Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geduldige Tod (German Edition)

Der geduldige Tod (German Edition)

Titel: Der geduldige Tod (German Edition)
Autoren: Helke Böttger
Vom Netzwerk:
»Es bedeutet nichts.«
    »Vielleicht nicht. Wie fühlen Sie sich?«
    »Es geht.«
    »Sind Sie bereit für weitere, betroffene Hinterbliebene?«
    Victoria nickte.
     
    Die nächste Familie war nicht so kooperativ. Der Ehemann der Getöteten schimpfte zuerst lange und laut über die Unfähigkeit der Polizei, die ihn nun schon wieder belästigte und keinen Schritt weiterkäme, über die Regierung mit ihren Etatkürzungen, dann über Deutschland, das mit seinem Euro schuld an der Krise sei, und zum Schluss über den Gerichtsmediziner, der die Leiche der Frau noch immer nicht zur Beerdigung freigegeben hätte, so dass die Tote nicht mit dem günstigen Angebot eines bestimmten Beerdigungsunternehmers bestattet werden konnte, sondern die ganze Angelegenheit nun das Doppelte kosten würde.
    Immerhin konnte er viel zu seiner Frau sagen, wo sie war, wen sie wann besucht hatte oder wo sie ihre Unterwäsche kaufte. Es schien fast, als würde er sie kaum aus den Augen lassen. Deshalb wusste er auch, dass sie am Tag ihres Todes ihre Schwiegermutter besucht und auf deren Grundstück geholfen hatte. Die Alte vermietete mehrere Ferienwohnungen und konnte sich professionelle Hilfe nicht leisten, weshalb Tina, so hieß die Frau, ihr Unterstützung zuteilwerden ließ, so oft sie gebraucht wurde. Selbst arbeiten ging sie nicht, weil ihr Mann als leitender Angestellter einer großen Versicherung genug verdiente, um für ein angenehmes Leben zu sorgen.
    Von diesem Besuch bei der Schwiegermutter sei sie nicht zurückgekehrt. Die Alte hätte sogar berichtet, sie sei einfach vom Grundstück verschwunden.
    Auch er zeigte ein paar aktuelle Fotos, auf denen Victoria jedoch nichts Besonders auffiel. Aber sie erinnerte sich daran, dass in der Hand der Toten ein Stück vom Stadtplan gesteckt hatte. Vermutlich hatte er die Frau angesprochen, damit sie ihm den Weg zeigte, und dann in ein Auto gezerrt. Warum er gerade sie ausgewählt hatte, war Victoria jedoch ein Rätsel. Sie sah ihr nicht einmal mit viel Fantasie ähnlich. Aber in seinem Haus fanden die beiden Victorias Parfüm. Woher es kam, konnte sich der Witwer nicht erklären.
    Schließlich besuchten sie noch den Fischhändler, dessen Tochter den Kopf verloren hatte, im wahrsten Sinne des Wortes. Auch er wusste ziemlich genau, wo sie in der Nacht gewesen war, nämlich bei ihrem Freund. Der jedoch behauptete, sie sei dort niemals angekommen. Der Vater verdächtigte den Freund, der wiederum meinte, der Killer habe sie unterwegs abgefangen. Auch in ihrem Schlafzimmer fand sich das spezielle Parfüm.
    Victoria versuchte, in den Beschuldigungen und Verdächtigungen etwas zu finden, was zu ihr oder ihrem Exmann passte, fand jedoch nur die Haarpracht der Toten bemerkenswert. Sie beide hatten sehr ähnliche Locken. Vielleicht hatte das Ronald angesprochen, falls er wirklich der Mörder war. Aber wo und wie das passiert sein könnte, und ob er sie überhaupt gekannt und getötet hatte, blieb ihr weiterhin ein Mysterium.
    »Immerhin haben wir etwas erfahren«, sagte die Kommissarin schließlich, als sie Victoria nach Hause fuhr. »Er späht sie aus und schickt ihnen Parfüm. Er fängt sie auf offener Straße weg, lockt sie irgendwohin, vermutlich mit dem Stadtplan-Trick, dann fährt er sie zu einem Versteck, tötet sie und legt die Leichen ab. Und er nimmt Frauen, die ihn in irgendeiner Form an Sie erinnern.«
    »Das sind nur Vermutungen.«
    »Ja, das sind es. Alle Frauen sind im Ort verschwunden. Das war uns zwar schon bekannt, aber wir wissen nun, warum sie ausgewählt wurden. Er tötet nicht nur, um besondere Punkte für Sie zu markieren, sondern weil die Frauen ihn an Sie erinnern. Und er beobachtet Sie. Das heißt, er kann nicht weit sein.«
    »Sie reden so, als wären Sie sich sicher, dass mein Exmann der Killer ist.«
    »Ich bin mir sehr sicher.«
    »Ich bin mir sicher, dass er es nicht ist. Er hat allen Frauen Parfüm geschenkt und sie danach getötet. Mir auch. Das würde bedeuten, dass ich die nächste auf seiner Liste wäre. Das würde Ronald niemals tun. Niemals.«
    Die Kommissarin zog eine Grimasse. »Ich werde auch weiter nach Doktor Grabow suchen lassen, aber mir rennt die Zeit davon. Morgen kommen die Männer vom Festland und werden mir die Hölle heiß machen, mehr als mein Chef das jetzt schon praktiziert. Es dürfen keine weiteren Morde auf der Insel geschehen. Das Gute ist, dass wir von beiden Männern Bilder haben. Und dass der Killer Frauen tötet, die Ihnen ähneln, kann bedeuten,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher