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Der Geschmack der Liebe

Der Geschmack der Liebe

Titel: Der Geschmack der Liebe
Autoren: Mia König
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sich Maximilian unter ihren Blicken wie ein unerfahrener Jungspund. Egal wie viele Jahre er diese Firma nun schon ganz im Sinne ihrer Werte führte. Kopfschüttelnd setzte er sich hinter seinen Schreibtisch und schaltete den Computer an. Dann fiel sein Blick auf die gerahmten Fotografien, die seinen Schreibtisch zierten. Eleonore und Wilhelm, seine Eltern, lächelten ihm vertrauensvoll zu. Nach dem Tod seines Vaters hatte sich seine Mutter weitgehend aus dem Geschäft zurückgezogen.
    „Du machst das schon“, hatte sie ihm damals erklärt. „Ich vertraue dir, dass du das Vermächtnis deines Vaters weiterführst. Und meins“, hatte sie dann noch mit einem seltsamen Lächeln hinzugefügt.
    Eine weitere Fotografie, die in einem geschwungenen Silberrahmen danebenstand, mochte Maximilian besonders. Darauf strahlte ihm seine Frau Christine entgegen, ihren gemeinsamen Sohn Daniel an der Hand haltend, der sich ängstlich an das Bein seiner Mutter schmiegte. In letzter Zeit war Maximilian dazu übergegangen, das Bild in einer Schublade verschwinden zu lassen, wenn er einen Termin mit Daniel hatte. Daniel beschwerte sich nämlich, niemand hier würde ihn ernst nehmen, solange sein Vater ihn selbst noch als Kind sehe.
    Maximilian verriet ihm nicht, dass er die Fotografie nicht wegen seines Sohnes behielt, sondern weil sie für eine sehr spezielle Zeit in seinem Leben stand. Für eine Entscheidung, die er nie bereuen würde. Christine hatte sich kaum verändert in den letzten Jahren. Jedenfalls nicht in seinen Augen. Sie war noch immer seine große Liebe. Die Frau, mit der er alt werden wollte.
    Ein Blinken auf dem Monitor lenkte ihn ab. Es klickte die Erinnerungsfunktion auf: „Hansen Kaffee feiert 150 Jahre auf der Rickmer Rickmers – noch 36 Stunden“, stand dort. Maximilian ließ sich in den Stuhl zurücksinken. Alles war organisiert, und trotzdem hatte er das beunruhigende Gefühl, etwas vergessen zu haben. Seufzend griff er in die unterste Schublade. Dort, wo andere Männer seines Alters die Whiskyflaschen versteckt hielten, hatte Maximilian Weißdorndragees gebunkert. Eigentlich war er durch und durch gesund, nur das Herz stolperte hin und wieder. Was, wie sein langjähriger Arzt und Freund Dr. Knebelkamp erst vor zwei Wochen bei Maximilians halbjährlichem Check versichert hatte, kein Grund zur Sorge war.
    „Du bist stark wie ein Ochse, Max – es spricht nichts dagegen, dass du 130 wirst!“ Und das war auch gut so, denn Maximilian hatte noch viel vor! Zum Beispiel seine Frau mal wieder mit einem schönen, ausgedehnten Wellnessurlaub zu überraschen. Maximilian verschluckte sich fast an der Kapsel! Genau, das war es gewesen! Er griff nach dem Telefonhörer, und nur wenige Minuten später sprang sein Faxgerät an: die Reservierungsbestätigung für das Hotel Christensen auf Sylt.
    Die würde er Christine morgen überreichen auf der großen Feier. Es war wieder mal an der Zeit, ein ordentliches Fest zu geben, ein Zeichen zu setzen. Deswegen hatte Maximilian neben seinen Angestellten und zahlreichen Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik auch die Konkurrenz geladen. Claus von Heidenthal und er waren alte Studienkollegen. Nur schade, dass Hansens neuer Werbechef seinen Dienst noch nicht angetreten hatte. Denn erstens hätte Maximilian wirklich gerne Valerie von Heidenthals Gesicht bei der Party gesehen, und zweitens könnte der ihm die aufdringliche Presse vom Hals halten. Bei Journalisten wusste man nie, welche unangenehmen Fragen sie stellten. Maximilian seufzte. Ausgerechnet unter seiner Führung hatte Hansen Kaffee das erste Mal seit Bestehen die Marktvorherrschaft abgeben müssen. Und dann auch noch an Comtess Coffee, die mit ihren aromatisierten Fast-Food-Mischungen einen rasanten Aufstieg hingelegt hatten. Natürlich könnte er schneller Gewinne erzielen, wenn er bei der Qualität des Produkts Abstriche machte. Aber das war eben nicht seine Art. Er hatte eine Tradition zu wahren, auf die er stolz war.
    Gedankenverloren nahm er eine der Schiffsminiaturen zur Hand, die neben den Fotografien auf seinem Schreibtisch standen. Das erste Hansen-Handelsschiff. Der Grundstock ihres Vermögens. Schon damals hatte sein Urgroßvater darauf bestanden, fair zu handeln und auch seine Angestellten ebenso gerecht zu behandeln wie die Arbeiter auf den Kaffeeplantagen. Das war nicht nur Tradition, das war Lebensart. Und die hatte auch Maximilian Hansen übernommen. Vielleicht sollte er seine Mutter um ihre Meinung bitten.
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