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Der Freigeist

Der Freigeist

Titel: Der Freigeist
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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kennen.
    Der Wechsler . Ich werde nicht noetig haben, darauf zu hoeren.
    Adrast . Aber doch—Mit einem Worte, es ist Theophan.
    Der Wechsler (erstaunt). Theophan?
    Adrast . Ja, Theophan. Er ist mein Feind—
    Der Wechsler . Theophan Ihr Feind?
    Adrast . Sie erstaunen?
    Der Wechsler . Nicht ohne die groesste Ursache.—
    Adrast . Ohne Zweifel weil Sie glauben, dass ein Mann von seinem Stande nicht anders, als grossmuetig und edel sein koenne?—
    Fuenfter Aufzug
    45
    Der Freigeist
    Der Wechsler . Mein Herr—
    Adrast . Er ist der gefaehrlichste Heuchler, den ich unter seinesgleichen noch jemals gefunden habe.
    Der Wechsler . Mein Herr—
    Adrast . Er weiss, dass ich ihn kenne, und gibt sich daher alle Muehe, mich zu untergraben.—
    Der Wechsler . Ich bitte Sie—
    Adrast . Wenn Sie etwa eine gute Meinung von ihm haben, so irren Sie sich sehr. Vielleicht zwar, dass Sie ihn nur von der Seite seines Vermoegens kennen; und wider dieses habe ich nichts: er ist reich; aber eben sein Reichtum schafft ihm Gelegenheit, auf die allerfeinste Art schaden zu koennen.
    Der Wechsler . Was sagen Sie?
    Adrast . Er wendet unbeschreibliche Raenke an, mich aus diesem Hause zu bringen; Raenke, denen er ein so unschuldiges Ansehen geben kann, dass ich selbst darueber erstaune.
    Der Wechsler . Das ist zu arg! Laenger kann ich durchaus nicht schweigen. Mein Herr, Sie hintergehen sich auf die erstaunlichste Art. —
    Adrast . Ich mich?
    Der Wechsler . Theophan kann das unmoeglich sein, wofuer Sie ihn ausgeben. Hoeren Sie alles! Ich kam hierher, mein Ihnen gegebenes Wort wieder zurueckezunehmen. Ich hatte von sicherer Hand, nicht vom Theophan, Umstaende von Ihnen erfahren, die mich dazu noetigten. Ich fand ihn hier, und ich glaubte, es ihm ohne Schwierigkeit sagen zu duerfen—
    Adrast . Dem Theophan? Wie wird sich der Niedertraechtige gekitzelt haben!
    Der Wechsler . Gekitzelt? Er hat auf das nachdruecklichste fuer Sie gesprochen. Und kurz, wenn ich Ihnen mein erstes Versprechen halte, so geschieht es bloss in Betrachtung seiner.
    Adrast . In Betrachtung seiner?—Wo bin ich?
    Der Wechsler . Er hat mir schriftliche Versicherungen gegeben, die ich als eine Buergschaft fuer Sie ansehen kann. Zwar hat er mir es zugleich verboten, jemanden das geringste davon zu sagen: allein ich konnte es unmoeglich anhoeren, dass ein rechtschaffener Mann so unschuldig verlaestert wuerde. Sie koennen die verlangte Summe bei mir abholen lassen, wann es Ihnen beliebt. Nur werden Sie mir den Gefallen tun und sich nichts gegen ihn merken lassen. Er bezeugte bei dem ganzen Handel so viel Aufrichtigkeit und Freundschaft fuer Sie, dass er ein Unmensch sein muesste, wenn er die Verstellung bis dahin treiben koennte.−—Leben Sie wohl! (Geht ab.)
    Zweiter Auftritt
    Adrast.—Was fuer ein neuer Streich!—Ich kann nicht wieder zur mir selbst kommen!—Es ist nicht auszuhalten!—Verachtungen, Beleidigungen, —Beleidigungen in dem Gegenstande, der ihm der liebste sein muss:— alles ist umsonst; nichts will er fuehlen. Was kann ihn so verhaerten? Die Bosheit allein, die Begierde allein, seine Rache reif werden zu lassen.—Wen sollte dieser Mann nicht hinter das Licht fuehren?
    Ich weiss nicht, was ich denken soll. Er dringt seine Wohltaten mit einer Art auf—Aber verwuenscht sind Zweiter Auftritt
    46
    Der Freigeist
    seine Wohltaten, und seine Art! Und wenn auch keine Schlange unter diesen Blumen laege, so wuerde ich ihn doch nicht anders als hassen koennen. Hassen werde ich ihn, und wenn er mir das Leben rettete. Er hat mir das geraubt, was kostbarer ist, als das Leben: das Herz meiner Juliane; ein Raub, den er nicht ersetzen kann, und wenn er sich mir zu eigen schenkte. Doch er will ihn nicht ersetzen; ich dichte ihm noch eine zu gute Meinung an.—
    Dritter Auftritt
    Theophan. Adrast.
    Theophan . In welcher heftigen Bewegung treffe ich Sie abermals Adrast?
    Adrast . Sie ist Ihr Werk.
    Theophan . So muss sie eines von denen Werken sein, die wir alsdann wider unsern Willen hervorbringen, wann wir uns am meisten nach ihrem Gegenteile bestreben. Ich wuensche nichts, als Sie ruhig zu sehen, damit Sie mit kaltem Blute von einer Sache mit mir reden koennten, die uns beide nicht naeher angehen kann.
    Adrast . Nicht wahr, Theophan? es ist der hoechste Grad der List, wenn man alle seine Streiche so zu spielen weiss, dass die, denen man sie spielt, selbst nicht wissen, ob und was fuer Vorwuerfe sie uns machen sollen?
    Theophan . Ohne Zweifel.
    Adrast . Wuenschen Sie sich
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