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Der Genesis-Plan SIGMA Force

Der Genesis-Plan SIGMA Force

Titel: Der Genesis-Plan SIGMA Force
Autoren: James Rollins
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das Wetter hier in Minutenschnelle ändern. Sie war am Meer aufgewachsen, an der Catalina-Küste. Josh ebenfalls. Dort lernte man, auch dann misstrauisch zu sein, wenn keine Wolken zu sehen waren. Josh war für die Wettervorzeichen vielleicht weniger empfänglich als die Sherpas, doch er hatte Respekt vor ihrem Urteil.
    Lisa blickte zu der Schneefahne hoch, die vom Gipfel des Everest wehte. Verantwortlich dafür war der Jetstream, der mit über dreihundert Stundenkilometern über den Gipfel fegte. Die Fahne war unglaublich ausgedehnt. Obwohl der Sturm sich gelegt hatte, spielte der Luftdruck immer noch verrückt. Der Jetstream konnte den Sturm jederzeit wieder beleben.
    »Wir könnten wenigstens bis zum Lager Nummer eins aufsteigen«, hakte Boston Bob nach. »Dort biwakieren und abwarten, wie das Wetter wird.«
    Die Stimme des Sportartikelmanagers hatte einen quengelnden Unterton angenommen. Sein Gesicht hatte sich gerötet.
    Lisa konnte nicht mehr nachvollziehen, was sie an dem Mann einmal gereizt hatte.
    Bevor ihr Bruder dem Flegel antworten konnte, wurden sie alle von einem sonderbaren Geräusch abgelenkt. Von einem Wopp-wopp-wopp wie von Trommeln. Alle Blicke richteten sich nach Osten. Vor der gleißend hellen Sonne tauchte ein schwarzer Helikopter auf. Ein hornissenförmiger B-2 Squirrel A-Star Ecuriel. Der Rettungshubschrauber war für diese Höhe gebaut.
    Schweigen senkte sich auf die Gruppe der Bergsteiger herab.
    Vor einer Woche, kurz bevor der Sturm begonnen hatte, war eine Gruppe an der nepalesischen Seite aufgestiegen. Über Funk hatten sie erfahren, dass sie in Lager zwei biwakierte. In sechseinhalbtausend Metern Höhe.
    Lisa beschattete die Augen mit der Hand. Hatte sich ein Unglück ereignet?
    Sie kannte die Klinik der Himalaya Rescue Association in Pheriche. Dort wurden alle Krankheiten und Verletzungen behandelt, die von den Berghängen vor die Schwelle des Krankenhauses rollten: Knochenbrüche, Lungenemphyseme und Ödeme, Erfrierungen, Herzbeschwerden, Durchfall, Schneeblindheit und alle möglichen Infektionen, darunter auch Geschlechtskrankheiten. Offenbar waren selbst Chlamydien und Gonokokken entschlossen, den Everest zu besteigen.
    Aber was war heute passiert? Sie hatten keinen Notruf empfangen. Aufgrund der dünnen Luft konnte der Helikopter nur geringfügig höher steigen als bis zum Basislager. Das bedeutete, dass Verletzte zunächst aus großer Höhe heruntergeschleppt werden mussten. Oberhalb von siebeneinhalbtausend Metern ließ man die Toten einfach liegen. Im Laufe der Zeit hatten sich die höchsten Hänge des Everest daher in ein Eisgrab voller Ausrüstungsteile, leerer Sauerstoffflaschen und mumifizierter Leichen verwandelt.
    Das Rotorengeräusch veränderte sich.
    »Sie kommen hierher«, sagte Josh und scheuchte alle zu den sturmfesten Zelten zurück, damit der Helikopter auf der kleinen Freifläche landen konnte.
    Der schwarze Hubschrauber senkte sich auf sie herab. Die Rotoren wirbelten Sand und Felssplitter auf. Eine Schokoriegelverpackung flog an Lisas Nase vorbei. Die Gebetsfahnen tanzten und zerrten an den Stangen, die Yaks rannten weg. Nach der tagelangen Stille war der Lärm ohrenbetäubend.
    Die Kufen des großen B-2 setzten anmutig auf. Die Türen schwenkten auf. Zwei Männer stiegen aus. Der eine trug eine grüne Tarnuniform und hatte eine Automatikwaffe geschultert, ein Soldat der königlichen nepalesischen Armee. Der andere Mann war größer, trug ein orangerotes Gewand und einen Mantel mit Schärpe, sein Kopf war kahl rasiert. Ein buddhistischer Mönch.
    Die beiden kamen näher und sprachen kurz in einem nepalesischen Dialekt mit zwei Sherpas. Es wurde gestikuliert, dann hob der eine Sherpa den Arm.
    Er zeigte auf Lisa.
    Der Mönch ging voran, der Soldat folgte ihm. Den Fältchen in den Augenwinkeln nach zu schließen war der Mönch Mitte vierzig. Seine Haut hatte die Farbe von Milchkaffee, seine Augen waren dunkelbraun.
    Die Hautfarbe des Soldaten war dunkler, die Augen hatte er zusammengekniffen. Er fixierte Lisa in Brusthöhe. Sie hatte den Reißverschluss der Jacke geöffnet, und ihm war offenbar der Sport- BH aufgefallen, den sie unter der Fleeceweste trug.
    Der buddhistische Mönch hingegen sah ihr respektvoll entgegen, auch dann noch, als er den Kopf zur Begrüßung neigte. Er sprach ein akkurates Englisch mit britischem Akzent. »Doktor Cummings, bitte entschuldigen Sie die Störung, aber es liegt ein Notfall vor. Von der HRA -Klinik habe ich erfahren, dass Sie
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