute einen Blick voll falscher Anteilnahme zu, aber ich wusste, was sie tatsächlich dachte. Nämlich dass sie in der Gegenwart eines eiskalten Killers sein durfte, und das machte sie wahnsinnig an.
    Sobald ich mich der schlichten Wahrheit über die menschliche
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