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Der Freigeist

Der Freigeist

Titel: Der Freigeist
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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meine Toechter zufrieden sind, ich bin es zufrieden.
    Adrast . Wir schmeicheln uns, dass sie es sein werden.—Aber bei der Liebe, Lisidor, die Sie gegen uns zeigen, kann ich unmoeglich anders, ich muss Ihnen noch ein Gestaendnis tun.
    Lisidor . Noch eins?
    Adrast . Ich wuerde nicht rechtschaffen handeln, wenn ich Ihnen meine Umstaende verhehlte.
    Lisidor . Was fuer Umstaende?
    Adrast . Mein Vermoegen ist so geschmolzen, dass ich, wenn ich alle meine Schulden bezahle, nichts uebrig behalte.
    Lisidor . Oh! schweig doch davon. Habe ich schon nach deinem Vermoegen gefragt? Ich weiss so wohl, dass du ein lockrer Zeisig gewesen bist, und alles durchgebracht hast; aber eben deswegen will ich dir eine Tochter geben, damit du doch wieder etwas hast.—Nur stille! da sind sie; lasst mich machen.
    Siebenter Auftritt
    Juliane. Henriette. Lisette. Lisidor. Theophan. Adrast.
    Lisette . Hier bringe ich sie, Herr Lisidor. Wir sind hoechst begierig, zu wissen, was Sie zu befehlen haben.
    Lisidor . Seht freundlich aus, Maedchens! ich will euch etwas Froehliches melden: Morgen soll's richtig werden. Macht euch gefasst!
    Lisette . Was soll richtig werden?
    Lisidor . Fuer dich wird nichts mit richtig.—Lustig, Maedchens! Hochzeit! Hochzeit!—Nu? Ihr seht ja so barmherzig aus? Was fehlt dir, Juliane?
    Juliane . Sie sollen mich allezeit gehorsam finden; aber nur diesesmal muss ich Ihnen vorstellen, dass Sie mich uebereilen wuerden.—Himmel! morgen?
    Lisidor . Und du, Henriette?
    Siebenter Auftritt
    55
    Der Freigeist
    Henriette . Ich, lieber Herr Vater? ich werde morgen krank sein, todsterbenskrank!
    Lisidor . Verschieb es immer bis uebermorgen.
    Henriette . Es kann nicht sein. Adrast weiss meine Ursachen.
    Adrast . Ich weiss, schoenste Henriette, dass Sie mich hassen.
    Theophan . Und sie, liebste Juliane, Sie wollen gehorsam sein?—Wie nahe scheine ich meinem Gluecke zu sein, und wie weit bin ich vielleicht noch davon entfernt!—Mit was fuer einem Gesichte soll ich es Ihnen sagen, dass ich der Ehre Ihrer Hand unwert bin? dass ich mir bei aller der Hochachtung, die ich fuer eine so vollkommene Person hegen muss, doch nicht getraue, dasjenige fuer Sie zu empfinden, was ich nur fuer eine einzige Person in der Welt empfinden will.
    Lisette . Das ist ja wohl gar ein Korb? Es ist nicht erlaubt, dass auch Mannspersonen welche austeilen wollen.
    Hurtig also, Julianchen, mit der Sprache heraus!
    Theophan . Nur ein eitles Frauenzimmer koennte meine Erklaerung beleidigen; und ich weiss, dass Juliane ueber solche Schwachheiten so weit erhaben ist,—
    Juliane . Ach Theophan! ich hoere es schon: Sie haben zu scharfe Blicke in mein Herz getan.—
    Adrast . Sie sind nun frei, schoenste Juliane. Ich habe Ihnen kein Bekenntnis weiter abzulegen, als das, welches ich Ihnen bereits abgelegt habe.—Was soll ich hoffen?
    Juliane . Liebster Vater!—Adrast!—Theophan!—Schwester!—
    Lisette . Nun merke ich alles. Geschwind muss das die Grossmama erfahren. (Lisette laeuft ab.) Lisidor (zu Julianen). Siehst du, Maedchen, was du fuer Zeug angefangen hast?
    Theophan . Aber Sie, liebste Henriette, was meinen Sie hierzu? Ist Adrast nicht ein ungetreuer Liebhaber?
    Ach! wenn Sie Ihre Augen auf einen getreuern werfen wollten! Wir sprachen vorhin von Rache, von einer unschuldigen Rache—
    Henriette . Top! Theophan: ich raeche mich.
    Lisidor . Fein bedaechtig, Henriette! Hast du schon die Krankheit auf morgen vergessen?
    Henriette . Gut! Ich lasse mich verleugnen, wenn sie koemmt.
    Lisidor . Seid ihr aber nicht wunderliches Volk! Ich wollte jedem zu seinem Rocke egales Futter geben, aber ich sehe wohl, euer Geschmack ist bunt. Der Fromme sollte die Fromme, und der Lustige die Lustige haben: Nichts! der Fromme will die Lustige, und der Lustige die Fromme.
    Achter Auftritt
    Frau Philane mit Lisetten und die Vorigen.
    Frau Philane . Kinder, was hoere ich? Ist es moeglich?
    Achter Auftritt
    56
    Der Freigeist
    Lisidor . Ja, Mama; ich glaube, Sie werden nicht dawider sein. Sie wollen nun einmal so—
    Frau Philane . Ich sollte dawider sein? Diese Veraendrung ist mein Wunsch, mein Gebet gewesen. Ach!
    Adrast, ach! Henriette, fuer euch habe ich oft gezittert! Ihr wuerdet ein unglueckliches Paar geworden sein!
    Ihr braucht beide einen Gefaehrten, der den Weg besser kennet, als ihr. Theophan, Sie haben laengst meinen Segen; aber wollen Sie mehr als diesen, wollen Sie auch den Segen des Himmels haben, so ziehen Sie eine Person aus Henrietten, die Ihrer wert ist. Und Sie,
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