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Der Fluch

Der Fluch

Titel: Der Fluch
Autoren: Krystyna Kuhn
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intensiver wurde, je öfter Tim, genannt der Duke, hier oben auftauchte und je mehr Zeit die beiden miteinander verbrachten. Eine Art Wettbewerb, fast schon ein Kampf.
    »Ich gehe.« Robert hob den Kopf von seinem Notizbuch. Er trug es ständig bei sich und kritzelte in regelmäßigen Abständen etwas hinein, obwohl er bei dieser Dunkelheit eigentlich unmöglich etwas erkennen konnte.
    Katie protestierte sofort. »Kommt nicht infrage, Rob.«
    »Und das hast du entschieden?«, hörte David den Duke murmeln.
    »Was, wenn Mr Superhirn sich beim Holzholen im Wald verirrt? Eine Klippe hinunterstürzt? Oder ohne uns einen Eingang entdeckt, das Labyrinth betritt und nicht mehr herausfindet?«
    David nickte. »Keiner kennt das Tal besser als Robert. Ohne ihn wären wir hier draußen verloren. Oder weißt du, Tim, wo genau wir uns hier befinden?«
    Der Duke zuckte die Schultern.
    »C11«, erwiderte Robert ernst. Er hatte das Gebiet in Quadrate aufgeteilt, die sie eins nach dem anderen absuchten. »Und glaubt mir, das mit dem Holzholen schaff ich gerade noch. Ich verirre mich nicht.«
    »Na also«, murmelte der Duke.
    »Nein, das Risiko ist zu groß«, widersprach Katie erneut. »Rob, du bist so etwas wie unser geistiger Führer. Unser Schutz gegen die bösen Mächte hier oben.«
    »Ein Mathematiker und ein Schamane? Das geht nicht.« Der Duke richtete sich auf.
    »Ich habe keine übernatürlichen Fähigkeiten.« Robert klappte das Notizbuch zu, legte es zur Seite und starrte in die Flammen. Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Es war, als erkenne er im Feuer etwas, was ihnen allen entging. David hätte zu gerne gewusst, was sein Freund dachte.
    »Na ja, vermutlich hast du die wirklich nicht«, sagte Katie grimmig. »Denn wärst du wirklich so ein Genie, wie alle glauben, würdest du endlich die anderen Durchgänge zum Labyrinth finden und wir müssten uns nicht hier draußen besagten Arsch abfrieren.«
    Die anderen enthielten sich eines Kommentars. »Glaubt ihr nicht auch manchmal«, fragte Katie schließlich in die Runde, »dass alles, was wir im Tal erleben, nicht real ist?«
    »Was genau meinst du?« Tim erhob sich, bückte sich und warf einen letzten dürren Ast in die Flammen. »Den künstlichen Wasserfall? Das Labyrinth unter dem See?«
    David warf ihm einen langen Blick zu. Tim war der Einzige von ihnen, der die Ereignisse im Februar nicht miterlebt hatte. Aber er hatte keine Sekunde an dem gezweifelt, was sie ihm erzählt hatten.
    Ihm allein – denn die anderen hatten sie verschont.
    Verschont? Bitter dachte er daran, wie Chris und Julia sich seit Weihnachten abkapselten und ihre eigenen Wege gingen. Sie waren noch nicht aus Seattle zurückgekehrt, wo sie die Ferien verbracht hatten. Angeblich wollten sie für den Grace Chronicle von einem Autorenfestival berichten. Wer’s glaubte!
    Nichts sehen, nichts hören, so lautete offenbar ihre Devise, und Julia schien für David unerreichbarer denn je.
    Und Rose?
    David hatte überlegt, sie ins Vertrauen zu ziehen und ihr zu erzählen, was im Februar wirklich passiert war. Denn obwohl er immer noch in Julia verliebt war, zählte er Rose neben Robert zu seinen einzigen wirklichen Freunden hier oben.
    Aber aus irgendeinem Grund glaubte er, dass Rose die Stärkste von ihnen allen war, und er fürchtete, dass sie die Kraft hatte, die einzig mögliche Entscheidung zu treffen: Das Tal für immer zu verlassen und zu fliehen.
    Und so war David allein mit seinen Albträumen. In ihnen durchlebte er immer wieder und wieder, wie er, Robert und Katie auf den Eingang zum unterirdischen Labyrinth gestoßen waren, das direkt unter den See führte. Wie die massiven Tore sich öffneten und schlossen, nach einem Prinzip, das nur Robert verstanden hatte. Dazu sein verletztes Bein, das immer schwerer wurde, als sei es aus Stein. Manchmal nachts schreckte er hoch und konnte es wieder fühlen. Und nicht zuletzt der verglaste Kuppelsaal direkt unter dem See, wo sie auf die versteinerte Leiche von Grace, einer Studentin aus den Siebzigern, gestoßen waren.
    Und Benjamin wäre fast gestorben, weil er irgendwo dort unten diese sagenumwobenen Pilze gegessen hatte, die sonst nirgendwo auf der Welt zu wachsen schienen.
    »Ich verstehe es einfach nicht«, sagte David und er sagte es nicht zum ersten Mal. »Die Eingänge waren da. Der Wasserfall. Und jetzt ist plötzlich alles verschwunden? Vielleicht ist es sinnlos, immer wieder danach zu suchen. Vielleicht offenbart uns das Tal seine
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