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Der Fluch von Melaten

Der Fluch von Melaten

Titel: Der Fluch von Melaten
Autoren: Jason Dark
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schwache Stimme, die mir antwortete. Dem Mann schien es wirklich nicht gut zu gehen.
    Nicht unbedingt forsch drückte ich die Tür auf und gelangte in einen kleinen Raum, aus dem man eigentlich nur flüchten konnte, aber nicht wohnen. Es war ein Einzelzimmer, eine Bude, aber es gab immerhin ein Bett, und auf dem lag Justus Schmitz.
    Ich schloss die Tür und wunderte mich über den Mann, der seine Kleidung trug und nur darauf verzichtet hatte, die Schuhe anzuziehen.
    Als ich das Zimmer betrat, richtete er sich etwas auf und geriet in eine leicht sitzende Haltung. Aus müden Augen schaute er mir entgegen. Der Blick passte zu seiner gesamten Haltung. Der Mann sah mir nicht eben fit aus.
    Er war älter als ich. Sein Haar hatte bereits eine graue Färbung angenommen und zeigte sich jenseits der Stirn auf dem Kopf schon ziemlich gelichtet. An seinem Gesicht war nichts Auffälliges zu sehen, bis auf das Lächeln, das recht verkrampft wirkte.
    »John Sinclair, wie?«, begrüßte er mich in seiner Heimatsprache, in der ich auch antwortete.
    »In Lebensgröße.«
    Er streckte mir die Hand entgegen, die ich nahm. Sein Händedruck war recht schlaff, und ich spürte auch die Feuchtigkeit auf der Haut. Die Hand rutschte von meiner weg, und das Lachen des Deutschen klang freudlos.
    »Das hätte ich auch nicht gedacht, dass es mich hier erwischen würde. Dabei hat der gute Harry viel von Ihnen erzählt, Mr. Sinclair. Er hat Sie regelrecht angepriesen.«
    »Nun ja, Harry übertreibt gem.«
    »Glaube ich nicht. Er ist nicht so leicht zu begeistern. Und wenn, dann ist er voll dabei.«
    »Okay, Mr. Schmitz...«
    »Ach, sagen Sie Justus.«
    »Okay, ich heiße John. Aber kommen wir zu Ihnen. Dass ich Sie hier im Bett vorfinden würde, hätte ich beim besten Willen nicht gedacht. Was ist los?«
    »Das weiß ich selbst nicht.«
    »Sie sind krank.«
    »Meinen Sie?«
    »Zumindest fühlen Sie sich nicht wohl.«
    »Ja, da haben Sie Recht. Ich fühle mich unwohl, ich fühle mich schlapp, und ich habe Angst.« Er schloss seinen Mund und hob die Schultern an.
    Da er so schnell nichts mehr hinzufügte, nahm ich mir die Zeit, mich im Zimmer umzuschauen. Es war wirklich ein Wohnklo. Dafür reichte das Fenster fast bis zum Boden. Es nahm nur die Hälfte der Breite eines normalen ein, und vor der Scheibe hing eine Gardine, die durchaus eine Reinigung hätte vertragen können. Der kleine Schrank sah aus, als könnte er das Gewicht des auf ihm liegenden Koffers kaum halten, und als ich die schmale Tür sah, die zum Bad führte, konnte ich mir vorstellen, wie es darin aussah.
    »Traurige Bude, nicht?«
    »Stimmt.«
    »Aber bezahlbar für mich.« Mit einem Taschentuch tupfte Schmitz Schweiß von seiner Stirn. »Ich habe mir meinen Aufenthalt in London auch anders vorgestellt. Stattdessen liege ich hier und fühle mich leer, ausgebrannt und voller Angst.«
    »Sie haben sich angesteckt, nicht wahr?«
    Justus Schmitz schaute mich an. »Angesteckt?«, wiederholte er, »ich glaube nicht, dass dies den Kern des Problems trifft. Okay, man kann von einer gewissen Ansteckung sprechen, aber die ist nicht so wie man sie normalerweise kennt.«
    »Sondern?«
    »Jetzt fangen die Probleme schon an«, sagte er und senkte den Kopf. »Es ist nicht normal, was mit mir geschieht. Normalerweise muss ich so schnell wie möglich wieder nach Köln.«
    Ich hatte da meine Bedenken, »In Ihrem Zustand?«
    »Auch das.«
    »Darf ich fragen, warum Sie davon so überzeugt sind?«
    Er dachte eine Weile nach und holte zwischendurch zweimal Luft. »Das kann ich Ihnen sagen, auch wenn Sie mich auslachen, John. Ich bin nicht krank im eigentlichen Sinne. Etwas anderes hat mich in diesen Zustand hineingebracht.«
    »Was denn?«
    »Träume.«
    »Bitte?«
    »Ja, Träume.«
    Ich räusperte mich. Unter mir spürte ich die harte Sitzfläche des Stuhls. Ich wäre gern durch das kleine Zimmer gelaufen, blieb aber sitzen und wartete darauf, dass Justus Schmitz mir eine Erklärung gab.
    Nach ihr suchte er, und es dauerte einige Sekunden, bis er sich gefasst hatte. »Die ganze Sache ist die«, sagte er und schüttelte dabei den Kopf. »Eigentlich ist sie ja lächerlich, aber ich leide sehr darunter. Es geht um meine Träume, die so stark und intensiv waren, dass sie mich in diesen Zustand hineingebracht haben. Für mich schlimme Träume, in deren Mittelpunkt ich stand. Sie sind für mich einfach nicht zu erklären, weil ich so etwas in meinem inzwischen vierzigjährigen Leben noch nicht erlebt habe. Ich
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