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Der Geschmack von Glück (German Edition)

Der Geschmack von Glück (German Edition)

Titel: Der Geschmack von Glück (German Edition)
Autoren: Jennifer E. Smith
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knatterten zwei weitere Raketen los und sprühten unterschiedliche Farben. »Es wäre schön, wenn ihr beide hier wärt«, sagte Graham, aber schon das gedämpfte Geräusch ihres Atems war ein Trost. Er sah den Raketen zu, jede sah anders aus, aber jede war zugleich ein Echo all jener, die er früher gesehen hatte, zusammen mit seinen Eltern. Graham räusperte sich. »Die letzten Tage waren –«
    »Wir wissen es schon«, sagte seine Mutter. »Wir haben es vorhin schon versucht, als wir die Zeitungen gesehen hatten.«
    »Tut mir leid«, sagte Graham. »Ich wollte –«
    »Diese Typen sind Geier.« In diesem Ton sprach Dad sonst über Republikaner oder gegnerische Baseballteams. »Die haben es nicht anders verdient.«
    »Danke«, sagte Graham. »Aber ich habe trotzdem ein ziemlich schlechtes Gewissen.«
    »Du arbeitest zu viel«, sagte Mom. »Diese ganzen Außenaufnahmen, und wenn ihr zurückkommt, müsst ihr auch noch im Studio drehen, und dann kommt die Promotion-Tournee …«
    Graham lachte. »Woher weißt du denn das alles?«
    »Wir haben Variety abonniert.« In ihrer Stimme schwang Stolz mit. »Und Hollywood Reporter .«
    »Ehrlich?« Graham versuchte vergeblich, sich seine Mutter vorzustellen, wie sie den neusten Filmklatsch las.
    »Natürlich«, sagte sie, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. »Wir wollen doch wissen, was du so treibst.«
    »Und es ist ohnehin interessant, was so im Reich des kolorierten Zelluloids passiert«, scherzte Dad, und Graham musste lachen.
    »Wir nennen es eigentlich bloß Film.«
    »Dann eben kolorierter Film«, sagte Dad. »Dein Name wird in letzter Zeit in Zusammenhang mit vielen interessanten Rollen erwähnt …«
    »Glaub kein Wort davon«, sagte Graham. »Ich habe noch nicht entschieden, was ich als Nächstes mache.«
    »Ich glaube, du wärst in jedem Film gut«, sagte Mom. »Weißt du noch, wie toll er in Guys and Dolls war?« Die Frage war an seinen Vater gerichtet, der zustimmend grunzte. »Wir sind so stolz auf dich.«
    Graham schluckte heftig. »Danke, Mom.«
    »Wann genau kommst du zurück?«
    »Übermorgen«, sagte er mit Blick zum Himmel. »Ist echt schnell vorbeigegangen.«
    »War es denn sonst gut?«
    Er nickte, obwohl er wusste, sie konnten ihn nicht sehen. Doch zu seiner Überraschung schnürte ihm der Gedanke an seine Abreise die Kehle zu, und er musste heftig blinzeln. »Ja«, sagte er. »Es war richtig gut.«
    »Ich habe für heute Limettenkuchen gemacht«, sagte seine Mutter. »Ich hebe dir ein Stück auf, dann musst du vorbeikommen, wenn du wieder hier bist.«
    »Okay«, sagte er. »Werde ich.«
    »Hört sich an, als könntest du mal eine Pause gebrauchen«, sagte Dad. »Wir sollten am Wochenende was unternehmen. Musst du Sonntag arbeiten? Vielleicht bowlen oder ein paar Bälle schlagen …«
    Eine Rakete explodierte sternförmig, und das Muster war noch lange nach dem Verlöschen zu sehen wie ein Abdruck auf dem Himmel.
    »Oder angeln«, sagte Graham, und Dad lachte leise.
    »Das ist aber schon eine ganze Weile her«, sagte er. »Letztes Mal hatten wir nicht viel Glück.«
    »Hatten wir wohl«, sagte Graham und spürte ein Kribbeln im Nacken. Er drehte sich halb um, und als die schattenhaften Gestalten auf der nächsten Decke schärfer wurden, erkannte er erstaunt Ellie. »Wir haben jede Menge gefangen, weißt du nicht mehr?«
    Neben Ellie redete ihre Mutter und gestikulierte ausladend. Grahams Vater redete an seinem Ohr weiter, erinnerte sich an ihren Angelausflug, während am Himmel Raketen explodierten und die Kapelle sie zu übertönen versuchte.
    Graham aber beobachtete immer noch Ellie, und es kam ihm vor, als habe sich eine große Ruhe zwischen sie gesenkt, als sei nichts und niemand sonst mehr da.
    »Wir wollten gerade aufgeben«, sagte sein Vater. »Wir haben nicht einen einzigen Fisch gefangen, bis zum letzten Tag.«
    Graham lächelte. »Aber das«, sagte er, den Blick immer noch auf Ellie gerichtet, »ist der einzige, der zählt.«

  
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Von:            [email protected]
Gesendet:   Freitag, 5. Juli 2013 8:18
An:              [email protected]
Betreff:       Wiederholung
Versuchen wir es noch mal …
Möchtest du heute Abend mit mir im
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fünfundzwanzig
    Als sie eintraf, wartete er schon unter dem Holzschild. Der Abend war für Anfang Juli unerwartet kühl geworden, und er trug sein langärmliges Hemd und eine Cargohose; sein Haar war feucht vom Duschen. Er hatte sie
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