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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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unwillkürlich zwischen seinen Folterknechten.
    »Und wie sollten wir nach deiner Meinung den Pharao und seine Schätze behüten?« erkundigte sich Nenephta endlich mit vor Wut zitternder Stimme.
    Emeni wußte nicht, was er sagen sollte. Er senkte das Haupt, und es herrschte beklommenes Schweigen. Ihmfiel nichts Besseres ein als die Wahrheit. »Es ist unmöglich, den Pharao zu schützen«, antwortete er zuletzt. »Wie es in der Vergangenheit war, so wird es in der Zukunft sein. Man wird die Grabstätten plündern.«
    Mit einer Behendigkeit, die im Gegensatz zu seiner Leibesfülle stand, sprang Nenephta von seinem Platz auf und gab Emeni mit dem Handrücken eine Maulschelle. »Du Abschaum! Wie kannst du so respektlos vom Pharao reden?« Nenephta machte Anstalten, Emeni noch einen Hieb zu versetzen, aber der Schmerz in seiner Hand noch vom ersten Schlag her veranlaßte ihn, darauf zu verzichten. Statt dessen ordnete er sein leinenes Gewand, bevor er Emeni von neuem ansprach. »Da du ein so tüchtiger Grabräuber bist, wie kommt’s dann, daß dein Abenteuer so kläglich fehlgeschlagen ist?«
    »Ich bin kein tüchtiger Grabräuber. Wäre ich’s, ich hätte die Wirkung wohl vorausgesehen, welche die Schätze Pharao Tutanchamuns auf meine Komplizen ausübten. Ihre Gier verwirrte ihren Geist.«
    Nenephtas Augen weiteten sich plötzlich trotz des hellen Sonnenscheins. Sein Antlitz erschlaffte. Diese Veränderung wirkte so erschreckend, daß sogar der eher schläfrige Nebmare-nahkt sie bemerkte und eine Dattel zwischen der Schüssel und seinem schon aufgesperrten Mund in der Schwebe hielt.
    »Sind Euer Gnaden wohlauf?« Nebmare-nahkt beugte sich vor, um Nenephta besser ins Gesicht schauen zu können.
    Aber trotz seiner unvermittelten Schwäche arbeitete Nenephtas Verstand auf Hochtouren. Emenis Worte waren für ihn eine Enthüllung. Ein halbes Lächeln zeigte sich auf seinem welken Gesicht. Er wandte sich zum Tisch und fragte erregt Maja. »Ist Pharao Tutanchamuns Grab neu versiegelt worden?«
    »Natürlich«, entgegnete Maja. »Ohne Verzug.«
    »Es soll noch einmal geöffnet werden«, befahl Nenephta und drehte sich wieder Emeni zu.
    »Erneut geöffnet?« meinte überrascht Maja. Nebmare-nahkt ließ die Dattel fallen.
    »Ja. Ich wünsche das geschändete Grab selbst zu besichtigen. Dank der Worte dieses Steinmetzen hatte ich eine Eingebung, die vom großen Imhotep stammen könnte. Nun weiß ich, wie ich Pharao Sethos’ Schätze in alle Ewigkeit behüten kann. Ich vermag kaum zu glauben, daß ich nicht früher daran gedacht habe.«
    Emeni verspürte erstmals seit seiner Festnahme einen Anflug von Hoffnung. Doch als Nenephta sich von neuem an den Gefangenen wandte, war das Lächeln schlagartig aus seinem Antlitz verschwunden. Seine Lider verengten sich, seine Miene wurde finster wie der Himmel bei einem Sommergewitter.
    »Deine Äußerungen waren hilfreich«, sprach Nenephta, »doch wiegen sie nicht dein Verbrechen auf. Du wirst abgeurteilt, und ich werde dein Ankläger sein. Du sollst auf die vorgesehene Weise sterben. Du wirst lebendigen Leibes vor aller Augen gepfählt, und dein Leichnam wird den Hyänen zum Fraß vorgeworfen.« Nenephta winkte seinen Trägern, daß sie die Sänfte bringen sollten, und trat zu den beiden anderen Edelleuten. »Ihr habt dem Pharao heute vorzüglich gedient.«
    »Das ist mein sehnlichster Wunsch, Euer Gnaden«, erwiderte Maja. »Aber ich begreife Eure Absichten nicht.«
    »Es ist nicht Eure Sache, sie zu begreifen. Die Eingebung, die mir heute widerfuhr, wird das bestgehütete Geheimnis der Welt sein. Es wird Ewigkeiten überdauern.«

 
26. November 1922
     
    Tutanchamuns Grab, Tal der Könige, Nekropolis Theben
     
    Die Erregung steckte an. Selbst die heiße Saharasonne, die vom wolkenlosen Himmel herabstach, konnte die allgemeine Spannung nicht mindern. Die Fellachen beschleunigten ihren Schritt, während sie Korb um Korb, gefüllt mit Kalksteinbrocken, vom Eingang zu Tutanchamuns Grab fortschleppten. Hinter der ersten Tür war am Ende eines Gangs von zehn Meter Länge eine zweite Tür entdeckt worden. Auch sie war seit dreitausend Jahren versiegelt. Was mochte wohl dahinter sein? War das Grab leer? War es wie alle anderen bereits in der Antike ausgeplündert worden? Niemand wußte es.
    Sarwat Raman, der Vorarbeiter mit dem Turban, stieg die sechzehn Stufen aus dem Grabungsfeld herauf. Er war so mit Staub bedeckt, daß sein Gesicht wie mit Mehl bestäubt aussah. Er raffte seine Galabiya

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