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Der Geheimnistraeger

Der Geheimnistraeger

Titel: Der Geheimnistraeger
Autoren: Thomas Kanger
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sie sich in dänischen Gewässern befindet! Andernfalls müssen wir auf die Schweden warten.«
    Man drückte ihm ein neues Telefon in die Hand. Am anderen Ende war der schwedische Ministerpräsident. »Wir schießen, wenn sie auf unsere Seite kommt«, sagte Falck Pedersen. »Wie sieht euer Plan aus? Was habt ihr vor?«

73. Kapitel
    Kapitän Vladimir Isinbajev kannte sie schon von früher. Die Hubschrauber, wie gigantische Insekten mit tödlichem Gift. Er hatte Schwärme von ihnen gesehen, die friedliche Dörfer angegriffen hatten. Er hatte gesehen, wie sie flüchtende Menschen auf der Erde beschossen hatten. Jetzt hatte er zwei von ihnen vor sich. Sie waren weit weg, vermutlich glaubten die Piloten, er hätte sie nicht entdeckt.
    Wieder ging ein Funkspruch ein. Der Kapitän der Farida erhielt das Kommando »Volle Kraft zurück.«
    Stattdessen gab Isinbajev den Befehl »Volle Kraft voraus!« Mit ein paar Handgriffen schaltete er den Autopiloten ein. Fünf Minuten später sah er einen schwarzen Punkt, kleiner als eine Fliege auf einer Glasscheibe, am Horizont auftauchen. Der Punkt wurde rasch größer und verwandelte sich in eine tödliche Bedrohung. Dröhnend flog das Kampfflugzeug über die Kommandobrücke hinweg. Isinbajev wusste, was das bedeutete. »Er will sich vergewissern, dass wir das sind«, rief er dem Steuermann zu. »Lauf!«
    Das JAS-Kampfflugzeug flog eine Schleife und befand sich wieder auf Angriffskurs vor dem Schiff. Der Pilot zielte mit seiner Maschinenkanone.
    Die zwei Männer hasteten die Leiter hinunter. Gerade als der
Kapitän das Deck erreichte, schlug die erste Salve in das Ruderhaus ein. Isinbajev suchte unter einem Rettungsboot Schutz. Es gelang ihm, nicht von Metallsplittern getroffen zu werden. Der Steuermann duckte sich auf das Deck über ihm. Der Jet flog eine neue Runde. Der nächste Angriff traf die Kommandobrücke weiter unten. Eines der Geschosse zerfetzte den Kopf des Steuermanns.
    Der dritte Angriff setzte die Brücke in Brand. Isinbajev kroch wieder unter dem Rettungsboot hervor und rannte zur Leiter, die in den Frachtraum hinunterführte. Auf den Kartons mit den 300 Tonnen HMX lag der Zünder. Er stellte die Uhr auf acht Minuten. Dann begab er sich langsam wieder auf Deck. Ganz vorne auf dem Vordeck nahm er Platz. Hinter ihm brannte die Kommandobrücke, aber unter ihm arbeitete der Dieselmotor weiter im immergleichen Takt. Noch war es ihnen nicht gelungen, das Schiff zu stoppen. Vor sich sah er zwei gestreifte Gebäude mit hohen Schornsteinen.
    Die Farida machte immer noch sechzehn Knoten. Es war die letzte Fahrt des alten Stückgutfrachters. Kapitän Vladimir Isinbajev saß reglos da. Er war vollkommen ruhig. Dann verwandelte sich alles in gleißendes, weißes Licht.

74. Kapitel
    Tal Kagan döste in der Business Class. Er befand sich irgendwo über dem Mittelmeer in zehn Kilometern Höhe. Er schaute auf die Uhr. Jetzt muss es passiert sein, dachte er. Soeben oder jetzt gleich.
    Er fühlte sich vollkommen leer. Ohne jegliche Gefühle. Er verspürte weder Ausgelassenheit, Freude noch Trauer. Er hatte seine Arbeit gemacht, seinen Auftrag ausgeführt. Es würde viele Opfer geben, aber die langfristige Wirkung war wichtiger. Die Weltordnung würde umgestürzt werden, die Veränderungen würden enorm sein. Wahrscheinlich hatten die Amerikaner mit den gleichen Argumenten über Hiroshima und Nagasaki Atombomben abgeworfen. Oder den Krieg in Vietnam und im Irak begonnen. Der Zweck heiligte die Mittel. Nur die Ziele unterschieden sich.
    Er versuchte zu schlafen. Noch blieben einige Stunden bis zur Landung. Der Sitz war unbequem. Er kam nicht zur Ruhe.

75. Kapitel
    Zwei Tage später saßen Vincent und Christian in einem Auto. Sie fuhren Richtung Norden in einen der Vororte von Kopenhagen. In Klampenborg parkten sie den Wagen und gingen den Strandvejen entlang. Sie schwiegen und schauten aufs Wasser. Die Luft war klar, und der Rauch, der die Luft spätabends am Samstag verdunkelt hatte, war verflogen.
    Vincent betrachtete die Konturen von Barsebäck. Sie zitterten in der Wärme. Er hatte wie die meisten Dänen immer gefunden, dass ein Kernkraftwerk dort fehl am Platz sei. Viel zu nahe an Dänemark. Die Anlage stand mitten in einem Ballungsgebiet, und ein Unfall dort konnte verheerende Folgen haben. Jetzt war der Reaktor nach jahrzehntelanger Kritik sowohl aus Dänemark als auch Schweden stillgelegt worden. Alle waren davon ausgegangen, dass somit jegliche Gefahr gebannt sei, niemand hatte
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