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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe
Autoren: Lara Wegner
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Gefährtin an seiner Seite? Das war ein Fehltritt, der einem Alphawolf selten unterlief. Scharf taxierte er Melody.
    „Sein Sohn? Bist du etwa seine Mutter?“
    Melodys Wangen begannen zu glühen. „Mylord nannte Grishan nur seinen Sohn, Sir. Er ist es nicht wirklich. Vor zwei Jahren sprach ganz London von einem wilden Tier in den Straßen. Des Nachts wühlte es in Abfällen. Damals gab es viele Männer, die sich bewaffneten und es erlegen wollten. Wir machten uns auch auf die Suche und fanden Grishan. Seitdem lebt er mit uns.“
    Gilian hatte einen Streuner aufgenommen. Einen Jungwolf, der zum Gotterbarmen unmelodisch jaulte. Sancho zog eine Grimasse und wackelte mit dem Zeigefinger in seinem Ohr herum.
    „Ist der Welpe krank?“
    „Nein, Sir. Ein wenig sonderbar. Vielleicht verlor er seine Sippe oder wurde verstoßen. Nur Mylord wusste mehr darüber. Vor uns anderen wurde ein großes Geheimnis daraus gemacht.“
    Ein Jungwolf mit ungewisser Vergangenheit. Ein Pflegesohn, der nach seinem Vater rief. Als gäbe es noch nicht genug Probleme. Juvenal unterdrückte einen Seufzer.
    „Du hättest den armen Kleinen längst herauslassen sollen“, schimpfte Sancho.
    „Klein? Du hast gut reden. Ich bin eine schwache Frau und eine Omega!“
    Juvenal beendete den Zank. „Ich kümmere mich um den Jungen.“
    Trotz dieser Zusicherung blieb er vor dem Tisch stehen und betrachtete Gilian. Das helle Haar hatte er von seiner Mutter. Ebenso die blasse Haut, die sich unter der Sonne rötete. Mehr denn je vermisste Juvenal seine Gefährtin. Gleichzeitig verspürte er Dankbarkeit. Wenigstens hatte sie den Tod eines Kindes nicht mehr erleben müssen. Ihr blieb der Anblick ihres kalten, reglosen Sohnes erspart. Sorscha war bereits am Schicksal ihrer Tochter zerbrochen, obwohl sie als Einzige gewusst hatte, dass Juvenal Alba am Leben gelassen hatte. Er schluckte, ohne den Kloß aus Übelkeit und Verzweiflung loswerden zu können. Ein weiterer Verlust, ein weiterer grausamer Schicksalsschlag. Er würde ihn in seinem Inneren verkapseln, bei den Erinnerungen an Sorscha, Alba und eine unbeschwerte Vergangenheit.
    Erst nach einer Weile fiel ihm auf, dass der Jungwolf verstummt war. Melody stand dicht neben ihm und legte die Handauf seinen Unterarm.
    „Sir, ich habe alles versucht, damit Mylord seine Verlobte vergisst. Es ist mir misslungen“, sagte sie mit bebender Stimme. Ihre Hand wanderte höher, strich hinauf zu seinem Oberarm und streichelte über das schwarze Tuch seines Gehrocks. „Mein Scheitern muss Euch erzürnen. Seid versichert, ich würde alles tun, damit ich Vergebung von Euch erlange. Jede Strafe würde ich mit Freuden auf mich nehmen. Verfahrt mit mir, wie Ihr es für angemessen haltet und es Euch beliebt.“
    Irritiert von dieser kleinen Rede starrte Juvenal sie an. Weshalb sollte er einer Omega zürnen? Ihr Einfluss auf einen Alphawolf war zu gering, um etwas zu bewirken. Dann verstand er. Melody suchte nicht nur nach Vergebung, sondern auch nach einem neuen Leitwolf, dem sie dienen konnte. Ihre Erwartungen richteten sich auf etwas anderes. Er trat von ihr und dem Tisch zurück. Das Letzte, wonach es ihn verlangte, war eine willfährige Rudelwölfin.
    Vertraute und verhasste Emotionen stürmten auf ihn ein. Sein Herz wollte reißen, sein Hirn bersten. Er war ein Krieger und brauchte einen klaren Kopf, um gegen Branwyn vorzugehen. Trauer um Verlorenes durfte keinen großen Platz in seinem Leben einnehmen. Er war geübt darin, Gefühle zu verdrängen. Mit einem letzten Blick in das Gesicht seines Sohnes verließ er die Bibliothek.

    Eine Stunde nach Mitternacht stieg Berenike aus dem Fenster und kletterte an der Hausmauer nach unten. Mrs. Lamb saß noch immer in ihrem Salon, schlürfte kalten Tee und badete ihre Füße in einer Wasserschüssel. Es war unmöglich, das Haus durch die Tür zu verlassen, ohne von der alten Dame bemerkt zu werden. Bisher war Berenike an Fassaden hinaufgeklettert und in die Zimmer ihrer Blutquellen eingestiegen. Der umgekehrte Weg erschien ihr wie ein Sinnbild für einen unaufhaltsamen Abstieg von der ihr zustehenden Gottgleichheit. Sie war eine Ewige und sollte im Kreis ihrer Anbeter bewundert werden, anstatt sich wie eine Diebin klammheimlich davonzustehlen. Ihre Gedanken schlugen sich auf ihre Bewegungen nieder, die weitaus weniger geschmeidig und sicher waren als sonst. Auch das Gewicht der Armbrust auf ihrem Rücken flößte ihr keine Zuversicht ein.
    Hatte sie etwas übersehen bei ihrer
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