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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)
Autoren: DeVa Gantt
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zu bleiben.
    Sie sah die tiefe Enttäuschung in den Augen der Kinder, bevor sie sich stumm abwandten und auf ihre Plätze in der vordersten Reihe setzten. Insgeheim wunderte sie sich über ihre Stärke. Sie heulten und jammerten nicht, wie sie es früher unweigerlich getan hätten. Vielleicht ahnten sie, dass sie nie wieder so glückliche, sorgenfreie Tage wie vor der Tragödie erleben würden.
    Charmaine betete, dass sie die Wirklichkeit ertrug. Sie konnte nichts tun. John hatte seine Entscheidung getroffen, und nichts würde die Falcon jetzt noch zurückbringen. Es war an der Zeit, nach vorn zu blicken und in der täglichen Arbeit Trost zu finden. Sie hatten es schon ein Mal geschafft, und genauso würden sie das wieder tun, so schwer es ihr auch fiel. Als sie in die Zukunft blickte, überkam sie plötzlich ein Gefühl großer Einsamkeit, als ob sie Colette noch einmal verlor. Da wurde ihr klar, dass John diese Einsamkeit in dem Moment von ihr genommen hatte, als er in ihr Leben getreten war.
    Charmaine war überrascht, als Frederic Duvoisin unerwartet die Kapelle betrat und nach vorn ging. Jeannette stand auf, umarmte ihren Vater kurz und forderte ihn dann auf, sich neben sie zu setzen.
    Ebenso überrascht war Agatha, als sie kurz darauf hereinkam. »Warum hast du nicht gesagt, dass du zur Messe gehst? Ich hätte dich doch gern begleitet.« Frederics Antwort war leider nicht zu verstehen, doch zu Yvettes großem Missvergnügen nahm ihre Stiefmutter neben ihr Platz.
    Charmaine blieb, wo sie war, und verschwand nach der Messe ohne ein Wort. Sie wollte mit niemandem reden, und die Zwillinge wussten, wo sie zu finden war. Sie ließ das Frühstück aus, und beim Lunch teilte Travis ihr mit, dass Frederic sie um Punkt ein Uhr im Arbeitszimmer zu sprechen wünschte.
    Sie war verunsichert. Warum im Arbeitszimmer? Warum wollte er sie überhaupt sprechen? Er hatte viele Tage Zeit gehabt, um über die Situation nachzudenken. Empfand er sie als unliebsame Mitwisserin des Familiengeheimnisses, wie sie Rose gegenüber angedeutet hatte? Würde er sie doch noch entlassen?
    Fünf Minuten vor eins verließ sie das Kinderzimmer und ging zur Bibliothek hinunter. Zitternd klopfte sie an.
    »Herein.«
    Der Raum war ungewöhnlich hell, da alle Fenstertüren offen standen und das Licht auf den Schreibtisch und den Teppich fiel. Frederic saß hinter einigen Papierstapeln, und auch auf dem Boden neben dem Tisch türmten sich die Akten.
    »Wie geht es Ihnen, Miss Ryan?« Er bedeutete ihr, sich zu setzen.
    »Es geht mir gut, Sir.« Sie war nervös, weil sie aus der höflichen Begrüßung nicht auf seine Absicht schließen konnte. »Sie wollten mich sprechen?«
    »Ja. Ich werde Sie auch nicht lange aufhalten. Ich möchte Ihnen nur mitteilen, dass ich im Stundenplan meiner Töchter einige Änderungen vornehmen werde.«
    Charmaine musste schlucken. Jetzt kommt es .
    »Von heute an werden die Mädchen die Samstage mit mir verbringen. Ich erwarte, dass sie pünktlich um neun Uhr am Frühstückstisch auf mich warten. Bis um sieben Uhr am Abend werde ich mich um die Kinder kümmern, sodass Sie von Ihren Pflichten entbunden sind.«
    »Von meinen Pflichten entbunden?«, wiederholte sie und dachte nur »entbunden«. War das eine Kündigung?
    »Sie dürfen frei über Ihre Samstage verfügen – außer ich bin krank oder sonstwie unabkömmlich. Sind Sie damit zufrieden?«
    Charmaine war verunsichert. »Es geht nicht darum, ob ich zufrieden bin, Sir. Es geht allein darum, Ihre Wünsche zu erfüllen.«
    Frederic schmunzelte. »Sie haben in Zukunft einen Tag in der Woche frei. Ihr Lohn ist davon nicht betroffen, da ich erwarte, dass Sie in Notfällen Ihre Pläne ändern. Ist daran etwas auszusetzen?«
    »Nein, Sir.«
    »Also gut, dann bis nächsten Samstag um neun Uhr. Das ist alles, Miss Ryan.«
    Charmaine seufzte abgrundtief, als sie die Tür hinter sich schloss. Er hatte sie nicht entlassen! Aber was noch wichtiger war: Er hatte sich ihr gegenüber benommen, als ob nichts vorgefallen sei. Dafür war sie ihm sehr dankbar.
    Yvette war weit weniger glücklich, als sie die Neuigkeit erfuhr. »Er will nur Johnny nachmachen, aber er wird nie so werden wie er! Von nun an sind unsere Samstage ruiniert!«
    Charmaine sah zu Jeannette und dann wieder zu Yvette. »Vielleicht will euer Vater gern Zeit mit euch verbringen, solange ihm das noch möglich ist. Wäre es denn so schlimm, wenn er John nacheifern wollte?«
    Yvette warf sich auf einen Sessel. »Aber warum
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