Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Frauenmörder

Der Frauenmörder

Titel: Der Frauenmörder
Autoren: Hugo Bettauer
Vom Netzwerk:
Tonarten.
    "Von Verwandten in Berlin oder anderswo, von Freunden und Bekannten dieser Trude Müller wissen Sie nichts?"
    "Ne," erwiderte Frau Wendler, "das arme Fräulein hat ja nie von sich, sondern immer nur von ihrem Bräutigam, dem Lumpen, den Gott strafen soll, gesprochen, und nu schwimmt ihre Leiche sicher irgendwo im Wasser herum und der Kerl vergnügt sich mit anderen Meechens, die er dann ooch umbringen wird."
    Frau Wendler schluchzte, die anderen drei schneuzten sich, Kapott- und Federhüte flogen aufgeregt auf und ab.
    "Bei Ihnen, Frau Zinkenbach, hat nur zwei Tage die verschwundene Grete Möller aus Hamburg gewohnt. Hellbraune Gretchenzöpfe, volle Erscheinung, ausgesprochener Hamburger Dialekt. Auch sie hat von einem Bräutigam erzählt, mit dem sie einen Ausflug nach der Havel unternehmen wolle. Sie wurde auch von dem Bräutigam abgeholt, aber nur der Portier hat ihn gesehen. Lassen wir jetzt den Mann hereinkommen."
    Der Portier, Herr Zimmermann aus der Nürnbergerstraße, trat ein. Krause winkte, als sein Chef das Verhör aufnehmen wollte, ab und fragte selbst.
    "Der Herr, mit dem am fünften Juli ein Fräulein, das bei Frau Zinkenbach wohnte, wegfuhr,
    war blond und hatte einen kleinen Schnurrbart, nicht wahr?"
    Zimmermann verneinte heftig. "Ne, soweit Ich mir erinnern kann, war sein janzes Jesicht glatt rasiert, wie es so die dämlichen Engländer an sich haben."
    Krause nickte lächelnd. "Trug er Brille oder Kneifer?"
    "Kneifer, wenn ick mir nicht irre."
    "Können Sie sonst etwas über ihn aussagen?"
    "Nischt, was von Belang wäre. Schien mir ein jemütlicher Herr zu sein und drückte mir davor daß ick dem Fräulein, was nu verschwunden is, die kleine Handtasche beim Einsteigen hielt, fünf Märker in die Hand."
    "Gut, Sie können gehen."
    "Bei Ihnen, Frau Lestikow, hat Fräulein Annemarie Jensen, ebenfalls aus Hamburg, gewohnt. Rötliche Haare, glatt gescheitelt, mager, Zwicker reines Hochdeutsch. Sie war redselig, hat viel von ihrem Verehrer erzählt, der Naturforscher sei und Ihnen abends vor ihrer Abreise gesagt, sie habe sich verlobt und wolle nun mit dem Bräutigam nach Ketzin, um dort ein Haus zu besichtigen. Sie schildern den Bräutigam genau wie die anderen, so daß wir es ganz ohne Zweifel mit ein und demselben Individuum zu tun haben.
    Bei Ihnen aber, Frau Klappholz, hat Fräulein Käthe Pfeiffer, die aus Bayern kam, gewohnt. Sie haben das Mädchen nur zwei- oder dreimal und dann immer nur im Hut gesehen, so daß Sie nicht einmal wissen, ob es blond oder dunkel war. Sie sprach mit süddeutschem Dialekt und hat ihre Abreise in dem uns übergebenen Briefe mitgeteilt.
    Und nun, meine Damen, bitte ich Sie, intensiv pardon, eifrig nachzudenken: Ist Ihnen an Ihrer auf so mysteriöse, ich meine geheimnisvolle Weise verschwundenen Mieterin irgend etwas, sei es ein Muttermal, eine bestimmte Geste, ein sonderbares Wort, ein Kleidungsstück aufgefallen?"
    Die Frauen schwiegen, bemühten sich ersichtlich, nachzudenken und dann ergriff Frau Lestikow das Wort.
    "Jawohl, Herr Inspektor, etwas ist mir, oder eigentlich meiner Minna, die mein Mädchen ist, schon aufgefallen. Fräulein Jensen hat so niedliche, kleine Füße gehabt, wie sie gerade bei Hamburgerinnen eine rechte Seltenheit sind. Einmal hat mir Minna die Schuhe vom Fräulein Jensen, die abends vor die Türe gestellt wurden, gebracht und gesagt: "Madameken, sehen Sie nur eenmal die Schuhchen an! Die reinsten Kinderstiebel"
    "Das Fräulein Müller hat, wenn ich mich recht besinne, auch recht niedliche Füße jehabt," konkurrierte ein wenig erbost Frau Wendler, während Krause langsam die Gegenstände aus der Handtasche, die bei Frau Lestikow zurückgeblieben war, durch die Hände gleiten ließ und scheinbar gedankenlos einen alles eher als eleganten schwarzen Strumpf über die Finger zog und dann einen Halbschuh besichtigte.
    "Noch etwas, meine Damen: Hat keine von Ihnen gefragt oder sonstwie erfahren, wie Ihre Mieterin zu diesem Bräutigam gekommen ist?"
    Wieder war es Frau Lestikow, die Antwort wußte.
    "Jawohl, ich habe am Abend, als sie mir von der Verlobung erzählte, gefragt, wo sie den Herrn Bräutigam eigentlich kennen gelernt habe. Also, mir kommt es jetzt vor, als wenn Fräulein Jensen ein wenig verlegen geworden wäre. Sie hat gesagt, durch einen ganz komischen Zufall, und dann von etwas anderem gesprochen."
    Rot im Gesicht, erregt und wichtig zogen die vier Damen ab und Dr. Clusius blieb mit Krause allein zurück.
    "Nun?" fragte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher