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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo
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Verlobungsmahl.
     
    Am andern Morgen erhob sich die Sonne rein und glänzend, und ihre purpurnen Strahlen übergossen wie mit Rubinen die schäumenden Spitzen der Meereswellen.
    Das Verlobungsmahl war im großen Saale des ersten Stockes der Reserve bereitet worden. In der Mitte der langen Tafel saß auf der einen Seite die reizende Mercedes, rechts von ihr im Sonntagsstaate der alte Dantes, während zu ihrer Linken ihr Vetter Fernand Platz genommen hatte. Ihnen gegenüber saß der Bräutigam, neben ihm Herr Morel, der das Verlobungsfest seines zukünftigen Kapitäns mit seiner Gegenwart beehrte.
    In ihrer Nähe befanden sich auch Danglars sowie Caderousse, den die Hoffnung auf ein gutes Mahl vollends mit Dantes ausgesöhnt hatte und in dessen Gedächtnis nur eine schwankende Erinnerung von dem geblieben war, was sich am Tage vorher zugetragen hatte.
    Außer diesen uns bekannten Gästen waren zahlreiche Freunde des Bräutigams, Seeleute und Soldaten, anwesend, die bereits anfingen, dem reichen Mahle zuzusprechen.
    Schon liefen um die Tafel Würste von Arles mit ihrem eigentümlichen, starken Gerüche, Seekrebse mit blendender Schale, Prayres in rosafarbiger Muschel, Seeigel, die Kastanien glichen, und alle die Leckerbissen, welche die Wellen auf das sandige Ufer wälzen und die dankbaren Schiffer mit dem Namen Seefrüchte bezeichnen.
    Ein schönes Schweigen, sagte Dantes' Vater, ein Glas Wein, gelb wie Topas, schlürfend. Sollte man glauben, es seien hier dreißig Personen, die sich frohe Zeit machen wollen?
    Ei, auch ein Bräutigam kann nicht immer heiter sein, erwiderte Caderousse.
    Es ist wahr, sagte Dantes, ich bin zu glücklich in diesem Augenblick, um heiter zu sein. Die Freude bringt zuweilen eine seltsame Wirkung hervor, sie drängt, wie der Schmerz,die laute Äußerung zurück. Es scheint mir, der Mensch ist nicht geschaffen, so leicht glücklich zu werden. Man muß kämpfen, um das Glück zu erobern, und ich weiß gar nicht, wodurch ich das Glück, Mercedes' Gatte zu sein, verdient habe.
    Der Gatte, der Gatte, rief Caderousse lachend, noch nicht, mein Kapitän! Versuche es einmal, den Gatten zu spielen, und du wirst sehen, wie man dich aufnimmt!
    Mercedes errötete.
    Fernand quälte sich auf seinem Stuhle, bebte bei dem geringsten Geräusche und wischte sich jeden Augenblick große Schweißtropfen ab. Von Zeit zu Zeit schaute er nach Marseille zu, als ob er auf irgend etwas Besonderes wartete.
    Bei Gott, man braucht mich nicht Lügen zu strafen; Mercedes ist allerdings noch nicht meine Frau, sagte Dantes und zog seine Uhr. Aber in anderthalb Stunden wird sie es sein.
    Alle ließen Ausrufe des Erstaunens hören, nur Dantes Vater nicht, der durch ein breites Lachen seine noch schönen Zähne zeigte. Mercedes lächelte und errötete nicht mehr. Fernand faßte krampfhaft nach dem Hefte seines Messers.
    Ja, meine Freunde, fuhr Dantes fort, dank dem Eintreten des Herrn Morel, des Mannes, dem ich nach meinem Vater am meisten auf dieser Welt zu verdanken habe, sind alle Schwierigkeiten beseitigt. Alle Förmlichkeiten sind erfüllt, und um halb drei Uhr erwartet uns der Maire von Marseille auf dem Rathause.
    Fernand schloß die Augen; eine feurige Wolke brannte auf seinen Augenlidern; er stützte sich auf den Tisch und konnte sich eines dumpfen Seufzers nicht erwehren, der sich in dem Geräusche des Gelächters und der Glückwünsche der Versammlung verlor.
    Das lass' ich mir gefallen, sagte der alte Dantes. Gestern morgen hier angekommen, heute um drei Uhr geheiratet! Die Seeleute segeln rasch in den Hafen.
    Aber die sonstigen Förmlichkeiten? wandte Danglars ein, der Vertrag, die schriftlichen Erklärungen?
    Der Vertrag? entgegnete Dantes lachend, der Vertrag ist fertig. Mercedes hat nichts, ich habe auch nichts. Da bedurfte es keines langen Schreibens und kostet auch nicht so viel ... Dieser Scherz veranlaßte einen Ausbruch der Freude und des Beifalls.
    Was wir für ein Verlobungsmahl hielten, ist also ein Hochzeitsmahl, sagte Danglars.
    Nein, erwiderte Dantes, seid unbesorgt! Ihr sollt nichts dabei verlieren. Morgen früh reise ich nach Paris. Vier Tage hin, vier Tage her und einen Tag, um gewissenhaft meinen Auftrag zu vollziehen. Am ersten März bin ich dann zurück, und am zweiten findet das wahre Hochzeitsmahl statt.
    Die Aussicht auf einen neuen Schmaus verdoppelte die Heiterkeit dergestalt, daß der Greis, der sich anfangs über die Stille beklagt hatte, mitten unter dem allgemeinen Gespräche vergebliche
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