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Der größte Verlierer der Welt

Der größte Verlierer der Welt

Titel: Der größte Verlierer der Welt
Autoren: Charles Bukowsky
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sagte er, ich mach es!
    Diesmal mach ich ernst!
    Ich legte auf.

    - 148 -
    Allein mit einem Flammenwerfer

    Die Erinnerung an früher,
    die guten Augenblicke,
    das Goose Girl vom
    Hollywood Park, 1950,
    die roten Röcke, die Trompeten,
    und die Gesichter, gezeichnet
    von Messern und Fehlern;
    ich bin soweit, daß ich mich
    von allem zurückziehe;
    ich habe einen alten Kerosin-Kocher,
    Kerzen, 22 Dosen Campbell's Soup
    und einen 80jährigen Onkel in
    Andernach, Deutschland,
    der einmal Bürgermeister
    dieser Stadt war, in der ich
    vor langer Zeit geboren wurde.
    Ich kenne diese Melodie, es
    schmerzt am ganzen Körper,
    und Leute klopfen bei mir an,
    kommen herein, trinken und
    reden mit mir,
    ohne zu merken, daß ich längst
    aufgegeben habe,
    die Küche aufgeräumt,
    die Mäuse unter dem Bett verjagt,
    gefaßt auf den letzten
    endgültigen Strahl
    aus dem Flammenwerfer.

    Ich sehe die Gebäude an, die
    Wolken, die Ladies, ich lese
    die Zeitung, meine Schnürsenkel

    - 149 -
    reißen, in meinen Träumen
    sind die Stierkämpfer so
    mutig wie die Stiere, alle
    sind so tapfer, die Menschen,
    die Katzen, sogar die
    Dosenöffner.

    Mein Onkel schreibt mir
    in seiner zittrigen Handschrift:
    »Wie geht es deiner kleinen Tochter,
    und bist du bei guter Gesundheit?
    Du hast auf meinen letzten Brief
    nicht geantwortet ...«

    »Lieber Onkel Heinrich«, schreibe
    ich zurück, »meine Kleine ist
    sehr clever und Heb und hat
    ein gutes Herz. Ich hoffe, es
    geht dir gut, und du fühlst
    dich wohl. Ich lege dir ein
    Foto von Marina bei. Laß wieder
    von dir hören, wenn es geht.
    Hier hat sich nichts
    geändert, es ist alles
    beim alten.
    Herzlichst,
    Henry«

    - 150 -
    Der Wilde

    Einmal, als sie mir
    die Fingerabdrücke
    abnahmen und mich fürs
    Album fotografierten,
    ließ ich die Asche meiner
    Zigarette auf den Boden fallen,
    und der Bulle wurde wütend
    und sagte: »Zum Donnerwetter,
    was glaubst du eigentlich,
    wo du hier bist?!«
    »Im L. A. County Knast«, sagte ich.
    »All right, du Klugscheißer«,
    sagte er, »du gehst jetzt
    hier den Gang runter
    und dann links.«
    Ich ging runter und
    links, und da
    war es:
    sie hatten dieses fürchterliche
    Ding, ganz allein in dem
    riesigen Zellenblock,
    über die Gitterstäbe war
    zusätzlich Maschendraht gespannt,
    es waren die Ausnüchterungszellen
    von L. A. County, und ich war
    ihr Liebling,
    und das Ding sah mich,
    kam angerannt, warf sich
    knurrend gegen Gitterstäbe und
    Maschendraht, als wolle es mir
    ans Leben, und ich stand da
    und sah es an. Schließlich

    - 151 -
    sagte ich: »Lust auf 'ne
    Zigarette? Wie wär's damit?«
    Das Ding rüttelte am Draht und
    knurrte noch ein paarmal, und ich
    schüttelte einen Glimmstengel
    aus der Packung, das Ding
    setzte ein erfreutes Grinsen auf,
    ich schob die Zigarette durch
    den Maschendraht, steckte sie ihm
    zwischen die Lippen, gab ihm
    Feuer.
    »Ich kann sie auch nicht leiden«,
    sagte ich. Das Ding grinste
    und nickte mit dem Kopf.

    Der Schließer kam und holte mich
    da weg und steckte mich
    in eine Zelle, und die
    5 Gestalten da drin
    sahen erheblich weniger
    lebendig aus.

    - 152 -
    Karneval

    Er betrank sich und legte
    sich mit brennender Zigarette
    ins Bett und schlief ein,
    und es gab ein Feuer,
    und er lag da drin
    in den Flammen,
    bis ein Freund im
    Zimmer nebenan den Rauch
    roch und zu ihm rein rannte
    und ihn an den Armen
    aus den Flammen ziehen wollte,
    aber die Haut pellte sich
    glatt ab, er mußte noch einmal
    zupacken, fester, bis zum
    Knochen, jetzt brachte er ihn
    hoch und raus, und der Mann
    schrie und rannte blindlings
    drauflos, er knallte
    gegen einige Wände,
    schaffte es schließlich
    durch zwei Türen,
    zu sechst versuchten sie
    ihn zu halten, aber er
    riß sich los und rannte
    auf den Hof hinaus,
    schreiend rannte er
    in einen Zaun,
    und dann hing er schreiend
    im Stacheldraht fest,
    und sie mußten hinterher
    und ihn aus dem Stacheldraht
    befreien.

    - 153 -
    Er lebte noch 3 Tage und
    Nächte.

    Rauchen und Trinken
    ist schlecht für die
    Gesundheit.

    - 154 -
    Schnürsenkel

    Eine Frau, ein
    platter Reifen, eine
    Krankheit, eine Sehnsucht;
    Ängste, die einem den Weg
    verbauen; Ängste, die so still
    halten, daß man sie studieren kann
    wie Figuren auf einem Schachbrett . ..
    Es sind nicht die großen Dinge,
    die einen Menschen ins
    Irrenhaus bringen. Auf den Tod
    ist man gefaßt, auf Mord,
    Inzest, Raubüberfall,
    Feuer, Überschwemmung .. .
    Nein, was einen ms Irrenhaus bringt,
    ist die nie abreißende
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