Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
ein Beispiel der Schicklichkeit abgeben, wenn du mir aus dem Weg gingest und mich hindurchlassen würdest.«
    Noch ehe Tashan dazu kam, hatte sie sich schon an ihm vorbeigeschoben. Noch immer zupfte sie an ihrer Tunika herum, die nicht ordentlich über ihre Schultern fallen wollte. Klug genug, ihre eindrucksvolle Bekleidung nicht in Frage zu stellen, trieb der alte Lord sein lahmes Bein an, um sie einzuholen, während um sie herum die Hunde bellten, Staub durch die Luft wirbelte und sonnengebräunte Kinder in abgenutzter Rehlederkleidung herumliefen und im Schatten der von Rinnsalen durchzogenen Schlucht ein Spiel mit Jägern und Wölfen spielten. Die verborgen liegenden, baufälligen Hütten zu beiden Seiten trugen schwer an der Last des unbeständigen Wetters. Zwar wirkten die nichtverglasten Fenster und die grünen, von Ranken überwucherten Wände nicht sonderlich zivilisiert, doch das vermochte Maenalle nicht zu erschüttern. Hier, umgeben von ungastlichem Terrain, begrenzt von messerscharfen Felsen und rutschigen Klippen, voller Schieferplatten und Felsbrocken, die nur allzuleicht nachgeben und üble Knochenbrüche verursachen konnten, hatten sich die verfolgten Nachfahren des abgesetzten Adels von Tysan ein beachtliches Maß an Sicherheit geschaffen. Nicht einmal die fanatischsten Städter waren eifrig genug, diese Gegend nach flüchtenden Clanmitgliedern zu durchstreifen. So arm ihre Leute auch sein mochten, so bot ihnen das Gebirge doch genug Schutz, ihre Kinder unter hölzernen Dächern großzuziehen und Pferde in kleinen Herden zu halten.
    Anderenorts war den Clans von altem Blute weit weniger geblieben, seit die Handelsgilden die Herrschaft der Könige niedergerungen hatten und Kopfjäger unterwegs waren, um sich ihre Belohnungen zu verdienen.
    Keiner der Gesandten Arithons reiste zu Pferde, was den irreführenden ersten Bericht ihres jungenhaften Kundschafters erklärte. Maenalle erreichte die Umpfählung am Haupttor des Außenpostens noch rechtzeitig, gerade in dem Augenblick, als die Neuankömmlinge aus Rathain in ihr Lager traten. Einer der Männer gab seinem Staunen Ausdruck, als er sagte: »Ath, seht euch das an. Das ist ja eine richtige kleine Stadt hier.« Von der leicht abweichenden Aussprache dieses Mannes abgesehen, wäre die Reisegruppe unter ihren Kundschaftern nicht im mindesten aufgefallen. Jierets Leute waren wettergegerbt, aufmerksam, wenn nicht sogar erfüllt von gespannter Wachsamkeit, und ihre Kleidung bestand aus ungefärbtem Leder, das frei von jeglicher strahlenden Verzierung war. Alle ihre Waffen wiesen deutliche Spuren harter Nutzung auf, und nicht einer der Männer war frei von Narben.
    Der stämmige Rotschopf mit dem wirren Haar, der höflich vortrat, sie zu begrüßen, bildete keine Ausnahme. Zwar mochte er in der Tat etwa so alt sein wie ihr Enkelsohn, doch als er sich nun aus seiner Verbeugung aufrichtete und hoch vor ihr aufragte, mußte sie ihre ursprüngliche Einschätzung korrigieren. Seine Augen waren kühl und weit, der Mund inmitten des wirren, roten Bartes zeugte von gradliniger Entschlossenheit. Dies war kein grüner Junge, sondern ein Mann von siebzehn Jahren, der gezwungen gewesen war, mit anzusehen, wie seine Schwestern und seine Eltern im Dienst seines hohen Herrschers ihr Leben gelassen hatten. Kummer und die vorzeitige Last der Verantwortung hatten ihre Spuren hinterlassen, hatte doch dieser Mann schon als Knabe von zwölf Jahren die Bürde auf sich nehmen müssen, den Norden vor den rachsüchtigen, aggressiven Grausamkeiten zu schützen, denen seine Leute seit jenem Jahr ausgesetzt waren, in dem die bösartige Tat des Nebelgeistes den Frieden in Rathain vernichtet hatte.
    In Tysan, wo die Fehde zwischen Clanblütigen und Städtern auch ohne den zusätzlichen Auftrieb verfluchter Prinzen heiß genug wütete, erschrak Maenalle, als sie sich vorzustellen versuchte, was diesen Mann getrieben haben mochte, seine heimatlichen Berge zu verlassen, seine Leute zurückzulassen und eine lange Reise durch Feindesland zu riskieren, um sie aufzusuchen.
    »Mein lieber Herzog«, murmelte sie. »Vergebt uns den glanzlosen Empfang. Ich nehme an, Ihr bringt schlechte Nachrichten?« Sie akzeptierte seinen Wangenkuß, wich aber dann zurück, nicht gewillt, ihre Würde noch länger der erschreckend feinsinnigen Gegenwart des viel jüngeren Mannes auszusetzen.
    Jieret verbeugte sich vor Tysans Dienerin mit jener verunsichernden Intuition, die er von seiner Mutter geerbt hatte. »Wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher