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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx
Autoren: Robin Cook
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zusammen und strebte hinüber zum Zeltplatz, dem einzigen Fleck im unerbittlich sonnenheißen Tal, wo es ein wenig Schatten gab.
    »Erlaube mir, Exzellenz zu melden, daß der Eingangsstollen vom Schutt geräumt ist«, sagte Raman und verbeugte sich knapp. »Die zweite Tür liegt nun völlig frei.«
    Howard Carter schaute von seiner Limonade auf, kniff unter dem schwarzen Homburger, den er trotz der gleißenden Hitze halsstarrig trug, die Augen zusammen.
    »Ausgezeichnet, Raman. Wir werden die Tür untersuchen, sobald sich der Staub gelegt hat.«
    »Ich erwarte Ihre achtbaren Anweisungen.« Raman machte kehrt und entfernte sich.
    »Sie sind wirklich kaltschnäuzig, Howard«, meinte Lord Carnarvon, den man George Edward Stanhope Molyneux Herbert getauft hatte. »Wie bringen Sie es nur fertig, hier zu sitzen und Ihre Limonade auszutrinken, ohne gleich wissen zu wollen, was hinter der Tür liegt?« Carnarvon lächelte und winkte seiner Tochter zu, Lady Evelyn Herbert. »Ich kann gut verstehen, warum Belzoni einen Rammbock benutzte, als er das Grab Sethos’ I. fand.«
    »Meine Methoden sind denen Belzonis direkt entgegengesetzt«, verteidigte sich Carter. »Und Belzonis brutale Methoden sind auch entsprechend mit einem leeren Grab belohnt worden; wenn man vom Sarkophag absieht.« Unwillkürlich schweifte Carters Blick hinüber zur nahen Öffnung der Gruft von Sethos I. »Carnarvon, ich bin mir nicht sicher, ob wir hier etwas finden werden. Ich glaube, wir sollten keine großen Erwartungen hegen. Ich bin nicht einmal davon überzeugt, daß es sich wirklich um ein Grab handelt. Die Anlage ist nicht typisch für einen Pharao der achtzehnten Dynastie. Es könnte sich vielleicht um ein Versteck von Tutanchamuns Schätzen handeln, die man aus Achetaton hergeschafft hat. Außerdem sind uns Grabräuber zuvorgekommen, nicht nur einmal, sondern zweimal. Meine einzige Hoffnung ist, daß die Plünderung in der Antike stattgefunden hatte und jemand der Anlage genug Bedeutung beigemessen hat, um sie wieder versiegeln zu lassen. Ich mache mir also wirklich keine große Hoffnung, daß wir viel vorfinden werden.«
    Äußerlich wirkte er sehr gefaßt, sehr englisch, wennCarter wie jetzt seinen Blick durch das trostlose Tal der Könige wandern ließ. Aber sein Magen hatte sich schmerzhaft zusammengekrampft. Noch nie war er in seinen neunundvierzig Jahren so erregt gewesen. Bei den sechs vorherigen Ausgrabungsunternehmen hatte er überhaupt nichts gefunden. Zweihunderttausend Tonnen Kies und Sand waren bewegt und durchgesiebt worden, vollkommen umsonst. Die Plötzlichkeit dieses Funds nach nur fünf Tagen Graben war schlichtweg ein überwältigendes Erlebnis. Er schwenkte seine Limonade im Glas langsam im Kreise und versuchte, weder zu denken noch zu hoffen. Sie warteten. Die ganze Welt wartete.
     
    Eine feine Staubschicht lag auf dem sich leicht abwärts neigenden Gang. Die Mitglieder der Gruppe bemühten sich, beim Eintreten die Luft möglichst wenig in Bewegung zu versetzen. Carter ging als erster, gefolgt von Carnarvon und dessen Tochter; zum Schluß kam A. R. Callender, Carters Mitarbeiter. Raman blieb am Eingang zurück, nachdem er Carter noch ein Brecheisen zugereicht hatte. Callender trug eine große Stablampe und Kerzen.
    »Wie ich schon erwähnt habe, wir sind nicht die ersten, die in diese Gruft eindringen«, erklärte Carter und deutete nervös in die obere linke Ecke. »Die Tür ist schon einmal geöffnet und anschließend dort wieder versiegelt worden.« Dann beschrieb er einen größeren Kreis in mittlerer Höhe. »Später noch einmal, an dieser Stelle. Das ist sehr merkwürdig.« Lord Carnarvon beugte sich vor, um das königliche Totenstadtsiegel näher zu betrachten, das einen Schakal mit neun gefesselten Gefangenen zeigte.
    »Am unteren Rand der Tür befinden sich Abdrückedes ursprünglichen Tutanchamun-Siegels«, erläuterte Carter weiter. Der Lichtkegel aus der Stablampe erhellte die winzigen Staubteilchen, die in der Luft schwebten, ehe er die uralten Siegel im Gipsmörtel anstrahlte. »Und nun«, sagte Carter so gleichmütig, als bäte er zum Tee, »wollen wir einmal sehen, was sich hinter der Tür befindet.« Sein Magen jedoch zog sich zu einem steinartigen Gebilde zusammen, reizte damit sein Magengeschwür zu noch ärgeren Schmerzen. Seine Hände waren feucht, weniger von der Hitze, sondern infolge seiner unterdrückten Nervosität. Er zitterte am ganzen Körper, als er das Brecheisen hob und zur Vorbereitung ein
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