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Der gläserne Drache

Der gläserne Drache

Titel: Der gläserne Drache
Autoren: Gabriel Galen
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Mädchen, aber das heißt nicht, dass wir dumm wären!“
     
    „Verzeiht! Der Dummheit könnte man eher uns bezichtigen, denn wir haben tatsächlich vergessen, wie es uns in den ersten Wochen hier erging“, sagte Tanis ernst.
    „Auch wir kommen aus einfachsten Verhältnissen, ja, wir sind sogar Findelkinder, die ihre wahre Herkunft nicht kennen. Unser Ziehvater ist ein Bauer, der uns aus Mitleid zusammen mit seinen eigenen fünf Kindern aufzog, was ihm die Götter vergelten mögen. Er fand uns eines Morgens am Wegrand unter der Leiche unserer Mutter, die anscheinend in der Dunkelheit überritten worden war. Ihr Körper wies zahlreiche Wunden von Pferdehufen auf, doch wie durch ein Wunder waren wir unverletzt. Sie hatte uns noch im Tod mit ihrem Körper geschützt. Aber wir haben nie erfahren, wer sie war.
    Daher werden wir ab sofort eure verständliche Ungeschicklichkeit nicht mehr belächeln, sondern euch helfen, schnell mit eurer neuen Umgebung vertraut zu werden, nicht wahr, Wigo?“
     
    Wigo nickte. „Ja, du hast Recht, Bruder! Wir hatten wirklich keinen Grund, uns über euch lustig zu machen. Daher bitte auch ich um Verzeihung. Aber nun greift ohne Umstände zu, denn heute gibt es am Tisch kein strenges Auge, das euch missbilligend zuschaut.“
     
    Die beiden Mädchen ließen sich das nicht zweimal sagen und machten sich hungrig über die ausgezeichneten Speisen her.
     
    „Sagt, was will der Herr Romando eigentlich von uns?“ fragte Tamira zwischen zwei Bissen. „Wir wissen bisher nur, dass er uns testen will, ob wir bestimmte Fähigkeiten haben. Aber wie diese Prüfungen aussehen und welche besonderen Gaben er bei uns zu finden hofft, hat uns bisher niemand gesagt.“
     
    Tanis war mittlerweile mit dem Essen fertig. Er nahm das Tuch ab, wischte sich Hände und Mund daran ab und begann zu erzählen:
     
    „Bis vor kurzer Zeit lagen auch für uns Romandos Absichten im Dunkeln. Nachdem er festgestellt hatte, dass es uns möglich war, den Bruder im angrenzenden Zimmer das Bild eines Gegenstands, den er einem von uns zeigte, durch dessen Augen sehen zu lassen, mussten wir das immer wieder üben. Heute sind wir beide in der Lage, uns durch Gedankenbilder zu verständigen, egal wie weit wir uns voneinander befinden. Und noch eine seltsame Fähigkeit hat er bei uns entdeckt: Wenn wir uns an den Händen fassen und unsere Gedanken gemeinsam auf einen bestimmten Gegenstand richten, können wir diesen bewegen.
    Wahrscheinlich wird er euch prüfen wollen, ob in euch ähnliche Kräfte wohnen. In den zwei Jahren, die wir jetzt hier sind, hat er drei weitere Zwillingspaare getestet. Doch sie mussten bereits nach wenigen Wochen das Haus wieder verlassen, weil sie wohl nicht mit den gewünschten Fähigkeiten ausgestattet waren.
    Ich bin jedoch nicht sicher, ob es für euch wünschenswert ist, solltet ihr über ähnliche Gaben verfügen.“
     
    Auch die Mädchen waren mittlerweile mit dem Essen fertig. Tanis hörte auf zu reden, weil die Diener kamen, um den Tisch abzuräumen. Nachdem sie gegangen waren, sagte Wigo:
     
    „Lasst uns hier nicht weiter reden, denn ich befürchte, dass man uns belauschen könnte!“ Er schaute seinen Bruder an, und es schien, als hielten beiden eine Weile stumme Zwiesprache. Dann nickte Tanis und Wigo fuhr fort: „Mein Bruder und ich haben das Gefühl, dass ihr beiden absolut vertrauenswürdig seid. Es ist uns, als würden wir euch schon lange kennen, so als wäret ihr unsere Schwestern. Irgendetwas sagt uns, dass ihr uns ähnlich seid.
    Wir werden euch daher einige Dinge verraten, von denen wir nicht wollen, dass man unser Wissen darum kennt. Für euch jedoch dürfte es von größter Wichtigkeit sein.
    Lasst uns hinaus in den Park gehen. Dort können wir sicher sein, dass keine ungebetenen Ohren hören, worüber wir sprechen.“
     
    Die vier jungen Leute erhoben sich. Als sie zu dem Raum kamen, dessen Türen in den Park hinausführten, trafen sie auf Magritta, die sich ihnen in den Weg stellte.
     
    „Wo wollt ihr hin?“ fragte sie streng. „Ihr wisst, dass der Herr es nicht gern sieht, wenn ihr nicht im Haus seid, wenn er heimkommt. Ihr solltet besser in die Bibliothek gehen und dort auf ihn warten!“
     
    „Ach, schöne Magritta, Ihr sollt nicht immer so streng mit uns sein!“ Wigo lächelte die Frau gewinnend an. „Die Nacht ist warm und im Park ist es jetzt angenehm. Die Bibliothek ist so düster und stickig. Denkt einmal daran, dass die beiden Mädchen noch nicht daran
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