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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif
Autoren: Gabriel Galen
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erfährt.
    Doch nun solltest du schlafen gehen, Raigo. Sieh, über den Hügeln dämmert schon der Morgen! Du hast eine lange Reise hinter dir und solltest dich jetzt erst einmal ausruhen. Denk jetzt nicht mehr über das Orakel nach! Wenn es Tag geworden ist und du ausgeschl a fen hast, sieht alles ganz anders aus. Dann kannst du deine En t scheidung treffen.“
     
    Damit erhob sich Tamantes, und auch Raigo stand auf. Schweigend umarmten sich die be i den Männer, dann ließ der König Raigo allein. Argin schlief fest auf dem K a min, den Kopf tief im Gefieder verborgen. Raigo warf sich aufs Bett, das in einer Nische des Zimmers stand, und versuchte nachzudenken. Doch bereits nach wen i gen Minuten war er erschöpft eing e schlafen.
     
     
     
    3. Ein folgenschwerer Streit
     
    Als Raigo erwachte, war die Sonne schon über dem Ostflügel verschwunden. Er e r schrak, denn das hieß, daß er fast bis zum Mittag geschlafen hatte. Auf dem Tisch stand ein Tablett mit einem reichlichen Frühstück, und Argin zerrte noch an einem Brocken Fleisch, den eine freundliche Hand ihm auf den Kaminsims gelegt hatte.
    Rasch erfrischte sich Raigo in der bereitgestellten Waschschüssel und machte sich dann über das Essen her. Aber er hatte erst wenige Bissen gegessen, als es an der Tür klopfte. Tamantes trat ein. An der Hand führte er Coriane, und hinter den be i den folgte Scharin.
     
    „Guten Morgen!“ lachte Tamantes in Raigos verwirrtes Gesicht. „Oder sollte ich besser „G u ten Tag“ sagen? Du hast lange geschlafen, mein Lieber! Hier bringe ich dir zwei, die dich auch begrüßen so l len.“
     
    Coriane und Scharin wußten nicht, was sie von dieser Begegnung halten sollten.
     
    „Wer ist der Mann, Vater?“ fragte Scharin verständnislos.
     
    „Der Fremde vom Bach“, antwortete Coriane stattdessen , „von dem ich dir erzählt habe. Aber ich weiß nicht, was er hier im Schloß sucht.“
     
    „Schaut ihn euch doch einmal genau an“, meinte Tamantes, „und überlegt, ob ihr nicht selbst darauf kommt, wer er ist. Ihr müßtet ihn doch kennen, denn ihr habt als Kinder oft zusa m men gespielt. Und du, Scharin, trägst noch eine Narbe auf der Stirn, die dich an e i nes dieser nicht gerade sanften Spiele erinnern sollte.“
     
    Unwillkürlich fuhr Scharins Hand an die Stelle, wo tatsächlich eine feine Narbe bis zu seiner Braue lief. Dann erhellte sich sein Blick.
     
    „Raigo!“ rief er voll Freude. „Wie schön, daß du zurückgekommen bist! Wir dachten alle, du bist tot.“
     
    Dann lief er auf Raigo zu, boxte ihn überschwänglich in die Seite und umarmte ihn dann. Coriane dagegen stand stumm und sah Raigo nur an. Dann lösten sich zwei Tränen aus ihren Augen, und sie sank schluchzend an Tamantes Brust, der sie zär t lich streichelte.
     
    „Nun, nun, Kindchen! Beruhige dich doch!“ brummte Tamantes. „Ich sehe keinen Grund für deine Tränen. Ich denke, daß du dich eher freuen solltest. Schließlich warst du die Einzige, die davon übe r zeugt war, daß er noch lebt.“
     
    „Ich freue mich ja auch“, schluchzte Coriane. „Schon seit gestern habe ich es irgendwie g e spürt, daß er es sein könnte. Doch er tat, als habe er mich nie zuvor gesehen.“
     
    „ Verzeih ' mir, Coriane ! “bat Raigo sanft. „Aber ich durfte nicht zeigen, daß ich dich sofort e r kannt hatte. Der Oheim wird dir sagen, warum. Doch nun will ich dir gestehen, wie groß meine Freude war, als ich dich sah. Doch ich war sehr überrascht, denn ich verließ ein kle i nes Mädchen und fand eine schöne, junge Frau wieder.“
     
    Nun löste sich Coriane von Tamantes, ging auf Raigo zu und reichte ihm zaghaft die Hand.
     
    „Ich bin so glücklich, daß du wieder da bist, Raigo“, sagte sie leise. „Ich wußte i m mer, daß du eines Tages wieder zurückkommen würdest.“
     
    Raigo umfaßte zart ihre Schultern und berührte ihre Stirn leicht mit den Lippen.
     
    „Ich danke dir, Coriane!“ murmelte er. „So hat wenigstens einer an mich geglaubt.“
     
    „Hört zu!“ sagte Tamantes nun. „Niemand hier am Hof darf wissen, daß es Raigo ist, der zurückgekehrt ist, am allerwenigsten Lardar oder sein Gefolge! Den Grund d a für werde ich euch später sagen. Solange Raigo hier ist, wird er den Namen gebra u chen, unter dem er all die Jahre gelebt hat: Ne s kon!“
     
    „Neskon?“ schrie Scharin. „Er ist der berühmte Neskon? Ist das wahr, Raigo?“
     
    „Nun, hast du nicht gesehen, was da auf dem Kamin sitzt?“
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