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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition)
Autoren: Hera Lind
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schnell geistesgegenwärtig die Kerzen, die Oda-Gesine vergessen hatte. Meine Güte, dachte ich, das ganze alte, trockene Holz hier. Wie das brennen würde! Und die Geldscheine dazu. Wär doch schade drum.
    Leichtfüßig tippelte ich neben der humpelnden Oda-Gesine her.
    »Du bist wirklich fit, Mädchen«, keuchte sie trübselig.
    »Ach, das kannst du auch ganz leicht wieder schaffen«, sagte ich munter. »Du warst doch früher mal so schlank und rank!«
    »Ach Gott, ja, früher! Als ich noch selber immer gehungert und gedarbt habe! Nur, um im Fernsehen gut auszusehen! Das waren noch Zeiten!«
    »Wer läuft, muss nicht hungern oder darben!« Ich tänzelte provokant vor Oda-Gesine her. Bönni, der Köter, war ganz verwirrt über die Tatsache, dass ein Wesen auf zwei Beinen sich anders fortbewegen konnte, als sich mühsam voranzuschleppen.
    »Nimmst du mich mal mit zum Laufen?«
    »Gerne. Wir können auch direkt anfangen, wenn du willst.«
    Ich tänzelte locker und leicht vor Oda-Gesine herum. Ganz so, wie Dr. Strunz immer vor seinen verfetteten, gefrusteten Managern tänzelte. Wie so ein kleines, schadenfrohes Springteufelchen im Kasterl.
    »Guck mal, Oda-Gesine«, sagte ich, »ganz leicht und ganz locker traben. Ich hab auch eine Pulsuhr im Auto. Weißt du, was, wenn wir’s schon anfangen, dann machen wir’s richtig. Warte mal.«
    Ich hechtete zum Auto und zog mir in Windeseile meine Laufschuhe an.
    »Na, du bist ja mit allem ausgestattet!«
    »Klaro! Laufen kann man immer und überall.« Ich kramte im Kofferraum herum. »Welche Schuhgröße hast du, Oda- Gesine?«
    »Zweiundvierzig.«
    »Das passt gut, ich hab hier noch die Laufschuhe von Emil drin. Komm, probier mal!«
    Oda-Gesine ließ sich auf die Ladefläche meiner Familienkutsche sinken, woraufhin mein Van in den Achsen fast zusammenbrach. Ich half Oda-Gesines verfetteten geschwollenen Füßen in Emils Schweißtreter. Uff. Keine appetitliche Aufgabe.
    Bönni schmiss sich hysterisch bellend und Seiber von sich schleudernd vor meinem Kofferraum herum. Er konnte es nicht mehr aushalten.
    »Wech, Bönni«, scheuchte Oda-Gesine das bewegungshungrige Tier beiseite.
    »Nimm doch mal meinen Brustgurt!«, schrie ich in den Krach hinein. »Bönni! Halt ein!«
    »Was für einen Brustgurt? Wozu soll das gut sein?«
    Ich schrie Oda-Gesine an, dass der Brustgurt dazu gut sei, die Pulsfrequenz während des Laufens zu messen, und versuchte, ihr die Pulsuhr um das verfettete Handgelenk zu schnallen. Es erwies sich als schwierig. Weder das Uhrenarmband passte um ihr Handgelenk noch der Brustgurt um ihren massigen Oberkörper. So sehr ich auch zerrte und zurrte. Oda-Gesine hielt die Luft an und stand starr und steif. Endlich bekam ich mit Mühe und Not die Uhr und den Brustgurt im allerletzten Loch zugezurrt.
    Der Köter tobte und bellte und schleuderte Seiber.
    Die Uhr fing an zu blinken, während Oda ein bisschen herumhüpfte. Der Puls war bereits bei 135.
    »Schau«, sagte ich. »Das ist für den Anfang gerade das richtige Tempo. Komm, wir traben ein bisschen.«
    »Klar!«, keuchte Oda-Gesine. »Ich war auch mal jung und schlank! Ich weiß noch, wie das geht!« Sie sah witzig aus in Emils Turnschuhen und ihrem schwarzen Umhang. Aber sie war erstaunlich motiviert.
    Während des Trabens erklärte ich Oda-Gesine die Pulsuhr.
    »Schau mal, jetzt laufen wir gerade mal bei 135. Die optimale Fettverbrennung beginnt bei 140«, sagte ich.
    »Oh, ich kann noch schneller«, sagte Oda-Gesine.
    Donnerwetter, dachte ich. Die will’s aber wissen.
    »Joschka Fischer hat innerhalb kürzester Zeit fünfzig Kilo abgenommen«, rief ich ihr zu. »Er hat sich extra einen Marathonläufer engagiert. Die Hauptaufgabe des Trainers bestand darin, darauf zu achten, dass Joschka nicht unter 140 kam!«
    Oda-Gesine verschwand bereits wild entschlossen in dem schmalen Waldweg, der hinter ihrem Haus begann. Ihr schwarzer Umhang wallte wie ein Beduinenzelt hinter ihr her. Der Köter schoss mit schäumendem Maul an uns vorbei.
    »Du wohnst ja paradiesisch!«, bemerkte ich. »Keine Menschenseele weit und breit!«
    »Na, wie bin ich noch in Form?«, schnaufte Oda-Gesine mit knallrotem Kopf.
    »Unglaublich! Schaffst du’s noch ein bisschen schneller?«
    »Aber ja, ich hab doch gerade erst angefangen!«
    »Was sagt deine Pulsuhr?«
    Oda warf einen Blick darauf. »175!«
    »Donnerwetter«, rief ich, »das ist gut! Erstaunlich, wie schnell du bist! Das hätte ich dir nie zugetraut!«
    »Ein Tempo, das ich
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