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Der große Bio-Schmaeh

Titel: Der große Bio-Schmaeh
Autoren: Clemens G Arvay
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dem Ökolandbau?
    Unter ökologischen Agrarwissenschaftlern wird die »Konventionalisierung« der ökologischen Landwirtschaft schon lange diskutiert. Es ist Zeit, die berechtigte Sorge auch den Betroffenen mitzuteilen, nämlich den Konsumentinnen und Konsumenten. Ökologische Landwirtschaft liegt mir am Herzen. Das, was aber auf dem Massenmarkt aus ihr gemacht wird, stellt (trotz Bio-Zeichen) eine Verwässerung der Idee des Ökolandbaus dar. Mein Buch richtet sich daher gegen die Bio-Industrie, nicht aber gegen die biologische Landwirtschaft.
    Sind die Betriebe und Fabriken, die Sie in diesem Buch geschildert haben, repräsentativ für den Bio-Massenmarkt?
    Ja! Der konventionelle Lebensmittelhandel, zu dem die hier behandelten Bio-Marken gehören, funktioniert nur über Massenproduktion, Bündelung und Zentralisierung. Bio TM -Hühnerställe mit weniger als 3000 Legehennen oder 4800 Masthühnern sind kaum zu finden – und dann höchstens als Vorzeigebetriebe. Bio-Fruchtgemüse aller Supermarktketten in Österreich wird von nur einer Handvoll großer Gemüseproduzenten hergestellt. Bio TM -Brot ist grundsätzlich Industriebrot und nicht »traditionelle Handwerksware« und so weiter. Die Fotos und Angaben in diesem Buch, aus denen Betriebsgrößen und Wirtschaftsweisen hervorgehen, sind – im Gegensatz zur Werbung – ausgesprochen repräsentativ für den Bio-Massenmarkt.
    Sind die Bio-Produkte in Supermärkten und bei Discountern also nun biologisch oder nicht?
    Alle Produkte mit dem EU-Biozeichen (oder mit gleichwertiger Kennzeichnung) sind unter Berücksichtigung der gesetzlich-formalen Vorgaben für die »kontrolliert biologische Landwirtschaft« hergestellt worden. Da bestimmte Pflanzenschutzmittel, Düngemittel oder beispielsweise auch Lebensmittelzusatzstoffe und andere Betriebsmittel in der Bio-Produktion verboten sind, ist davon auszugehen, dass jedes gekennzeichnete Bio-Lebensmittel vom gesundheitlichen Standpunkt aus als besser zu bewerten ist als herkömmliche Ware.
    In diesem Buch wird nicht infrage gestellt, dass Bio-Produkte den gesetzlichen oder verbandsabhängigen Vorgaben der biologischen Landwirtschaft entsprechen. Vielmehr geht es darum, zu zeigen, welche Spielräume zur »Konventionalisierung« des Bio-Marktes das Gesetz zulässt und wie der Bio-Massenmarkt in der Realität aussieht. Diese Realität ist im Kontext mit den
inszenierten Selbstdarstellungen
der Unternehmen sowie mit der
Werbung
zu beurteilen, die darauf abzielt, Vorstellungen entstehen zu lassen, die dieser Realität nicht entsprechen. Die gesetzlich-formalen Rahmenbedingungen für die »kontrolliert biologische Landwirtschaft« lassen ausreichend Platz, die ursprüngliche Idee des Ökolandbaus sowie die Vorstellungen der Bio-Konsumenten zu durchbrechen. Stellt man diese Entwicklung des Bio-Massenmarktes dem Öko-Nischenmarkt oder den Positionen der Ökolandbaubewegungen gegenüber, zeigen sich deutliche Abweichungen.
    Wie laufen Bio-Kontrollen eigentlich ab?
    Bio-Kontrollen werden meist durch autorisierte,
privatwirtschaftlich
organisierte Kontrollstellen durchgeführt. Die Überprüfung findet auf jedem Bio-Betrieb einmal pro Jahr statt und erfolgt üblicherweise nach vorhergehender Anmeldung des Kontrolleurs. Es wird nach Spuren gesucht, die auf den Einsatz verbotener Betriebsmittel und Praktiken hindeuten könnten (Verpackungsmaterial, Sackanhänger von Futtermitteln, Flaschen, Kanister etc.). Der Hauptteil der Kontrollen besteht jedoch in einer Überprüfung der Warenflüsse und des Betriebsmittelzukaufs. Die Betriebsleiter legen Rechnungen und Belege des Einkaufs vor: Saatgut, Futtermittel, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Jungtiere etc. Auch der Verkauf muss belegt werden. Am Papier kann der Kontrolleur dann überprüfen, ob die vom Landwirt verkauften Erzeugnisse mit den Angaben zu seinem Betrieb übereinstimmen. Ein Beispiel: Der Bauer verfügt über eine Ölkürbisfläche von zehn Hektar, aus der sich rechnerisch ein Ertrag von etwa 7,5 Tonnen Kürbiskernen ergibt. Liegt die Menge verkaufter Kürbiskerne laut Aufzeichnungen deutlich darüber, muss die Herkunft der überschüssigen Ware erklärt und belegt werden. Der Schwerpunkt der Bio-Kontrolle liegt also in der Überprüfung von Warenflüssen, die aus den Aufzeichnungen der Betriebe und deren Partner hervorgehen. Ähnlich geht man auch vor, wenn man beispielsweise die Auslauftage von Rindern oder die Einsatzdauer des elektrischen Kuherziehers überprüft. Auch in
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