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Der Geschmack von Sommerregen (German Edition)

Der Geschmack von Sommerregen (German Edition)

Titel: Der Geschmack von Sommerregen (German Edition)
Autoren: Julie Leuze
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zur Haustür. Klingele. Knete meine Hände. Höre Mattis’ Schritte, drinnen im Haus, sehne mich nach ihm und würde gleichzeitig am liebsten wegrennen, ganz weit weg.
    Quatsch, wegrennen!, schimpfe ich in Gedanken. Kopfüber rein ins Abenteuer, das ist die richtige Strategie! Zumindest heute. Für das, was wir vorhaben. Augen zu und …
    »Hallo, Sophie«, sagt Mattis sanft.
    Ich schaue ihn an, merke erst jetzt, dass ich den Atem angehalten habe. Ich schmiege mich in Mattis’ Arme, versinke in seinem Kuss, und die stumpfen Farben von Furcht und Unsicherheit fallen von mir ab. Und als Mattis mir zuraunt, wie sehr er sich auf mich gefreut habe, verstehe ich meine panischen Gedanken selbst nicht mehr. Es ist Mattis , mit dem ich schlafen werde! Kein Fremder. Keiner, der mich im hellen Tageslicht beurteilen wird wie ein Stück Fleisch. Keiner, der es mir übelnehmen wird, wenn ich etwas falsch mache. Wir werden keinen Hochleistungs-Sex absolvieren und keinen durchchoreografierten Porno nachspielen.
    Mattis und ich werden uns lieben.
    Er greift nach meiner Hand und zieht mich ins Haus, und ich folge ihm, frage mich, ob es wohl sofort losgeht. Gehört miteinander reden eigentlich auch zum Vorspiel?
    »Hast du Hunger?«, fragt Mattis und lotst mich in Richtung Hintertür. »Ich habe einen Kirschkuchen gebacken, aber ich kann dir nicht versprechen, dass er genießbar ist.« Er grinst und streicht sich eine schwarzbraune Strähne aus der Stirn. »War mein erster Versuch.«
    Kirschkuchen?
    Dieses Vorspiel gefällt mir.

Achtunddreißig
    In der grünen Laube im Garten, unter den schützenden Zweigen, ist schon alles vorbereitet.
    Ich setze mich auf eine große Baumwolldecke, auf der weiße und rosenrote Kissen verteilt sind. Im Gras zwischen den Elfen-Akeleien wartet der Kirschkuchen auf uns. Er ist ein bisschen dunkel geworden, sieht aber trotzdem lecker aus.
    Okay.
    Essen wir den Kuchen zuerst oder … danach?
    Mattis setzt sich neben mich und lächelt mich an. Er scheint mein Lampenfieber zu spüren, denn er macht keinerlei Anstalten, mich zu verführen. Stattdessen kümmert er sich um den Kuchen, schneidet zwei Stücke ab. Schiebt mir mit Daumen und Zeigefinger eine gezuckerte, von Teig umhüllte Kirsche in den Mund.
    Während ich kaue, erkundigt er sich überraschend: »Und, hat deine Mutter mit den alten Briefen angefangen?«
    »Hat sie.« Ich schlucke die Kirsche runter, lecke mir ein Körnchen Zucker aus dem Mundwinkel. »Sie hat zwar nur einen einzigen Brief geschafft, dann hat sie wieder geweint. Aber sie hat die Kiste danach nicht weggeräumt. Die Briefe liegen jetzt offen im Arbeitszimmer rum.«
    »Das ist doch ein guter Anfang«, sagt Mattis optimistisch. »Ihr kriegt das hin, da bin ich sicher. Ihr zusammen, als Familie.«
    Ich rutsche näher an Mattis heran, nasche von meinem Kuchenstück, das auf einer Serviette im Gras liegt. Mattis legt die Arme um meine Taille, und wir lassen uns auf die Decke fallen. Ich liege halb auf ihm, schaue in seine dunklen Augen. Die Gedanken an meine Familie treiben fort.
    »Es wäre echt Zeit, dass ich sie besser kennenlerne«, sagt Mattis. »Deine Eltern, meine ich.«
    »Mhm«, mache ich vage. Ich will Mattis küssen, sein Mund ist so einladend.
    »Soll ich morgen zu euch kommen?«
    »Klar. Komm zum Mittagessen.« Komm meinetwegen, aber jetzt lass dich küssen!
    Doch Mattis scheint nicht in Kuss-Stimmung zu sein. Mattis ist in Plauderlaune.
    »Was hast du eigentlich mit Frau Schöller besprochen?«, fragt er unverdrossen weiter. »Ich hab gesehen, wie du mit ihr im Lehrerzimmer verschwunden bist.«
    Du liebe Güte, was ist hier eigentlich los? Warum redet er von Frau Schöller?!
    Ich seufze und setze mich wieder auf. Mattis bleibt liegen.
    »Frau Schöller wird eine Ausstellung für mich organisieren«, rücke ich ein wenig missmutig mit meiner Neuigkeit heraus. »Lena meinte, ich solle ihr von den Fotos erzählen, die du und ich verändert haben. Das sei spannend für Menschen, die nichts von Synästhesie wüssten.«
    »Das ist ja eine tolle Idee! Und ganz schön mutig von dir. Die Fotos mit deinen inneren Farben vor der ganzen Schule auszustellen – Mann, Sophie, ich bin echt stolz auf dich.« Mattis lächelt zu mir hoch.
    »In zwei Wochen geht’s schon los«, sage ich versöhnt, denn dass Mattis stolz auf mich ist, gefällt mir natürlich.
    »Lade doch deine Oma zur Ausstellungseröffnung ein«, schlägt er vor. »Meinst du, deine Mutter packt es schon, sie
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