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Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Titel: Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest
Autoren: Anatoli Boukreev , G. Weston Dewalt
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mußte, da tiefer Schnee in großer Höhe den Aufstieg behinderte. Keiner erreichte den Gipfel.
    1996 war Rob Hall wieder da und bereit, erneut loszumarschieren. Er war fest entschlossen, nach Möglichkeit wieder auf die Haben-Seite zu gelangen, denn er stand unter Druck. Erfolg und Nicht-Umkehren brachten das Geschäft, und dazu kam 1996 eine neue Herausforderung: ein zusätzlicher Konkurrent mischte mit.
    Scott Fischer aus West Seattle, Washington, erschien auf der Szene. Einsneunzig groß, mit einem ebenmäßigen, scharfgeschnittenen Gesicht, das blonde Haar lang und lose, führte er seine in West Seattle beheimatete Abenteuer-Agentur Mountain Madness praktisch als Ergänzung zu seinem persönlichen Lebensziel: Er wollte auf der ganzen Welt bergsteigen und dabei seinen Spaß haben. 2
    Mit seinem Talent, seinem guten Aussehen und seinem Charme hätte er sich auf einem Bergsteiger-Poster fabelhaft gemacht. Er besaß eine charismatische Persönlichkeit mit geradezu magnetischer Anziehungskraft. Er warb Kunden an, motivierte sie, schaffte es, daß sie mitmachten, Schecks ausschrieben und ihre Rucksäcke packten. Er war eine Kämpfernatur, aber ein Neuling, was kommerzielle Everest-Expeditionen betraf.
    Das Motiv, das ihn bewogen hatte, bei diesem Spiel mitzumischen, war ganz einfach, wie einer seiner Geschäftspartner erklärte: »Ich glaube, er hat Rob Halls Erfolg gesehen und sich gedacht, ›was der kann, kann ich auch‹. Und zwar nicht auf knallharte Macho-Tour, sondern einfach, indem er sagte: ›He, ich bin ein erstklassiger Bergsteiger. Wäre doch gelacht, wenn ich es nicht auch schaffe. Ich werde Kunden auftreiben und ebenfalls losmarschieren. ‹« Ja, auch losmarschieren und natürlich auch Geld machen.
    Karen Dickinson, die ehemalige Geschäftsführerin von Mountain Madness, bezeichnete die Entscheidung des Unternehmens, Expeditionen zum Everest anzubieten, als »letzten Schrei des Extrembergsteigens. Wir mußten der Nachfrage unserer Kunden entsprechen, wenn wir sie nicht an die Konkurrenz verlieren wollten. Wenn die Sache gut läuft, kann sie sehr lukrativ sein, deshalb war auch ein finanzielles Motiv da. Man darf nur nicht vergessen, daß man dabei ebensogut sein letztes Hemd verlieren kann. In finanzieller Hinsicht ist es eine riskante Partie.«
    Fischer lockten vor allem die finanziellen Aussichten einer erfolgreichen Expedition, da er schon seit einiger Zeit erwog, sein Leben zu ändern. Karen Dickinson sagte: »Im Jahr zuvor war er vierzig geworden. Sein Unternehmen war endlich dort, wo er es haben wollte. Er hatte den K2 (8611 m) und den Everest bestiegen; er hatte sich als erfolgreicher Bergführer etabliert. Er sprach davon, daß er selbst den Everest-Gipfel vielleicht nicht mehr besteigen würde, daß er aber Leute dafür anheuern würde.«
    Der nur oberflächlich skizzierte Plan war über ein paar zwanglose Gespräche zwischen Fischer und Dickinson noch nicht hinausgekommen, doch Leute, die Fischer gut kannten, behaupteten, er habe ernsthaft über eine Veränderung nachgedacht. Sein persönliches Leben, seine Rolle in der Firma, sein Ansehen in der Öffentlichkeit, alles forderte eine Midlife-Bestandsaufnahme bei ihm geradezu heraus.
    Fischer hatte seit Anfang der achtziger Jahre am Aufbau von Mountain Madness gearbeitet, ohne daß ihm das Unternehmen ein anständiges und regelmäßiges Einkommen geboten hätte. Bergsteigen war seine Leidenschaft, und sein Beruf hatte es ihm ermöglicht, ihr zu frönen, aber er war nie in die Schlagzeilen geraten, hatte nie einen großen Auftritt gehabt. Ein kommerzieller Erfolg am Everest würde dieses Bild schlagartig verändern, wie er sehr wohl wußte. Gelang es ihm, genügend Kunden aufzutreiben, die bereit waren, 65000 Dollar (das war Halls Preis) zu berappen, und schaffte er es, ein ansprechendes Angebot an Hochgebirgsexpeditionen zusammenzustellen, konnte er damit viele Probleme lösen und sich manche Veränderung leisten.
    Ein Grund, diese Richtung einzuschlagen, war auch mangelnde internationale Anerkennung. Sein Ruf konnte sich nicht mit dem einiger anderer Höhenbergsteiger messen, die Titelblätter und Innenseiten von Bergsteigerzeitschriften und Ausrüstungskatalogen zierten. Mit zunehmendem Erfolg als Expeditionsleiter war seine eigene Bergsteigerkarriere ins Hintertreffen geraten. In ihm wuchs das Gefühl, »daß er nicht das gebührende Medienecho hatte, daß die Presse ihn nicht anständig behandelte, daß man ihn nicht respektierte; sein Name
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