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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay
Autoren: Kaye Dobbie
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Renovierung war eine Sisyphosaufgabe. Eigentlich müsste sie vollkommen niedergeschlagen sein. Doch das war sie nicht, vielmehr regten sich in ihr lange verschüttete Gefühle, und sie kam sich eher aufgekratzt vor.
    Rosamund ging zurück zur Eingangstür. Sie stand offen, wie sie sie beim Hinausgehen gelassen hatte, ein dunkles Rechteck. Als sie ihren Fuß auf die Schwelle setzte, fühlte sie sich mit einem Mal benommen. Sie schwankte, griff nach dem Türknauf, verschätzte sich aber in der Entfernung und stieß stattdessen heftig mit der Schulter gegen den Türstock. Vor Schmerz fluchte sie laut und schloss die Augen. Eine erstickende Schwärze erfüllte ihr Hirn.
    Rosie. Die Stimme eines Mannes direkt neben ihrem Ohr.
    »Mrs Markovic?« Kerry Scott stand vor ihr und beäugte sie misstrauisch. Sie rümpfte verstohlen die Nase. Rosamund merkte zu ihrem Schrecken, dass Kerry versuchte herauszufinden, ob Rosamund betrunken sei.
    Rosamund riss sich zusammen und stellte fest, dass die Benommenheit ebenso schnell verschwand, wie sie aufgetaucht war. »Ich bin müde«, sagte sie ruhig. »Ich denke, ich gehe lieber nach oben und lege mich ein bisschen hin.«
    Es kümmerte sie nicht, dass Kerry ihr beim Treppensteigen zusah. Wenn sie schon in nüchternem Zustand Stimmen hörte, steckte sie bis über beide Ohren in Schwierigkeiten.
    Mark hatte recht. Sie musste sich endlich zusammennehmen.

3
    Kannst du das bitte nehmen?« Meggy streckte ihr die Schüssel entgegen. Alice nahm sie und stützte das Gewicht auf der Hüfte ab, während Meggy sich vernehmlich mit einem schmuddeligen Taschentuch aus ihrer Schürzentasche die Nase schnäuzte. Sie behauptete, eine Erkältung zu haben, doch Alice meinte, Tränen zu sehen.
    Die Masse in der Schüssel roch gut nach Butter, Zucker und Eiern. Alice schüttete vorsichtig das Mehl dazu, von dem ein wenig danebenging. Sie konzentrierte sich auf die Zutaten, gab zuerst Korinthen zum Teig und dann Mrs Gibbons gemahlene Gewürze – Zimt und Muskatnuss. Mrs Gibbons behauptete, die Gewürze würden der gewöhnlichen Mischung den gewissen Pfiff verleihen. »Ein bisschen Abwechslung muss sein«, fügte sie hinzu und schürzte genießerisch die Lippen. Alice fragte sich, ob sie dabei an Harry Simmons dachte.
    »Ist das für uns?«
    Die trotz der kindlichen Anmutung herrische Stimme ertönte von der Küchentür her. Alice blickte über ihre Schulter. »Nein, Miss Ada. Weiß die Gouvernante, dass Sie unten in der Küche sind?«
    »Ich will das haben.«
    Meggy murmelte vor sich hin, wischte sich schnell über die Augen und ließ das Taschentuch wieder dort verschwinden, wo es hergekommen war. Alice rührte gelassen weiter. »Das geht nicht. Es ist noch nicht gebacken.«
    Ada kam in die Küche. Das hübsche blonde Mädchen mit den kirschroten Lippen trug winzige Knöpfstiefeletten, ein spitzenbesetztes Schürzchen und ein Seidenband im Haar. Doch sie war ganz und gar nicht das brave Kind, das sie in Gegenwart ihrer Eltern immer vorgab zu sein. Alice hatte schon häufig ihre spitze Zunge und die bohrenden Finger zu spüren bekommen.
    »Bertie will bestimmt auch etwas«, sagte Ada und stieß mit der großen Zehe gegen das Tischbein. Ihre Finger zeichneten ein Muster im verschütteten Mehl. »Er weint«, fügte sie hinzu und linste dabei in Alice’ Richtung. »Oben auf dem Dachboden. Du kannst ihm etwas bringen, wenn du willst. Ich verrate nichts. Jedenfalls nicht, wenn ich etwas abbekomme.«
    Meggy schnaubte vernehmlich und beugte sich hinunter, um nach dem Feuer zu sehen. In der Küche war es wärmer als draußen, wo der Wind eisig von der Bucht heraufblies und der Regen wie Hagelkörner herunterprasselte. Die kalte Feuchtigkeit ging auf die Knochen. Mrs Gibbons, die zu Rheuma neigte, hatte etwas von ihrer speziellen Medizin eingenommen und sich hingelegt. Sie würde vor dem Abendessen wieder in der Küche erscheinen, aber im Augenblick kamen die Mädchen ohne ihre Anleitung zurecht.
    »Warum weint Bertie denn?« Alice wusste, dass Ada auf diese Frage wartete.
    »Weil er weggeschickt wird, wegen der Schule«, entgegnete Ada verächtlich. »Ich würde deswegen niemals weinen, sondern wäre froh darüber. Aber ich muss hierbleiben und gutes Benehmen üben.« Schmollend schob sie die Unterlippe vor.
    »Na, dann geh doch und übe.« Meggy half Alice, mit dem Löffel Teigkleckse auf das Backblech zu geben.
    »Wenn ich groß bin, schicke ich euch beide weg«, informierte Ada die beiden Mädchen. »Dann
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