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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif
Autoren: Gabriel Galen
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Pflichten zu drü c ken.“
     
    Raigo seufzte und ließ sich Tamantes gegenüber in einem Sessel nieder.
     
    „Ihr habt recht, Oheim!“ meinte er. „Damals hätte es durchaus so sein können, denn ich war wirklich nicht begeistert davon, König sein zu müssen. Aber dennoch hat sich die Sache ganz anders zugetragen.“ Und er erzählte Tamantes die wahren G e schehnisse.
     
    Als Raigo endete, war es bereits weit nach Mitternacht. Tamantes hatte ihn nur hier und da unterbr o chen, um eine Frage zu stellen, und ihm ansonsten aufmerksam zugehört.
    Bei der Schilderung von Raigos Flucht vor den Mördern hatte in den Augen des K ö nigs die helle Empörung gestanden. Die Geschichte mit dem Greifen jedoch verwandelte die Emp ö rung in ungläubiges Staunen. Als Raigo dann erwähnte, daß er all die Zeit unter dem N a men Neskon gelebt habe, rief der König verblüfft aus:
     
    „Du? Du bist dieser Neskon, von dem auch an meinem Hof die fahrenden Sänger künden? Du bist der hervorragende Held der Vangoran Moradin, deren Tapferkeit und Waffenkunst bis hinauf ans graue Meer gerühmt werden? Sag, ist das die Wahrheit, oder schmückst du dich nur mit diesem edlen N a men?“
     
    „Es ist die Wahrheit, wie alles, was ich Euch berichtete“, antwortete Raigo schlicht. „Hier ist das singende Schwert Handur, von dem Ihr sicherlich gehört habt, und dort sitzt Neskons Adler auf dem Kami n sims.“
     
    Damit löste er das Schwert von seiner Seite und reichte es dem völlig verdatterten Tama n tes. Dieser nahm es entgegen und betrachtete eingehend die seltsamen Zeichen, die unte r halb des Heftes in die Klinge eingraviert waren.
     
    „Solche Zeichen habe ich nie zuvor gesehen“, sagte er zu Raigo. „Diese Waffe strahlt eine starke Kraft aus, so daß ich nun glaube, daß du nicht lügst. Und auch der Adler bestätigt deine Worte. Wenn du aber hierin die Wahrheit gesagt hast, dann muß auch der Rest de i ner Geschichte stimmen, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag. Wer hätte wohl je von der Freundschaft zwischen einem Menschen und einem Greifen gehört?
    So stimmt es also, was ich tief in meinem Inneren stets befürchtet habe, nämlich, daß dein Onkel die Herrschaft mit Gewalt an sich gerissen hat! Schon als junger Mann neidete er de i nem Vater die Erstgeburt und die Krone, doch er konnte nicht wagen, etwas zu unterne h men, da der Hof deinem Vater treu ergeben war. Auch glaube ich nicht, daß die Für s ten, die sich Konias anschlossen, seinen Plan, dich zu töten, gekannt haben. Aber du warst ein ju n ger Träumer, von dem man sich nicht viel versprach. Nur so konnte es deinem Onkel geli n gen, sie gegen dich einzune h men.
    Doch was willst du nun tun? Da du hier bist, vermute ich, daß du meine Hilfe zur Rückg e winnung deiner Krone suchst. Aber dies ist ein großes Problem für mich.“ Tamantes seufzte und blickte zu Boden. „Zwar bin ich der Meinung, daß dir die Herrschaft zusteht und daß dein Onkel für seine ruchlose Tat bestraft werden sollte -. Aber schau! Seit über hundert Jahren leben Ruwarad und Imaran in Frieden und Freundschaft. Konias ist zwar beim Volk nicht g e rade beliebt, aber er scheint ein recht guter Herrscher zu sein, denn das Volk von Ruwarad lebt in Ruhe und Wohlstand. Soll ich nun Krieg und Elend über unsere beiden Vö l ker bringen? Wie kann ich sicher sein, daß es besser für Ruwarad ist, wenn du es b e herrschst? In deinem Blut lag stets der Hang zum Abenteuer. Wird es dich nicht eines T a ges wieder hi n austreiben? Nein, Raigo! Verlange nicht von mir, daß ich nun mit dem Schwert in der Hand nach Ruwaria gehe, um Konias zur Rechenschaft zu ziehen! Zuviel unschuldiges Blut würde fließen, und ich würde wegen eines Mannes zwei ganze Nat i onen ins Verderben stürzen. Denn dein Onkel wird dir nie freiwillig die Krone z u rückgeben!“
     
    Er schwieg, und Raigo sah niedergeschlagen vor sich hin. Dann jedoch hob er den Kopf.
     
    „Ihr habt recht, Oheim!“ sagte er. „Auch ich habe das alles schon bedacht. Doch versteht Ihr mich falsch, wenn Ihr glaubt, es sei mir nur um die Macht zu tun. Die hätte ich haben kö n nen, wenn ich die Tochter des Fürsten Morban geheiratet hätte, der mir das Schwert schenkte. Nein, Oheim, das ist es nicht, was ich will! Aber die Sehnsucht nach der Heimat erdrückt mir die Seele. Nie hätte ich gedacht, daß ich einmal alles darum geben würde, die grünen Hügel von Ruwarad wiederzusehen. Doch wie kann ich das wagen? Ich bin nicht dazu geb
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