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Der Fluch des Lono (German Edition)

Der Fluch des Lono (German Edition)

Titel: Der Fluch des Lono (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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der Eleganz dieser Vision aus einer fast vergessenen Vergangenheit … und die Wellen des Ozeans schlugen auf die Felsen und der Mond rollte gemächlich gen China.
    »Vergiss die Mädels«, herrschte Skinner mich an. »Die können wir jederzeit mitnehmen«  – er hielt inne  –, »falls es uns je gelingen sollte, hier wieder wegzukommen.«
    Er hatte Recht. Ich wechselte die Sitzhaltung, damit ich die Mädels nicht mehr sehen musste, und versuchte, mich wieder darauf zu konzentrieren, was er mir erzählte …
    Irgendwann gegen Mitternacht ging uns das Eis aus, und ich griff nach dem Megafon, um Nachschub zu bestellen. Skinner befürchtete, dass wir die Eingeborenen auf der anderen Seite der Bucht weckten, aber ich versicherte ihm, dass sie daran gewöhnt waren. »Sie lieben das Megafon«, erklärte ich. »Besonders die Kinder. Ab und zu lasse ich eines von ihnen damit spielen.«
    »Das ist dämlich«, raunte Skinner. »Halt dich fern von den Kindern. Die könnten dich unabsichtlich verraten. Großer Gott«, murmelte er, »ein Megafon! Hast du denn völlig den Verstand verloren? Diese Eingeborenen sind ohnehin schon nervös genug. Wenn sie beschließen, dich für pervers zu halten, bist du geliefert.«
    »Aber ich stelle das Ding doch nie an«, erwiderte ich und zeigte ihm den AN-AUS-LAUTSTÄRKE-Schalter unter einem Stück Isolierband am Griff. »Die kleinen Blagen können den ganzen Tag in das Ding hineinbrüllen und es kommt kein Ton heraus. Aber wenn ich es benutze«, fügte ich hinzu, »dann hört es sich so an.«
    Grässlich grelles Rückkopplungskreischen und verzerrtes Niedrigfrequenz-Grollen erfüllten den heiau , als ich den Lautstärkepegel auf zehn Watt hochriss und das Megafon zur Tür hinaus auf die Ranger Station drüben im Palmendschungel richtete. Der Lärm war unerträglich. Skinner sprang auf und hastete nach draußen, um die Mädels zu beruhigen, die bereits hysterisch kreischten … Ich konnte sie im Moment nicht hören; ihre Stimmen wurden vollständig übertönt. Und dann, so wie der Donner stets dem Blitz folgt, wurde das sonderbar knatternde Dröhnen meiner eigenen Stimme vernehmbar  – die sehr höflich und mit großer Ruhe sagte:
    »ALOHA! EISWÜRFEL, MAHALO.«
    Und sie wiederholte weiter unentwegt wie eine Stimme aus dem Lande Po: »EISWÜRFEL, MAHALO. JA, EISWÜRFEL … EISWÜRFEL … MAHALO … EISWÜRFEL … EISWÜRFEL … MAHALO.«
    Die unerbittlichen Rückkopplungen ebbten mit meinen Worten auf und ab wie entfesselte elektronische Musik und hallten über die ruhige kleine Bucht wie das Grölen eines Monsters, das ausgestattet mit einem dieselbetriebenen Fleischwolf und einem Gehirn aus einer anderen Welt aus dem Meer auftauchte.
    »EISWÜRFEL! IN DEN HEIAU! MAHALO.«
    Ich ließ die Bestellung mit einer letzten Kaskade aus orientalischem Kauderwelsch ausklingen und warf das Megafon beiseite, als Skinner in der Tür auftauchte. Seine Augen waren groß wie Wagenräder. »Du verrückter Hund!«, schrie er mich an. »Jetzt kommen wir hier nie mehr weg!« Er schnappte sich seinen Hobie-Seesack vom Fußboden und stopfte hektisch seine Klamotten hinein.
    »Beruhige dich«, sagte ich. »Die Eiswürfel sind schon auf dem Weg.«
    Er reagierte nicht. »Scheiß Eiswürfel«, murrte er. »Ich hau ab.«
    »Was?«, sagte ich, denn ich begriff noch nicht, warum er so außer sich war. Er kroch auf dem Boden umher, fickerig wie ein brünstiges Tier.
    Dann stand er auf und fuchtelte mit einem spitzen Stock in meine Richtung. »Verpiss dich, Blödmann!«, schrie er. »Auf dich wartet der Knast von Hilo! Du bist doch nicht ganz dicht, Mann! Willst du uns alle hinter Gitter bringen!« Erneut schüttelte er den Stock, als ginge es darum, einen Dämon abzuwehren. »Aber da mach ich nicht mit, du Dreckskerl! Ich verschwinde hier! Ich will diese verdammten Inseln mein Lebtag nicht wiedersehen! Und dich auch nicht! Herrgott nochmal«, sagte er. »Du bist ja mehr als verrückt. Du bist dämlich.«
    »Und?«, sagte ich. »Als ob das irgendjemanden hier kümmern würde.«
    Er musterte mich kurz und steckte sich dann eine Zigarette an.
    Ich schraubte eine neue Flasche Scotch auf und kratzte den Rest Eis aus der Kühlbox. »Gleich kommt Nachschub«, erklärte ich.
    Und das war nicht gelogen. Der Ranger im Nachtdienst  – wahrscheinlich mein Freund Mitch Kamahili  – war in diesem Augenblick bereits mit einem Müllbeutel voller Eiswürfel unterwegs zwischen den Palmen. Gleich würde ich den hellen
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