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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes
Autoren: Lian Hearn
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würde, wenn ich mich ihnen auch nur eine Sekunde hingab. Ich wollte ihm gerade einen ähnlichen Tritt versetzen, als ich hörte, wie oben das Fenster geöffnet wurde und etwas Kleines, Unsichtbares herausgeschossen kam.
    Kotaro hatte nicht damit gerechnet, und er hörte es eine Sekunde nach mir. Ich hatte bereits begriffen, dass es Taku war, und sprang hinzu, um seinen Fall zu bremsen, aber er schien förmlich auf Kotaro herabzustoßen und lenkte ihn für einen kurzen Moment ab. Ich verwandelte meinen Sprung in einen Tritt und rammte Kotaro meinen Fuß mit aller Wucht, in den Hals.
    Als ich landete, schrie Kenji von oben: »Takeo! Hier!«, und warf mir Jato herunter.
    Ich fing mein Schwert mit der Linken. Kotaro ergriff Taku, schwang ihn über seinen Kopf und schleuderte ihn in den Garten. Ich hörte den Jungen keuchen, als er auf den Boden schlug. Ich schwang Jato über meinem Kopf, aber meine rechte Hand blutete stark und die Klinge fiel ungenau. Kotaro machte sich unsichtbar, als ich ihn verfehlte. Jetzt, da ich bewaffnet war, ging er vorsichtiger mit mir um. Mir blieb ein Moment, um Atem zu schöpfen. Ich riss meine Schärpe herunter und wickelte sie mir um die Hand.
    Kenji sprang aus dem Fenster im ersten Stock, landete auf den Füßen wie eine Katze und wurde augenblicklich unsichtbar. Ich konnte die beiden Meister schwach erkennen, aber sie selbst konnten einander offenbar sehen. Ich hatte schon früher an Kenjis Seite gekämpft, und wenn jemand wusste, wie gefährlich er wirklich war, dann ich. Doch ich hatte ihn noch nie im Kampf gegen jemanden gesehen, der auch nur einen Bruchteil seiner Fähigkeiten besessen hätte. Er hatte ein Schwert, das ein wenig länger war als Kotaros Messer, was ihm einen geringen Vorteil verschaffte, aber Kotaro war in Hochform und kämpfte mit aller Verbissenheit. Sie jagten sich kreuz und quer über den Nachtigallenboden, der unter ihren Füßen aufheulte. Kotaro schien zu straucheln, aber als Kenji näher kam, fing er sich wieder und trat ihm in die Rippen. Beide teilten sich. Ich stürzte mich auf Kotaros zweites Ich, während Kenji sich mit einem Salto von ihm wegkatapultierte. Kotaro drehte sich nach mir um und ich hörte das pfeifende Geräusch fliegender Wurfmesser. Kenji hatte mit ihnen auf den Hals seines Gegners gezielt. Die erste Klinge bohrte sich hinein und ich sah, wie Kotaros klarer Blick sich eintrübte. Seine Augen fixierten mein Gesicht. Ein letztes Mal stach er vergeblich mit seinem Messer zu, aber Jato schien es vorausgeahnt zu haben und fand den Weg in seine Kehle. Sterbend versuchte er mich zu verfluchen, aber seine Luftröhre war durchtrennt, und das hervorquellende Blut verschleierte seine Worte.
    Inzwischen war die Sonne aufgegangen; als wir in ihrem blassen Licht auf Kotaros gebrochenen, blutenden Körper hinuntersahen, fiel es uns schwer, zu glauben, dass ein derart zerbrechliches menschliches Wesen so viel Macht besessen hatte. Kenji und ich hatten es gerade so geschafft, ihn mit vereinten Kräften zu besiegen, und es hatte mich einen Teil meiner Hand gekostet und Kenji zahlreiche Prellungen sowie einige Rippenbrüche beschert, wie sich später herausstellte. Taku rang nach Luft und zitterte am ganzen Körper; er hatte Glück, dass er noch lebte. Die Wachtposten, die auf meine Rufe angerannt gekommen waren, waren so entsetzt, als hätte uns ein Dämon attackiert. Den Hunden sträubte sich das Nackenfell, als sie an dem Toten schnupperten und mit einem drohenden Knurren ihre Zähne zeigten.
    Ich hatte meine Finger verloren und in meiner Hand klaffte eine große Wunde. Nachdem das Entsetzen und die Aufregung des Kampfes abgeklungen waren, machte sich der Schmerz nun richtig bemerkbar und nahm mir alle Kraft.
    »Die Messerklinge war wahrscheinlich vergiftet. Wir sollten dir den Unterarm abnehmen, das rettet dir das Leben.« Ich war vor lauter Schock wie benebelt und dachte erst, er würde scherzen, aber seine Miene wirkte ernst und der Klang seiner Stimme beunruhigte mich. Ich ließ ihn schwören, dass er es nicht tun würde. Lieber wollte ich sterben, als auch noch den Rest meiner verstümmelten Hand zu verlieren. So oder so hatte ich das Gefühl, dass ich nie wieder in der Lage sein würde, ein Schwert oder einen Pinsel in die Hand zu nehmen.
    Kenji wusch die Wunde sofort aus, ließ Chiyo Kohlen bringen, und während die Wachtposten sich auf mich knieten, damit ich stillhielt, brannte er die Fingerstümpfe und die Wundränder aus und machte mir einen
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