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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx
Autoren: Robin Cook
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befassen, war Carnarvon bereits an einer Blutvergiftung tödlich erkrankt. Am 5. April 1923 um 2 Uhr morgens, keine zwanzig Wochen nach der Öffnung von Tutanchamuns Grabkammer, starb Lord Carnarvon in Kairo während eines unerklärlichen, fünf Minuten dauernden Stromausfalls in der Stadt. Es hieß, seine Erkrankung sei auf einen Insektenstich zurückzuführen gewesen, aber dem stellten sich viele Fragen entgegen.
    Binnen einiger Monate starben vier weitere Personen, die mit der Ausgrabung der Gruft zu tun hatten, unter rätselhaften Umständen. Ein Mann verschwand vomDeck seiner Jacht, die auf den trägen Wassern des Nils vor Anker lag. Das Geheimnis um die einstige Plünderung der Grabstätte trat allmählich in den Hintergrund und wurde von dem Interesse am Okkultismus abgelöst. Doch aus den Schatten der Vergangenheit erhob sich der »Fluch der Pharaonen« als Schreckgespenst. Die New Yorker »Times« sah sich dazu veranlaßt, über die Todesfälle wie folgt zu schreiben: »Sie bergen ein tiefes Geheimnis, das der Skeptizismus nur allzu leicht abtut.« Furcht begann sich in die Welt der Wissenschaft einzuschleichen. Es waren zuviel der Zufälle.

 
1. Tag
     
Kairo, 15 Uhr
     
    Erica Barons Reaktion beruhte auf reinem Reflex. Die Muskeln ihres Rückens und ihrer Schenkel strafften sich, sie richtete sich auf und wirbelte herum, um den Flegel zu stellen. Sie hatte sich vorgebeugt, um eine gravierte Messingschale zu betrachten, als sich eine ausgestreckte Hand zwischen ihre Beine schob und sie durch ihre Baumwollhose betastete. Zwar war sie schon der Gegenstand vieler lüsterner Blicke und auch einiger Bemerkungen offensichtlich sexueller Art gewesen, seit sie das Hotel Hilton verlassen hatte, aber sie hatte nicht damit gerechnet, angefaßt zu werden. Das versetzte ihr einen Schock. Es wäre an jedem anderen Ort auch ein Grund zum Erschrecken gewesen, aber an ihrem ersten Tag in Kairo schien es ihr irgendwie schlimmer vorzukommen.
    Der Täter war ungefähr fünfzehn und sah sie mit spöttischem Lächeln an, das zwei regelmäßige Reihen gelber Zähne enthüllte. Die zudringliche Hand war noch ausgestreckt.
    Erica ließ ihre Einkaufstasche aus Segeltuch stehen und schlug den Arm des Jungen mit ihrer Linken beiseite. Dann ballte sie die Rechte zu einer festen Faust und hieb sie ihm in das höhnische Gesicht, indem sie ihr ganzes Gewicht in den Schwung legte.
    Die Wirkung war erstaunlich. Der Treffer bewährte sich wie ein meisterhaft ausgeführter Karateschlag,schleuderte den verblüfften Jungen rücklings gegen die klapprigen Tische des Messinghändlers. Tischbeine brachen, ausgelegte Waren schepperten aufs Kopfsteinpflaster der Straße. Ein anderer Junge, der auf einem metallenen Tablett mit drei Beinen Kaffee und Wasser vorbeitrug, geriet ebenfalls dazwischen und kam zu Fall, wobei er das Durcheinander noch vergrößerte.
    Erica war entsetzt. Sie stand allein auf dem von Menschen gedrängten Kairoer Basar und preßte ihre Tasche an sich, unfähig zu begreifen, daß sie tatsächlich jemanden geschlagen hatte. Sie fing an zu zittern, weil sie mit Sicherheit erwartete, die Umstehenden würden sich auf sie stürzen, doch ringsum erhob sich nur lautes Gelächter. Selbst der Händler, dessen Ware noch auf der Straße umherrollte, hielt sich den Bauch vor Lachen. Der Junge rappelte sich aus dem Durcheinander hoch und brachte, eine Hand aufs Gesicht gepreßt, ein Lächeln zustande.
    »Maareisch«, sagte der Händler, und später erfuhr Erica, daß das soviel hieß wie »da kann man nichts machen« oder »macht nichts«. Dann täuschte er Ärger vor, fuchtelte mit einem Hämmerchen herum und verscheuchte den Jungen. Danach grinste er Erica mit einem gutmütigen Lächeln an und begann sein Eigentum wieder einzusammeln.
    Erica ging weiter, ihr Herz schlug nach diesem Erlebnis heftiger, aber ihr war bewußt geworden, daß sie über Kairo und das moderne Ägypten noch viel lernen mußte. Sie hatte zwar Ägyptologie studiert, doch unglücklicherweise bekam man dabei nur Kenntnisse der Zivilisation des alten, nicht aber auch des modernen Ägyptens vermittelt. Ihr Spezialwissen über die Hieroglyphenschrift des Neuen Reiches hatte sie auf keine Weise auf das Kairo des Jahres 1980 vorbereitet. Seit ihrer Ankunft vor vierundzwanzig Stunden drangen die neuen Eindrücke pausenlos auf sie ein. Zuerst war da der Geruch: Bis in den hintersten Winkel der Stadt roch es durchdringend nach gebratenem Lamm. Dann der Lärm: ein pausenloses
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