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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau
Autoren: Laura Walden
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würde ich nie können. Einen Mann heiraten, den ich nicht liebe! Dann würde ich lieber allein für mein Kind sorgen«, erklärte Emma mit leidenschaftlicher Stimme.
    Kate seufzte. »Tja, das sagt sich so leicht. Darauf hätte ich in deinem Alter auch heilige Eide geschworen, aber wenn du nicht mehr weißt, wovon du das Brot für den nächsten Tag kaufen sollst, denkst du vielleicht auch anders.«
    Emma erschrak. Sie hatte der Großmutter nicht zu nahe treten wollen. »Das kann ich mir schwerlich vorstellen«, stöhnte sie.
    »Greif mal in meinen Nachtschrank. Dort ist eine Kiste mit Fotos und einem Tagebuch meiner Großmutter Anna. Da gibt es nämlich noch etwas, das ich dir gern erspart hätte. Angeblich lastet ein Fluch auf unserer Familie. Deshalb pass stets gut auf dein Kind auf!«
    Emma versprach es Kate hoch und heilig, auch wenn sie das Gerede über den Fluch nicht ernst nahm. So etwas zu sagen passte gar nicht zu ihrer Großmutter. Die vernünftige Kate hätte bestimmt niemals so einen Blödsinn verzapft, wie sie es mit dieser Blitzehe getan hatte.
    »Kate? War mein Großvater der einzige Mann, den du je geliebt hast?«
    »Er war meine große Liebe!«, erwiderte sie ausweichend.
    »Du schummelst. Ich will wissen, ob du nur mit dem einen Mann geschlafen hast, wie es früher wohl üblich war!«
    »Oho, das war früher also üblich?« Kate lächelte, bevor sie ihre Enkelin mit der Geschichte von Manono überraschte.
    Emma blieb der Mund offen stehen vor lauter Erstaunen. Und sie löcherte ihre Großmutter mit Fragen, bis diese auf die Uhr sah und erschrocken ausrief: »Der Doktor wird mich schelten, wenn er erfährt, dass ich bis vier Uhr morgens Reden schwinge.«
    Jetzt merkte auch Emma, dass sie müde war, aber bevor sie zu Bett ging, holte sie ihrer Großmutter noch den Krug mit dem frischen Wasser, den sie schon vor Stunden in der Küche für sie bereitgestellt hatte.
    »Gute Nacht, Kate, ich habe dich lieb. Du bist die beste Großmutter, die man sich nur wünschen kann.« Emma gab ihr einen Kuss auf die Wange.
    »Und du bist die wunderbarste Enkelin. Sieh die Sache mit dem windigen Kerl einmal positiv. Er hat dir ein Kind geschenkt. Und die Anlagen der McLeans sind nicht die schlechtesten. Glaube mir! Ich weiß, wovon ich spreche. Hoffen wir, dass sich bei dem Wurm das Erbgut deiner Urgroßmutter Melanie durchsetzt. Schlaf gut!«
 
    Emma hatte lange geschlafen. Zu lange. Es war gegen elf Uhr vormittags, als sie wie gerädert erwachte. Ihr erster Gang führte sie im Bademantel zu ihrer Großmutter. Auch Kate schien noch tief und fest zu schlafen. Sie lag ganz in die Decke eingewickelt. Emma stutzte. Es war still im Zimmer. Zu still. Langsam zog sie die Decke zur Seite, und was sie nun sehen musste, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Kates Finger hatten sich im Todeskampf in das Laken verkrallt, und ihr Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Emma bedeckte es mit Küssen. Dann wurden ihre Knie weich, und sie sank auf das Bett neben ihre Großmutter. »Du darfst mich nicht allein lassen«, stammelte sie tränenerstickt. »Du darfst uns nicht allein lassen.« Zärtlich streichelte sie ihren noch ungewölbten Leib.
    Nach einer halben Ewigkeit stand sie mit zittrigen Beinen auf und deckte ihrer Großmutter ein Leinentuch über das vom Todeskampf gezeichnete Gesicht.
    Kein anderer Mensch außer dem Arzt und dem Leichenbestatter sollen sie in diesem Zustand sehen, beschloss Emma, während sie sich mit den schlimmsten Vorwürfen quälte. Ihre Großmutter hatte offensichtlich leiden müssen, und sie war nicht bei ihr gewesen. Das nahm sich Emma sehr übel, wenngleich sie immer noch ihr fröhliches Gesicht von heute Morgen vor Augen hatte. Nein, es hatte wirklich kein Grund zur Besorgnis bestanden.
    Emma ballte die Fäuste, trommelte damit gegen die Bettpfosten und schrie aus Leibeskräften: »Nein!« Eine kräftige Hand konnte sie davon abhalten, sich die Fäuste blutig zu schlagen. Es war Harry. In seine Arme ließ sich Emma in ihrem Schmerz willenlos sinken. Dann rief sie Frank an. Harry versuchte sie davon zu überzeugen, einen anderen Arzt zu holen, aber Emma bestand auf ihrem Freund.
    Nachdem Frank mit seiner Untersuchung fertig war, trat er mit versteinerter Miene in den Salon, wo Emma und Harry auf das Ergebnis warteten. »Emma, ich muss dich sprechen!«
    »Sehen Sie nicht, dass es meiner Frau nicht gut geht!«, herrschte Harry ihn an.
    Doch der Arzt ignorierte ihn und wandte sich erneut an
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