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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls
Autoren: Di Morrissey
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unfähig, nichtswürdig, würde es nie zu etwas bringen …«
    »Er hat nur versucht, sich stark und unbezwinglich zu fühlen, indem er dich erniedrigte. Madi, du hast einen guten Job, eine verantwortungsvolle Stellung … und das seit Jahren.«
    Sie unterbrachen das Gespräch, als die Kellnerin Madis Kaffee vor sie hinstellte und Matthew die Essensbestellung aufgab.
    »Du hast recht«, gab Madison zu. »Mein Job im Hotel war mein Rettungsanker. Marketing und Werbung können ganz schön harte Arbeit sein. Aber ohne das wäre ich verrückt geworden.«
    Genau wie ihr Bruder war sie eigentlich ein Erfolgstyp. Mit einem Abschluss in Betriebswirtschaft und Marketing von der Universität Sydney war sie ins Hotelgewerbe gegangen, hatte in einem neuen internationalen Hotel ganz unten angefangen und rasch eine natürliche Begabung für Verkaufsförderung und Werbung gezeigt. Sie hatte neue, zugkräftige Ideen, und ihr Tätigkeitsfeld hatte sich ausgeweitet, als man immer öfter ihre Meinung zu verschiedenen Aspekten der Werbung für das Hotel und seine Serviceleistungen wie auch zum Image der Hotelkette einholte.
    Sie war eine angesehene Führungskraft und kleidete sich entsprechend – zum Teil in Kostüme mit kurzen Röcken, zum Teil in gut geschnittene Hosenanzüge. Heute sah sie ganz anders aus, trug einen kurzen weißen Rock und ein blau-weiß gestreiftes, ärmelloses T-Shirt.
    Matthew legte seine Hand auf die ihre. »Das Hotel muss dich doch schätzen, und es gehört zu einer internationalen Kette. Geh zum Direktor und bitte ihn um eine Versetzung aus persönlichen Gründen. Wissen die von deiner Scheidung?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe stets darauf geachtet, dass meine Arbeit nicht darunter leidet. Es war ja nicht so, dass er mich verprügelt hat. Ich hatte das Gefühl, ich würde ein Versagen eingestehen, das mich in ihren Augen herabsetzen würde.«
    »O Madi, ich wünschte, du wärst in dieser Zeit offener gewesen. Ich glaube nicht, dass ich wirklich eine Ahnung davon hatte, wie schwer es für dich war. Er hat dich emotional ganz schön verprügelt.«
    »Mag sein, aber jetzt ist es vorbei. Und du warst mir, bist mir immer noch, eine so große Hilfe.« Ihr Gesicht erhellte sich, und ihr Lächeln wurde entspannter.
    »Du wirst also tun, was ich dir vorgeschlagen habe?«
    »Ich überleg's mir. Das wäre ein ziemlich großer Schritt. Um die Wahrheit zu sagen, am liebsten würde ich Urlaub machen … weitab von den großen Hotels. Die erinnern mich zu sehr an meine Arbeit.«
    »Willst du hören, was es bei mir Neues gibt?« Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
    »Eine neue Freundin?«
    »Nee. Ich gehe wieder ins Ausland.«
    »O Matt!« Madi konnte ihre Enttäuschung nicht verhehlen. Sie war so abhängig geworden von Matthews brüderlicher Unterstützung und auch von seiner Gesellschaft. »Ich bin am Boden zerstört. Wann? Wohin?«
    »Guyana.« Er lachte über ihren verwirrten Gesichtsausdruck. »Lehn dich zurück und lass dir von mir was über das Land erzählen. Ich bin zum Experten geworden – seit gestern. Junge, das ist vielleicht eine Geschichte!«
    »Fang damit an, wo es liegt.«
    »Südamerika, aber die Bevölkerung ist eher karibisch-westindisch. Es gibt eine Menge afrikanische Einflüsse durch die Sklaven, die zur Arbeit auf den Zuckerrohrplantagen dorthin gebracht wurden. Das Land war im Besitz der Holländer, der Engländer, der Franzosen, dann hat England es zurückgefordert und es wurde zu Britisch Guiana und ist jetzt Guyana. 1966 wurde es eine unabhängige Republik. Die Hauptstadt heißt Georgetown, hat ungefähr achthunderttausend Einwohner, aber es gibt sechs verschiedene ethnische Gruppen, und sie alle trinken Rum.«
    »Aus dem Zuckerrohr … was gibt es da sonst noch?«
    »Nicht viel, so wie es aussieht. Der Urwald im Inneren muss atemberaubend sein, aber das Land ist nie entwickelt worden. Es hat dreißig Jahre lang unter der Herrschaft von Forbes Burnham, dem sozialistischen Premierminister und späteren Präsidenten, vor sich hin gedämmert. Er hat seine eigene Partei gegründet und sich westlichen Regierungen angebiedert, die befürchteten, Guyana könne kommunistisch werden und sich zu einem kubanischen Satellitenstaat wandeln. Also bekam er amerikanische Unterstützung, hat prompt die Wahlen manipuliert, ist Diktator geworden und hat das Land in den finanziellen Ruin getrieben und in Verruf gebracht. Er starb 1985 – und glaub mir, das allein ist schon eine sagenhafte
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