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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif
Autoren: Gabriel Galen
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voranreitenden Ubias. Raigo wurde es seltsam ums Herz. Nach so la n gen Jahren betrat er nun zum ersten Mal wieder den Boden seiner Heimat.
     
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    Der Ritt durch Ruwarad ließ Raigos Brust weit werden. Der langentbehrte Anblick seines Vate r landes versetzte ihn in eine euphorische Stimmung. Selbst die rauhen Ausläufer des Gebi r ges, hier an der Grenze zu Someda nicht sehr breit, waren ihm schöner erschienen, als jeder andere Höhenzug. Aber als sie nun nach zwei Tagen das Gebirge verließen und das Land sich unter ihm ausbreitete, wurden ihm die Augen feucht. Der Duft der blühenden Wiesen, die reichen Kornfelder und die schattigen Wälder kamen ihm üppiger und prächt i ger vor, als er sie in seiner Eri n nerung gesehen hatte. Von der Spitze jeden Hügels bot sich ein neuer, bezauber n der Anblick auf sanfte Täler und grüne Auen. Silbern blitzte das Band des Soron in der Sonne, der sich aus den Bergen kommend in mannigfachen Bogen und Schleifen um die Anh ö hen wand.
    Auch die Gefährten erfreuten sich an der Schönheit des Landes, und als sie am E n de ihres Ritts auf einem Hügel hielten und Ruwarias rote Ziegeldächer leuchten s a hen, standen alle stumm. Achtunggebietend und trutzig erhob sich auf der Anhöhe hinter der Stadt die Burg wie ein Hirte, der seine Lämmer bewacht, und die gewaltige Stadtmauer umarmte die Hä u ser, die sich in ihre Sicherheit schmie g ten.
     
    „Schön ist Ruwarad!“ seufzte Werigan.
     
    „Ja!“ sagte Raigo leise. „Kannst du nun meine Sehnsucht verstehen?“
     
    „Ja, jetzt verstehe ich dich“, antwortete Werigan.
     
    Und so standen sie, als die Dämmerung hereinbrach, vor den Toren des Schlosses. Ubias schien wirklich kein geringer Mann zu sein, obwohl Raigo ihn zuvor noch nie gesehen hatte. Er hatte wohl zu Raigos Zeit nicht am Hof gelebt. Aber nun wurde auf sein Geheiß das Tor sofort geöffnet. Ubias selbst geleitete sie zu ihren Gem ä chern im Flügel des Schlosses, der für vornehme Gäste bestimmt war. Rasch und selbstsicher gab er seine Anweisung, für ihre B e quemlichkeit zu sorgen.
     
    „Erfrischt Euch, Ihr Herren!“ sagte er. „Ich werde derweil dem König Eure Ankunft melden. In einer Stunde versammelt sich der Hof zum Mahl, und ich bin gewiß, daß Ihr es an der Seite des Königs ei n nehmen werdet.“
     
    Er verbeugte sich und verließ die Gefährten dann. Raigo hätte die Gefühle nicht b e schreiben können, die ihn nun beherrschten. Es schien ihm seltsam, in das Haus seines Vaters als Gast zurückkehren zu müssen. Aber er tröstete sich mit dem G e danken, daß er nicht lange Gast bleiben würde - so oder so!
     
    Nachdem die Gefährten sich den Staub der Reise abgewaschen und frische Kleider ang e legt hatten, sagte Raigo zu Findir:
     
    „Nun ist der Augenblick gekommen, wo ich Corianes Überwurf tragen werde. Da r um bitte ich dich, ihn mir jetzt anzulegen.“
     
    Findir holte das Kleidungsstück aus seiner Umhüllung und streifte es Raigo über den Kopf. Und wie er nun so vor ihnen stand, ganz in weiße Seide gekleidet, schien es den Gefährten, als sei er völlig verändert. Dies war nicht mehr Neskon, der ve r traute Freund vieler Gefahren und heiterer Zerstreuung, das war auch nicht Randor, der Waffenhändler - hier stand Raigo, Sohn des Berigo, König und Herrscher von Ruwarad! Zwar hatten die fünf Moradin seid ihrer Begegnung an der Furt des Than von seiner Herkunft und seinem Anspruch gewußt, doch war es für sie dort weit entfernt gewesen. Für sie hatte er zwar einen anderen Namen getr a gen, war aber im Grunde doch stets Neskon geblieben.
    Nun aber lag auf seinem ernsten Gesicht ein Ausdruck königlicher Würde, und seine Ha l tung war die eines Herrschers. Sein Anblick erfüllte die Moradin mit Bewunderung und Ve r ehrung, und als nun ein Lächeln über Raigos Lippen flog, fanden die fünf Männer in ihm auch den vertrauten Freund wieder, den sie alle liebten. Von diesen Gefühlen überwältigt, beugte W e rigan sein Knie vor ihm.
     
    „Heil, König Raigo!“ rief er. „Laß mich der Erste sein, der dir Treue und Gefolgschaft schwört.“
     
    Auch die anderen beugten das Knie und schworen ihm das Gleiche zu.
     
    „Steht auf, Freunde!“ bat Raigo verlegen. „Ihr sollt nicht vor mir knien. Aber mit Dankbarkeit und Freude werde ich, wenn es an der Zeit ist, euren Schwur anne h
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