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Der Geruch von Blut Thriller

Titel: Der Geruch von Blut Thriller
Autoren: Tom Piccirilli
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glaub mir.«
    »Das tue ich durchaus.«
    »Ich weiß.«

    Judith gibt ein glucksendes Lachen von sich und versucht, originell dabei zu klingen. Was sie eigentlich will, ist, sich mit Murphy zusammen abzuschießen und die Sau rauszulassen. Finn hofft, dass sie ihre Unsicherheit lange genug überwindet, damit es dazu kommt. Er muss sich zwingen, an etwas anderes zu denken, sonst sieht er seine Mutter in Murphys Wohnung Dinge tun, die nicht unbedingt mütterlich sind. Bei dem Gedanken wird ihm ganz anders.
    Sie geht um ihn herum und schaut ihn von der Seite an. Er spürt ihren Atem. Die Haut auf seiner Wange zieht sich zusammen. Der Bügel seiner Sonnenbrille kühlt um ein paar Grad ab.
    Obwohl keine Menschenseele auf dem Flur ist, schließt sie die Tür. Darauf hat er gewartet. Sie macht die Tür nur zu, wenn sie über Privates reden. Das einzig Private, das es noch zu besprechen gibt, ist Vi. Er dachte eigentlich, er wollte nicht über Vi sprechen, aber wahrscheinlich will er es doch. Sonst wäre er kaum zu Judith ins Büro gekommen.
    »Erzähl mir von Violet Treato«, sagt sie.
    »Alles wie gehabt.«
    »Nämlich?«
    »Sie geht mir möglichst aus dem Weg.«
    Das wird Judith nicht genug sein. Sie will es ausführlicher, und sie bohrt gern nach. Sie schüttelt missbilligend den Kopf und klopft mit ihren langen Fingernägeln auf den Schreibtisch. Das ist nicht alles gespielt. Sie riecht nach Angstschweiß. Die Schule hat nur 250 Schülerinnen, und die finanzielle Situation für kleine Privatschulen wird immer schlechter. Es gibt einen Haufen Dinge, um die sie sich kümmern muss, und jetzt das.

    »Das ist eine prekäre Situation.«
    »Ja«, gibt er zu.
    Es hat keinen Sinn, sich zu streiten. Er wird wieder in den sauren Apfel beißen müssen, und es ist alles seine eigene Schuld. Trotzdem muss er sich zwingen, über die Verfahrenheit der Situation nicht den Kopf zu schütteln. Seine Faust schließt sich um den Gehstock, drückt langsam zu, bis kurz vor dem Punkt, an dem er bricht. Er muss sich ständig auf Trab halten und nebenher diese kleinen Spielchen spielen, um sich daran zu erinnern, dass er noch existiert.
    »Ich überdramatisiere das nicht, Finn.«
    »Ich weiß. Ich habe getan, was ich konnte.«
    »Ich mache mir Sorgen.«
    »Das weiß ich auch, Judith. Ich habe dir meine Kündigung angeboten.«
    »Ich will nicht, dass du kündigst.«
    »Noch nicht.«
    »Ja, stimmt.«
    Darauf kommt es immer wieder zurück. Er kann nichts anderes tun, als sich zu wiederholen. »Na gut, wenn du sie brauchst, bekommst du sie.«
    »Spiel nicht den Märtyrer, du Trottel. Du weißt, wessen Schuld das ist.«
    »Ich spiele gar nichts, und ja, das weiß ich.« Das steht für ein paar Sekunden so im Raum, an eine Erwartung gekoppelt. Er erfüllt sie. »Es sieht also nicht so aus, als würde sie wegfahren, sehe ich das richtig?«
    »Nein. Ihre Eltern verbringen den Winter am Mittelmeer.«
    Auf jeden hart arbeitenden, Überstunden schiebenden Vater kommt ein blaublütiger Geldsack, der sein Kind
nach St. Val’s schickt, denkt Finn und sagt: »Wie schön für sie.«
    »Ich hätte gedacht, der Ruf der Ägäis wäre zu verlockend, um zu widerstehen.«
    Eine gute Vorlage für eine böse Bemerkung. Offensichtlich ist sie noch nicht fertig mit ihm. Finn macht sich in seinem Sessel bereit. Wahrscheinlich kommt jetzt so etwas wie Aber vermutlich bist du die größere Verlockung . Das Herz eines jungen Mädchens will, was es will. Und ihr Körper auch. Finn fühlt sich schuldig, weil er sich nicht so schuldig fühlt, wie er sollte.
    Judith sagt: »Ich will, dass du bei dem Mädchen vorsichtig bist.«
    »Das bin ich.«
    »Einen weiteren Fehltritt können wir uns nicht erlauben.«
    Was zum Teufel soll er dazu sagen? Er versucht, nicht den Kopf zu senken, und kann doch nicht dagegen an. Sein Kinn neigt sich zur Brust wie bei einem Hund, der eine Tracht Prügel erwartet. Um es zu kaschieren, nickt er. »Ich weiß.«
    »Ihre Noten haben sich im Laufe des Semesters beständig verbessert.«
    »Das freut mich zu hören.«
    »In Englisch war sie natürlich immer schon hervorragend.«
    »Ja.«
    »Sie versucht, dir zu imponieren. Sie hofft, die Frau zu sein, die du willst. Gebildet. Kultiviert.«
    »Das ist mir bewusst.«
    »Finn …«
    »Ich weiß.«

    »Einen Scheißdreck weißt du.«
    Das Gespräch ähnelt dem von letzter Woche. Judith will wissen, was in ihm vorgeht, sie will sehen, ob ihn plötzlich Schuldgefühle überkommen und er womöglich noch weitere
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