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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls
Autoren: Di Morrissey
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Hoteldirektor dazu, einen anständigen Wein zum Essen aufzutreiben. Sagen Sie ihm, er soll, wenn nötig, den britischen Hochkommissar unter Druck setzen. Noch so einen scheußlichen Rumpunsch ertrage ich nicht.«
    »Ein Land ohne Wein und Kartoffeln«, sinnierte Venti.
    »Aber mit Goldfröschen und Diamanten«, erwiderte Edwina lächelnd.
    Sir Gavin hatte das Interesse an der Natur verloren. »Ein vollmundiger Claret wäre ausgezeichnet. Würde helfen, das grauenvolle Essen herunterzubringen.«

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    Erstes Kapitel
    Sydney, Australien, März 1996
    E s war einer dieser verführerischen Herbsttage von Sydney. Die schier unerträgliche, lang andauernde Hitze des Sommers war einem Wetter gewichen, das besser auszuhalten war. Angenehm wie ein Paar bequeme Schuhe. Ein schöner, sonniger Tag mit einem leichten Nordostwind, der die Segelboote gemütlich, aber zielstrebig über das glitzernde Wasser des Hafens vor sich hertrieb. Das Dach des Opernhauses schimmerte strahlend weiß, und auf den Straßen blieben die Leute stehen und genossen den Augenblick, bevor sie in den Wolkenkratzern der Innenstadt verschwanden.
    Auch Matthew Wright blieb stehen und hob das Gesicht zum klaren, blauen Himmel. Der Tag entsprach seiner Stimmung – überschäumend –, während das hochaufragende Gebäude, das er gleich betreten würde, seine Karriere widerspiegelte. Matthew war ein aufstrebender junger Mann. Mit neunundzwanzig arbeitete er bereits als erfolgreicher Marketingchef einer australischen Management- und Beratungsgesellschaft für die Bergbauindustrie, was ihm Selbstvertrauen und ein sicheres Auftreten gab. Frauen fühlten sich von diesem stets zum Lächeln bereiten, gutgelaunten, bestens aussehenden Mann angezogen. Seine rasche Auffassungsgabe für die ständigen Neuerungen in seiner Branche, seine Anpassungsfähigkeit und Kreativität hatten seine Vorgesetzten auf ihn aufmerksam gemacht. Das war ein junger Mann, den man im Auge behalten musste. Egal, wohin ihn seine internationalen Reisen auch führten, man sah in ihm stets diese ganz besondere Sorte Australier mit dem offenen, ehrlichen, sonnengebräunten Gesicht, wenn ihn auch seine Schwester dauernd ermahnte, seine Haut vor den gefährlichen UV -Strahlen zu schützen. Er hatte haselnussbraune Augen, hellbraunes Haar und war als ehemaliger Wettkampf- und Rettungsschwimmer immer noch schlank und fit. Jetzt schwamm er eigentlich nur noch, um in Form zu bleiben. Er glättete seine Krawatte und rückte, ohne dass es nötig war, sein Jackett zurecht. Dann ging er mit federnden Schritten auf die Drehtür des Wolkenkratzers in der Nähe des Circular Quay zu, in dem das hiesige Büro der AusGeo Mining Consultants untergebracht war.
    Als er im 36. Stock aus dem Aufzug trat, erwiderte er das Lächeln des Mädchens an der Rezeption, das sich an einer hohen Vase mit Gladiolen zu schaffen machte. Hinter ihr hing ein großes Aborigine-Gemälde von Josephine Nugurri, einer schon älteren Künstlerin aus Utopia. Die Firma hatte eine Reihe von Aufträgen im Northern Territory durchgeführt. Das Gemälde aus der berühmten Künstlerkolonie in der Wüste war zu einer vielbeachteten Attraktion im Empfangsbereich geworden.
    Im Vorbeigehen klopfte Matthew leicht auf den Tisch. »Der Schrein der großen Stammesmütter, was? Nugurri und Dame Edna Everage. Wie schön, dass Gladiolen wieder als Symbole der Eleganz in Mode sind.« Er lächelte in sich hinein bei dem Gedanken an die von dem australischen Komiker Barry Humphries geschaffene Gestalt der »Durchschnittsfrau«, durch die die Gladiolen, die sie während ihrer Bühnenmonologe ins Publikum warf, zum Sinnbild der Matrone mittleren Alters geworden waren. Matthew ging weiter den Flur entlang, in dem gerahmte Farbfotos von Bauxit-, Kohlen-, Eisenerz- und Goldminen neben Aufnahmen von Schmelzöfen und anderen Verhüttungseinrichtungen an den Wänden hingen. AusGeo war an keinem der abgebildeten Unternehmen finanziell beteiligt. Die Fotos waren vielmehr ein beeindruckender Beweis für den Rekord der Gesellschaft, sich weltweit Beratungsverträge zu sichern und als Vermittler zu fungieren.
    Während des Wirtschaftsbooms der achtziger Jahre hatte sich AusGeo von einer kleinen Firma, die hauptsächlich in Australien tätig war, zu einem international anerkannten Unternehmen gemausert, das darauf spezialisiert war, Bergbauunternehmen zu sanieren, die durch raffgierige Investoren, unstabile Regierungen oder schlichte Unfähigkeit des Managements in
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