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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes
Autoren: Christoph Lode
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gab es nichts zu überlegen, Raoul. Ich habe diese Entscheidung schon vor vielen Wochen getroffen. Ich wollte es nur nicht wahrhaben.«

    »Ich gehe zurück nach Bazerat. Dort regnet es ständig, und im Winter ist es kalt. Du kannst dort nicht leben.«
    »Willst du dort leben?«, fragte sie.
    Raoul hatte sich diese Frage nicht mehr gestellt, seit er vor Monaten nach Rom aufgebrochen war. Doch als Jada es jetzt tat, wusste er die Antwort sofort. Er sehnte sich nach seinem Bruder und dem vertrauten Anwesen inmitten der Wiesen, Hügel und Wälder, doch ihm wurde klar, dass er nicht für immer dort bleiben würde. Er konnte sein altes Leben nicht wieder aufnehmen. Zu viel war geschehen.
    »Nein.« Er musste lächeln. »Jacques wird mich umbringen, wenn er das hört.«
    »Stell mich ihm vor. Es wird ihn besänftigen, dass du endlich eine Frau gefunden hast, die dir überlegen ist.«
    »Du mir überlegen? Ein guter Scherz, wirklich. Weiter so. Ich weiß es zu schätzen, wenn mich eine Frau zum Lachen bringt.«
    Sie legte ihm die Hände auf die Wangen. »Soll ich es dir beweisen, schwächlicher Mensch?«
    »Ich gebe mich geschlagen. Gewährt mir die Prinzessin der Djinn Gnade?«
    »Ein letztes Mal, Unwürdiger.«
    Raoul nahm ihre Hände in seine. »Also gut, wir besuchen meinen Bruder. Und dann? Wohin gehen wir dann?«
    »Rom, Jerusalem, Kleinasien - wo hat es dir gefallen?«
    »Lass mich nachdenken … Trapezunt. Ja, dort könnte ich mich wohlfühlen.«
    »Zu viel Wasser«, gab Jada zu bedenken. »Und zu viele Mongolen.«
    »Die Mongolen, Allmächtiger, wie konnte ich sie vergessen? … Konstantinopel?«, schlug er vor.
    »Einverstanden. Aber im Hinterland, wo man das Meer nicht sieht.«
    »Also Konstantinopel.« Raoul ging zu ihrem Araber, dessen
Zügel noch am Sattel seines Pferdes befestigt waren. Als er bemerkte, dass Jada nicht zu ihm kam, drehte er sich zu ihr um. »Worauf wartest du?«
    Sie bewegte sich nicht von der Stelle. »Du musst mir etwas versprechen.«
    Er ließ den Zügel los. »Was denn?«
    Ihre Augen hatten sich verdunkelt. Er kannte diesen Blick: Eine alte Erinnerung suchte sie heim. Es fiel ihm nicht schwer zu erraten, welche. »Falls wir getrennt werden, lass nicht zu, dass es ohne Abschied geschieht«, sagte sie. »Ich will dich nicht suchen müssen wie Antonius. Versprich mir das, Raoul.«
    Versprich mir das, Raoul. Wie oft hatte er diese Bitte aus dem Mund einer Frau gehört, und wie oft hatte er leichtfertig ja gesagt, obwohl er schon im selben Augenblick wusste, dass er sein Wort nicht halten würde. Diesmal nicht, dachte er.
    Diesmal nicht.
    Er nickte. »Ich lasse dich nicht allein, Jada. Niemals.«
    Sie blickte ihn lange an, und schließlich sagte sie: »Bis zu deiner Heimat ist es ein langer Weg.«
    Sie stiegen auf die Pferde und ritten zurück in Richtung Nil.

HISTORISCHE ANMERKUNGEN
    I ch habe mich bemüht, historische Persönlichkeiten und Ereignisse möglichst faktengetreu darzustellen. Hin und wieder habe ich mir jedoch erlaubt, die Wahrheit aus Gründen der Dramaturgie oder Atmosphäre auszuschmücken:
    Oberlothringen war im Jahre 1303 nach Christus Teil des Heiligen Römischen Reichs. Raouls Heimat und Herkunftsort, das Landgut Bazerat, ist frei erfunden.
    König Philipp IV., genannt der Schöne, regierte Frankreich von 1285 bis 1314 und wurde berühmt durch die Zerschlagung des Ritterordens der Templer 1307. Der politische Konflikt zwischen ihm und Papst Bonifatius VIII. hat in der geschilderten Weise stattgefunden. Dass Bonifatius im Auftrag Philipps ermordet wurde, ist nicht bewiesen, doch vieles spricht dafür.
    Bonifatius VIII. war berüchtigt für seine Machtgier, seine Rücksichtslosigkeit gegenüber politischen Gegnern, seinen ungezügelten Hedonismus und sein Interesse an schwarzer Magie. Seine Bemerkung am Ende von Kapitel 8 ist in ähnlicher Form historisch belegt.
    Die Religionsgemeinschaft der Katharer ist im Süden Frankreichs entstanden und hat sich vom 11. bis 14. Jahrhundert nach Spanien, Italien, Deutschland und auf den Balkan ausgebreitet. Nahezu überall und zu jeder Zeit wurden sie von Adel und Kirche verfolgt. Die großangelegte Militäraktion gegen die Katharer des Jahres 1303, wie in Kapitel 2 geschildert, ist allerdings meine Erfindung.
    Fiktiv sind auch die bürgerkriegsähnlichen Aufstände in Armenien, zumindest jene des Jahres 1303. Unter der mongolischen
Herrschaft hat es jedoch immer wieder Unruhen unter den Armeniern gegeben. Da das mongolische Bündnis
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