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Der Fluch von Melaten

Der Fluch von Melaten

Titel: Der Fluch von Melaten
Autoren: Jason Dark
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nicht. Er war einfach geschockt. Das hatte er noch nie erlebt. Sein Weltbild war zusammengebrochen. Er versuchte, durch Anheben seiner Arme ein Kreuzzeichen zu schlagen, aber auch das misslang, weil er das Gefühl hatte, dass Gewichte an seinen Armen hingen.
    Kein Fauchen des Feuers mehr. Kein Tanzen der langen Flammenzungen. Nur die tiefe rote Glut, und aus ihr hörte er plötzlich die drei Stimmen der Hebammen, die wie eine klangen.
    »Komm her, Pfaffe! Komm zu denen, die die wahre Macht haben. Los, beweg dich...«
    Gesprochen?, schoss es dem Mönch durch den Kopf. Hat da jemand zu mir gesprochen?
    Er wollte nicht daran glauben, obwohl es die gleichen Stimmen gewesen waren, die er schon bei der Verhandlung gehört hatte. Nicht der Teufel hatte zu ihm geredet, sondern die drei Frauen, die eigentlich hätten tot sein müssen.
    Sein Mund blieb offen, als er sie der Reihe nach anschaute, um noch einmal sicherzugehen.
    Nein, es war kein Irrtum. Es waren ihre Stimmen gewesen. Er hatte sich nicht verhört. Stimmen von Lebenden oder von Toten?
    Der Mönch wusste es nicht. Es war verrückt. Er fühlte sich auf einmal so hilflos und verlassen. All das, an das er geglaubt hatte, war plötzlich in Frage gestellt worden. Mit weit geöffneten Augen glotzte er nach vorn, und er sah die drei Frauen in der Glut stehen.
    Sie hatten sich verändert!
    Es war nicht zu erklären, aber die Flammen hatten sie wieder so aussehen lassen wie vor der Folter.
    Drei hübsche Frauen, die zahlreichen Männern die Köpfe verdrehen konnten. Herrliche Wesen, aber mit einer Kraft im Bunde, die selbst Macht über das Feuer hatte.
    Sie lächelten ihm zu. Ihre Gesichter sahen so hell aus. Sie schienen ihm verklärt zu sein, als hätte sie der Himmel bereits gezeichnet und ihnen diesen übernatürlichen Glanz verliehen.
    Sie waren ein Wunder, aber nicht des Himmels, sondern der verfluchten Hölle.
    Konnte die Hölle Schönheit schaffen?
    Der Mönch wusste die Antwort nicht. Er spürte nur, wie es in ihm brodelte und wie alles verging, an das er geglaubt hatte.
    »Wir warten, Pfaffe, komm zu uns!«
    Wieder trafen ihn die Stimmen. Die Worte waren nur geflüstert, aber sie trafen ihn hart. Sie bohrten sich in seinen Kopf, und er wollte einen Widerstand aufbauen, aber das gelang ihm nicht. Die andere Seite war stärker geworden. Sie wollte das Grauen, sie wollte den anderen Weg für ihn, und plötzlich gab es kein Hindernis mehr für den Mönch.
    Er ging vor!
    Es gab nur den einen Weg, und der würde ihn in die mörderische Glut führen.
    Die Gaffer waren geflohen. Aber sie hatten sich nicht zu weit vom Ort des Geschehens entfernt, und so bekamen zahlreiche Augenpaare mit, was der Geistliche tat.
    Sie glaubten es nicht. Es ging über ihren Verstand. Wie konnte sich ein Mensch nur so verhalten? Er würde verbrennen, wenn er in die kochend heiße Glut trat, aber das schien er nicht zu wissen. Einer wie er musste auf den Himmel vertrauen, sonst würde er so etwas nicht tun.
    Der Mönch trat in die Glut. Er hatte dabei beten wollen, aber die mörderische Hitze riss ihm die Worte von den Lippen. So wie ihm musste es den drei Jünglingen im Feuerofen ergangen sein, die letztlich auf wundersame Weise gerettet worden waren.
    Wie die drei Hebammen!
    Es müssen Hexen sein!, schoss es ihm durch den Kopf. Es gibt keine andere Möglichkeit.
    Im nächsten Augenblick verschwanden seine Gedanken. Sie wurden einfach weggewischt, als hätte ein Windstoß sie aus seinem Kopf gefegt.
    Er merkte, dass er nur ein Mensch war. Und dieses Menschsein brachte die Schmerzen. Der Mönch spürte noch, wie sie an den Füßen begannen und sich dann blitzschnell ausbreiteten und sofort danach auch seinen Kopf erreichten.
    Er schrie.
    Er warf die Arme hoch. Er sah die Flammen züngeln, die von seinen Füßen her wie kleine Geister in die Höhe stiegen und sich rasend schnell dem Kopf näherten.
    Es war grauenhaft.
    Die Flammen zerfraßen ihn. Sie raubten ihm nicht nur seinen Körper, sie zerstörten auch seine Seele, und er ging trotzdem noch einen Schritt weiter in die glühende Masse hinein.
    Es war sein letzter Schritt.
    Er vertrat sich. Sein Körper erhielt einen Schlag, und er kippte nach vorn in die Glut hinein, die augenblicklich neue Feuerzungen bildete, als sie die frische Nahrung erhielt.
    Er starb noch im Fallen, und er hörte als Letztes in seinem Leben das Lachen der drei Frauen...
    ***
    Die Zuschauer hatten alles gesehen. Männer, Frauen, die Kinder, sie alle hatten zuschauen
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